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Kirche (Kirchensteuern)
im übrigen ganz der Verw Praxis und der Recht-
sprechung überlassen. Ein wirkliches K StRecht
begründete erst die rheinisch-westfälische K O v.
5. 3. 35, deren Vorschriften in erweiterter, auf
die höheren Synodalverbände ausgedehnter Form
in die K Verfassungsgesetze der Jahre 1873—1876
übernommen wurden (KGOuSO v. 10. 9. 73;
Gen Syn O v. 20. 1. 76; G v. 26. 5. 74; G v. 3. 6.
76; V v. 9. 9. 76). Damit hatte das KStRecht
zwar gesetzlichen Ausdruck gefunden, aber seine
Ausgestaltung im einzelnen unterblieb. Sie ruhte
auch jetzt wieder in der Hand der Verwaltung und
der Rechtsprechung (VerwO für die östl. Prov.
v. 15. 12. 86 bezw. 17. 6. 93, für die Rhein-
provinz v. 16. 1. 88, für Westfalen v. 8. 3. 03),
bis die wachsende praktische Bedeutung der Köt
in Verbindung mit dem veralteten und unüber-
sichtlichen Zustande der geltenden Rechtslage eine
umfassende gesetzliche Regelung wenigstens des
kirchengemeindlichen St Rechts unentbehrlich er-
scheinen ließ. Am 26. 5. 05 erging das KGesetz
betr. die Erhebung von KSt in den Kem und
Parochialverbänden der ev. LandesK der älteren
Provinzen der Monarchie, am 14. 7. 05 das zu
seiner Ergänzung und Bestätigung erlassene
Staatsgesetz gleichen Titels (dazu die Ausführungs-
anweisung des On R v. 22. 3. 066, des Min d. g. A.
v. 24. 3. 06).
Achnlich verlief die Entwicklung des K StRechts in den
neupreußischen Landeskirchen: in der ev.=
luther. und der ev.-ref. K der Provinz Hannover, in der
ev.-luther. K der Provinz Schleswig-Holstein, in den ev.
K Gemeinschaften des Konsistorialbezirks Cassel, in der ev.
K des Konsistorialbezirls Wiesbaden, in den ev. K Gemein-
schaften des Konsistorialbezirts Frankfurt a. M. Auch hier
beobachten wir zuerst undeutliche Ansätze eines K StRechts,
sodann eine auodrückliche Normierung in den K Verfassungs-
gesetzen, weiterhin einen Ausbau dieses Rahmens durch die
Praxis, endlich eine abschließende Kodisikation. Die letztere
geschah gleichzeitig mit derjenigen des altpreußischen Rechts.
Sie erfolgte für die genannten K durch die sechs, untereinan-
der nur in Einzelheiten abweichenden K G v. 10. 3. 06 und
durch die beiden sie bestätigenden und ergänzenden Staats G
v. 22. 3. 00 (dazu die kirchlichen und staatlichen Ausführungs.
Anw v. 31. I27.1 3. 00 und 21. I27.J 3. 06). —
Vgal. Crisolli- Schultz, Tie Prcuß. K -tGesetze
nebst den Ausführungsanweisungen, 1007.
Das Besteuerungsrecht der katholischen
Kirche in Preußen hat zuerst in der Kultur-
kampfzeit seine Grundlegung von Staats wegen
erhalten. Die zu Beginn des 19. Jahrhunderts au-
tauchenden „Kathedralsteuern“ lassen sich nicht
als echte K St bezeichnen. Erst das Vermögens-
verwaltungs G v. 20. 6. 75 begründete ein kirch-
liches Besteucrungerecht der Gem (§8 218, 50°, 53,
55; V v. 30. 1. 93), welches durch die von den
bischöflichen Behörden in Gemcinschaft mit den
Oberpräsidenten erlassenen Geschäftsanweisungen
seine Ausgestaltung erfuhr (Foerster, Die preuß.
