Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Kirche (Vermögensverwaltung in Preußen) 
  
  
Kirchengemeinden (Filial-, Kapellen= usw. Gemein- 
den), für welche entweder besonders bestimmte 
kirchliche Vermögensstücke vorhanden sind oder 
deren Gemeindegliedern besondere Leistungen zur 
Bestreitung der kirchlichen Bedürfnisse dieser Ge- 
meinden obliegen (5 2). Sie gelten dagegen nicht 
in Dom-, Militär- und Anstaltsgemeinden (§5 56). 
Die „gesetzlichen Verwaltungsnormen" sind auch 
hier durch das Gesetz nicht berührt worden (§ 47 
Abs 1). Vgl. die Ausführungen und Verweisungen 
oben S 514, 516, 519 zum Recht der evangelischen 
Kirchengemeinde sowie Vogt, Das kirchl. Ver- 
mögensrecht: 1910, 152—173. 
#. Die Verwaltung durch die Gemeindeor- 
gaue. Die Vermögensverwaltung ruht in den 
Händen besonderer (durch das Gesetz neuge- 
schaffener), unter kirchlicher und staatlicher Aussicht 
stehender Organe: Kirchenvorstand und Ge- 
meindevertretung. 
I. Der Kirchen vorstand ist das Organ für 
die laufende Verwaltung des kirchengemeindlichen 
Vermögens. Er verwaltet das gesamte ortskirch- 
liche Vermögen, unbeschadet der Rechte der je- 
weiligen Inhaber an den zur Besoldung der 
Geistlichen und anderen Kirchendiener [M## bestimm- 
ten Vermögensstücken (§ 8 Abs 1 und 3). 
# dem kirchlichen Vermögen im Sinne des 
Gesetzes gehören: 1. das für Kultusbedürfnisse be- 
stimmte Vermögen, einschließlich des Kirchen= und 
Pfarrhausbaufonds, der zur Besoldung der Geist- 
lichen und anderen Kirchendiener bestimmten Ver- 
mögensstücke und der Anniversarien; 2. die zu 
sonstigem kirchlichen Zwecke oder zu wohltätigen 
oder Schulzwecken bestimmten kirchlichen Ver- 
mögensstücke; 3. die Erträge der durch kirchliche 
Organe zu kirchlichen, wohltätigen oder Schul- 
zwecken des Gemeindebezirks veranstalteten Samm- 
lungen, Kollekten ( usw.; 4. die zu kirchlichen, 
wohltätigen oder Schulzwecken innerhalb des Ge- 
meindebezirks bestimmten und unter die Verwal- 
tung kirchlicher Organe gestellten Stiftungen (§ 3). 
Die dem Staate oder den bürgerlichen Gemein- 
den zustehenden Rechte an Begräbnisplätzen oder 
zu kirchlichen Zwecken bestimmten Vermögens- 
stücken werden durch das Gesetz nicht berührt. Un- 
ter kirchlichem Vermögen im Sinne des Gesetzes 
ist dasjenige nicht begriffen, welches zwar zu kirch- 
lichen Zwecken bestimmt, aber unter dauernde Ver- 
waltung des Staates oder der bürgerlichen Ge- 
Verrichtungen des Kirchenvorstandes im einzel- 
nen: Die Kassenverwaltung und die Rechnungsfüh- 
rung ist einem Kirchenvorsteher zu übertragen, 
welcher von dem Kirchenvorstande gewählt wird 
(s 10 Abs 1). Ausgeschlossen ist die Wahl des 
Pfarrers oder Geistlichen. Durch Beschluß des 
Kirchenvorstandes kann eine ihm nicht angehörige 
Person zum besonderen „Rendanten" oder „Rech- 
nungsführer“ bestellt werden (§ 10 Abs 2; näheres 
in den Dienstinstruktionen). Der Kirchenvorstand 
hat ein Inventar über das von ihm verwaltete lirch- 
liche Vermögen (§3) zu errichten und fortzuführen. 
Er hat einen Voranschlag der Zahres-Einnahmen 
und Ausgaben aufzustellen und einen vollständigen 
Vericht über den Stand des lirchlichen Vermögens 
alljährlich an die Gemeindevertretung zu erstatten. 
