Kirche (Vermögensverwaltung in Bayern)
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sorderungen und sonstige privatrechtliche Befrelungsgründe
geltend zu machen in der Lage ist. Für die Haftung der
Pfründeverwaltung ist doch wenigstens die letztinstanzliche
Zuständigkeit des B60 (a 10 Ziff. 15) gegeben. Aber
auf dem Gebiet der Kirchenverwaltung kann die Auf-
sichtsbehörde semand in unbegrenzter Höhe bis zur Existenz-
vernichtung für haftbar erklären, ohne daß dieser einen
richterlichen Schutz findet. Trotz meines Widerspruchs
(Bayer. K B 1, 53 ffr; 2, 375 ff) will der Entw einer bayer.
K GemO a 79 die bisherige Praxis geseslich sestlegen.
Von großer Wichtigkeit sind auch die Verord-
nungen über die Konkurrenzen zu den Stiftungs-
bauten, während die Amortisationsgesetze für das
Kirchenverwaltungsgebiet keine Bedeutung mehr
haben JAmortisationsrecht)j.
In den unmittelbaren Städten steht die Kirchen-
verwaltung unter unmittelbarer Aufsicht der Kreis-
regierung, sonst unter derjenigen des Bezirksamts.
Die Staatsaussicht zum besonderen Schutz des
kirchlichen Vermögens heißt in Bayern „Kuratel",
und diese bildet nach RelEd §#31 ein Vorrecht
der öffentlichen Kirchengesellschaften. Dabei hat
Bayern zur Zeit auch das System der Doppel-
kuratel, indem für eine Anzahl von Fällen die
kuratelamtliche Genehmigung der Staatsbehörde
der oberkuratelamtlichen Bestätigung bedarf.
Insoweit die selbständige Kuratel des Bezirks-
amts begründet ist, beschränkt sich die Kompetenz
der Regierung auf dasjenige, was ihr durch Gesetz
(vor allem durch Formations V v. 17. 12. 25
#’m 69 ff) zugewiesen ist. So hat sie insbesondere
die Sorge für ständige Sicherheit, zweckent-
sprechende Verwendung und Bewirtschaftung so-
wie die Gewährung wechselseitiger unverzinslicher
Vorschüsse der Stiftungskassen zur Bestreitung
vorübergehender außerordentlicher Ausgaben, die
Aufsicht über die Kirchengebäude, die Sorge für
deren Einverleibung in die Brandversicherungs-
anstalt, Mehrung oder Minderung des Versiche-
rungskapitals sowie Würdigung und Bescheidung
der Pläne und Kostenvorschläge bei unvermeid-
lichen Neubauten.
Den Staatsbehörden steht auch die Leitung und
Bestätigung der kirchlichen Wahlen, die Leitung
der Verhandlungen bei der Bildung von Kirchen-
gemeinden und das Recht beliebiger Visitation zu;
sie erteilen die polizeiliche Bewilligung zu Kollek-
ten (J) außerhalb des Kirchengebäudes.
Nach der Format. V * 69 haben die Kreisre-
gierungen von dem Grundsatz auszugehen: „daß
den Gemeinden hierin die möglichst freie Ver-
fügung zu überlassen und sie nur insofern zu
beschreone seien, als die Gesetze solche Schranken
positiv anordnen; sie haben alle unnötigen Kon-
trollen abzustellen und diese in der Regel auf die
periodischen Visitationen und auf die innerhalb
der gesetzlichen Kompetenz vorzunehmende Fest-
stellung des Etats und Revision und Superrevision
der Rechnungen zu beschränken.“ Vgl. auch Min E
v. 24. 4. 57 + 7.
b) Ueber die Grundsätze der Vermögens-
verwaltung vgl. Meurer 1 Sl175 ff, 204 ff, 296 ff,
307 ff. Von besonderer Bedeutung ist die Bestim-
mung des # 48 der II. Beil., daß die Renten-
überschüsse reicher Kirchenstiftungen
anderen Kirchengemeinden dersel-
ben Konfession zugute kommen (dar-
über Meurer 1, 251 ff.) Der Unterstützungsbeitrag
einer konkurrenzpflichtigen Stiftung soll dabei nach
geltendem Recht ¼ der Ueberschüsse nicht über-
steigen; sogar freiwillige höhere Beiträge bedürfen
der Genehmigung der Staatsbehörde, unfreiwil-
lige der Zustimmung des Königs (AE v. 24. 4.