Gesetzgebung über die Vermögensverwaltung der
kath. K Geim und Diözesen?, 1907). Die abschlie-
hende Regelung brachte auch hier erst die neuere
Gesetzgebung. Das Staats v. 29. 5. 03 schuf ein
Besteuerungsrecht in den kath. Gesamtverbänden,
das Staats(##v. 14. 7. 03 regelte die Erhebung
von KSt in den kath. K Gem und Gesamtverbän--
den (dazu Ausf. Anw des Kultus Min v. 24. 3. 066;
Rommentar von Schmedding-Tourneau, Pader-
born 1905), ein weiteres Staats G v. 29. ö. 03 mit
Ergänzung v. 21. 3. 06 führte ein Besteuerungs-
recht der Diözesen ein.
s 4. Bayern. Das Fehlen hinreichend organi-
sierter KG#m und die Vermischung des kirchlichen
Umlagenwesens mit demjenigen der bürgerlichen
Gem sind der Entfaltung eines K StRechts lange
Zeit hinderlich gewesen. Erst die Emanzipation
der Keem von der Zivil Gem hat den Boden für
die Entwicklung des kirchlichen Besteucrungscechts
im rechtsrheinischen Bayern geebnet, während
in der Pfalz auch heute noch nicht von einem selb-
ständigen kirchengemeindlichen St Recht die Rede
sein kann. Wie in französischer Zeit werden dort
auch jetzt noch die für kirchliche Zwecke erforder-
lichen Umlagen von den bürgerlichen Gem erhoben
(Fabrikdekret v. 30. 12. 1809; Umlagen G v. 17. 11.
37; GemO v. 29. 4. 69, a 44, 129, 130). Im
rechtsrheinischen Bayern datiert nach der Auf-
sassung Mecurers und der Verw Praxis (A. M.
v. Seydel, Piloty) die Existenz einer K Gem und
eines selbständigen Umlagenrechts vom Jahre 1834
(Umlagen G v. 22. 7. 19; Revid. GemEdikt v.
. 7. 34 §§ 59, 94; Vollz. Vorschr. v. 31. 10. 37
5 136 ff; Gem O v. 29. 4. 69 a 60, 206). Zur
Klärung der außerordentlich umstrittenen Rechts-
lage traf § 23 des Landtagsabschiedes v. 28. 5. 92
nähere Bestimmungen über den Kreis der St-
Pflichtigen und die Beitreibung der St. Dieses
Gesetz trug jedoch einen lediglich provisorischen
Charakter. Eine umfassende Regelung der Rechts-
verhaltnisse aller bayerischen K Gem und ihres
Umlagenrechts ist soeben erfolgt. Der Entwurf
einer Ke#em Ordnung ist nach langen Verhand-
lungen unter dem 24. 9. 1912 als Gesetz ver-
kündet worden (oben S. 535). Zum Abschluß
gelangt ist ebenso die auf Einführung eines
allgemeinen KStechts gerichtete Bewegung.
Das Gesetz über die KSt für die protestan-
tische K des Königreichs Bayern ist am 15. 8. 08
erlassen worden und nach Zustimmung der Gene-
ralsynoden 1910 im ganzen Umfange des Staates
in Kraft getreten.
Meurer, BVayer. K VBerm 1, 13 ff, 66 ff, 098 ff;
Ders., Giundfragen aus dem Entwurf einer Köcemp,
10090; Ders., K Stistung u. K Gem 1910; Piloty, Die
Koem O im Geiste des bayer. Entw., 1908; Ders., Die
#KeemO im baner. Landtag, Arch Oess 26, Left 1.
§ 5. Sachsen. Im Königreich Sachsen ist heute
noch das Parochiallasten G v. 8. 3. 38 mit seinen
Novellen v. 21. 3. 43, 18. 11. 48 und 12. 12. 55
für die Erhebung der „Kirchenanlagen“ in den
cv. wie in den kath. K Gem maßgebend. Das Ge-
setz galt anfänglich nur in den sächsischen Erblanden,
ist aber durch die V v. 12. 7. 42 auf die Ober-
lausitz ausgedehnt worden. Sondervorschriften für
die ev. luther. K Gem enthält das G v. 30. 3. 68
in der Fassung v. 22. 11. 06, Sondervorschriften
für die kath. K(dem das G v. 2. 8. 78 Nr. IV und
die V v. 4. 4. 79 und 22. 11.06. Eine Neuregelung
des durchaus veralteten kirchengemeindlichen An-
lagenrechts ist dringendes Bedürfnis. Ein Be-
steuerungsrecht der höheren tirchlichen Verbände
und der Landesk besteht nicht.
v. Seydewitz, Kodexr des im Kar. Sachsen gelten-
den K.- und Schulrechts:, 1890.
* 6. Württemberg. Achnlich wie in Bayern
hinderte auch in Württemberg die Vermischung
von Kößem und bürgerlicher Gem geraume Zeit
die Ausbildung einer N St. Aber auch nach Lösung