Am Schlusse des Rechnungsjahres hat er die Rech- 
nung zu prüfen (§ 11). Ueber den weiteren allge- 
meinen, im Gesetz nicht näher fixierten Inhalt der 
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inneren Vermögensverwaltungsbefugnisse des Kir- 
chenvorstandes vgl. die Min E v. 30. 9. 75, 16. 12. 
91, 29. 8. 92. 
Nach außen hin vertritt der Kirchenvorstand 
— unbeschadet der Rechte der jeweiligen Inhaber 
an den zur Besoldung der Geistlichen und anderen. 
Kirchendiener bestimmten Vermögensstücken — 
die seiner Verwaltung unterstellten Vermögens- 
massen (F5 3) und die Gemeinde in vermögens- 
rechtlicher Beziehung (§ 8 Abs 2 und 3). Bei der 
Vertretung sowie bei der Verwaltung haften die 
Mitglieder des Kirchenvorstandes für die Sorgfalt 
eines ordentlichen Hausvaters (J 9). 
II. Die Gemeindevertretung ist das. 
Kontrollorgan bei den wichtigeren Akten der Ver- 
mögensverwaltung. Ihre Tätigkeit auf diesem 
Gebiete beschränkt sich auf das Recht der Zu- 
stimmung zu gewissen Beschlüssen des Kirchenvor- 
standes, nämlich in den gleichen Fällen wie für die 
Gemeindevertretung in der evangelischen Kirche 
(oben S527) mit folgenden Abweichungen:die Zu-f 
stimmung wird auch gefordert bei Veräußerung 
von Gegenständen, die einen geschichtlichen, wissen- 
schaftlichen oder Kunstwert haben; die Ziffern 
für erhebliche Reparaturen lauten (anstatt 150. 
und 900 Mk.) 200 und 1000 Mk.; Zustimmung 
ist auch erforderlich bei einer Verwendung des 
kirchlichen Vermögens, welche kirchliche, wohl- 
tätige oder Schulzwecke innerhalb der Gemeinde 
selbst betrifft. 
III. Eine besondere Rechtsstellung nimmt auch. 
hier der PatronlI/] ein. Die nähere Regelung 
entspricht der für die evangelische Kirche getroffe- 
nen (oben S528), mit der Maßgabe, daß an Stelle 
des evangelischen Gemeindekirchenrats der Kirchen- 
vorstand zu setzen ist. Eine Ergänzung der Zustim- 
mung des Patrons ist jedoch unzulässig, wenn es. 
sich um Ausgaben handelt, für welche die Kirchen- 
kasse bisher nicht bestimmt gewesen ist (§5 40). 
§s 6. Das Aufsichtsrecht über die Vermögens- 
verwaltung wird sowohl von kirchlichen als auch 
von staatlichen Behörden ausgeübt. 
I. Das kirchliche Aufsichtsrecht steht. 
dem Bischof zu und wird von ihm oder den bischöf- 
lichen Behörden gehandhabt. Das Recht des. Bi- 
schofs, nähere Bestimmungen über die von den 
Gemeindeorganen zu führende Verwaltung des. 
kirchlichen Vermögens zu erlassen, ist durch das- 
. e G v. 20. 6. 75 dahin eingeschränkt worden, daß 
meinden und Kommunalverbände gestellt ist (§4). 
Anweisungen über die Geschäftsführung dem Kir- 
chenvorstande und der Gemeindevertretung sowohl 
von der bischöflichen Behörde als auch von dem 
Oberpräsidenten, aber nur unter gegenseitigem. 
Einvernehmen, erteilt werden können (§ 42). Un- 
beschränkt ist dagegen das Recht des Bischofs, die 
Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, indem er 
Visitationen an Ort und Stelle abhält, Berichte 
einfordert, die Jahresrechnungen prüft. Ferner 
ist zu wichtigeren Verwaltungsakten wie Ankauf 
von Grundstücken, Annahme von Schenkungen und 
Vermächtnissen, Errichtung von Stiftungen, Füh- 
rung von Prozessen, Erhebung von Umlagen und 
Anleihen, bei hypothekarischer Anlage von Kirchen- 
geldern, Mict= und Pachtverträgen und bei Neu- 
bauten und größeren Reparaturarbeiten (Aufzäh- 
lung bei Vogt, das kirchl. Vermögensrecht 1910, 
184) die Genehmigung des Bischofs einzuholen. 
Bei Veräußerung kirchlichen Vermögens soll die 
bischöfliche Ermächtigung schon vor Abschluß.
	        
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