57). Die Verteilung der Ueberschüsse geschieht
durch die Kreisregierung. Das Kultusministerium
ist Beschwerdeinstanz und der VGH nur im
Rahmen des VGG a 10 Ziff. 3 zuständig
(Meurer 1, 268).
Der staatliche Einfluß reicht somit weit, und die
größeren Freiheiten, welche durch die GemO von
1869 den Kommunen gewährt worden sind, blieben
den Kirchenverwaltungen versagt, welche vielmehr
im diesseitigen Bayern noch ganz durch das Ge-
meindcedikt von 1834 und in der Pfalz durch das
französische Staatskirchenrecht beherrscht sind. An-
dernteils muß aber auch Mißverständnissen gegen-
über betont werden, daß die Kirchenverwaltungen
innerhalb der Gesetze die selbständige Leitung ihrer
Angelegenheiten und eine eigene Verwaltung be-
sitzen. Sie können alles beschließen und nur sie
disponieren; gegen ihren Willen kann die Staats-
behörde nicht verfügen. Das Recht der Zwangs-
etatisierung allerdings, von der Theorie be-
stritten, wird von der Praxis bejaht (vgl. die „Be-
gründung" z. Entw einer KO 249. Meurer,
Kirchenstiftung und Kirchengemeinde 59). Die Art
der Verwaltung ist bloß an bestimmte gesetzliche
Formen gebunden, und im # 21 des rev. Ge-
meindeedikts sind die Stiftungen Minorennen
nur insoweit gleichgestellt, als es sich um die „Vor-
rechte“, so insbesondere das Restitutionsrecht der
Minderjährigen, handelt. Keineswegs aber stehen
sie unter einer wirklichen Vormundschaft. Sicher
hat der dem bayerischen Rechte eigentümliche
Ausdruck „Kuratel“ irrige Vorstellungen geweckt.
Das rev. Gemeindeedikt #121 spricht es aber
deutlich aus, daß die Kuratelbehörden nur „Poli-
zeibehörden“ sind, welche die staatliche Aufsicht
führen.
5 14. Die Einwilligung oder Kuratelgeneh-
migung der Staatsbehörde ist Ermessenssache.
Sie ist für die Kirchenverwaltung in folgenden
10 Fällen durch das rev. Gemeindeedikt 3 123 für
nötig erklärt (Meurer 1, 151 ffr:
1. Erwerbungen, Veränderungen
und Veräußerungen von Realitä-
ten; die Bezirksämter haben in allen wichtigen
oder die Summe von 500 fl. (= 857,14 Mk.) über-
steigenden Fällen die Bestätigung der Kreisregie-
rung nachzusuchen. Die Kirchenverwaltungen in
unmittelbaren Städten bedürfen der Regierungs-
genehmigung nur bei Veränderungen über den
Wert von 1000 fl (= 1714,29 Mk.). Für die Pfalz
vgl. Kirchenfabrikdekret 62, Vv. 8. 1. 19 567, welch
letztere für die unierte Kirche auch die im folgenden
erwähnten Verhältnisse regelt. Natürlich gehören
auch die Schuldnachlässe und Herabsetzungen des
Zinsfußes hierher. Bei der Vermögensteilung
infolge Aufhebung eines Simultaneums (II. Beil.
§l 98) ist überall sogar die Genehmigung des Lan-
desherrn erforderlich. ç
2. Neue Fundationen und Fundations-
zuschüsse, wenn damit Lasten verbunden sind. Für
die nichtonerierten Fundationen und Zuschüsse
waren früher die Amortisationsgesetze maßgebend.
Das geltende bayerische Amortisationsrecht (V)
kennt aber keine Erwerbsbeschränkungen für die
Kirchenstiftungen mehr.