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Knappschaftsvereine — Koalitionsrecht
Die Beihilfe zur Erziehung der Kinder (Wai-
sengeld) wird bemessen entweder unter Be-
rücksichtigung des von dem Mitgliede zurückge-
legten Dienstalters in derselben Weise wie die
obengenannten Pensionen oder in festen Monats-
sätzen (s§ 31 Abs 3).
Die Leistungen der Pensionskasse können durch
die Satzung an die Zurücklegung einer Warte-
zeit bis zur Höchstdauer von fünf Jahren ge-
bunden werden. Eine Pension wird alsdann, aus-
genommen den Fall, daß die Arbeitsunfähigkeit
durch Verunglückung bei der Berufsarbeit verur-
sacht ist, erst gewährt, wenn das Mitglied die in
der Satzung vorgeschriebene Zeit der Pensions-
kasse als beitragszahlendes Mitglied angehört hat
30).
6hie Freizügigkeit der dem KzZwang unter-
worfenen Personen sucht das Gesetz durch
Vorschriften über die Erhaltung der Pen-
sionskassenansprüche ausscheiden-
der Mitglieder zu gewährleisten, und zwar
einmal durch Einführung eines gesetzlichen Ge-
genseitigkeitsverhältnisses aller
preußischen K V. Darnach werden die Mitglieder
der Pensionskassen bei Uebernahme von Beschäf-
tigung im Bezirk eines anderen KV nach näherer
Bestimmung des § 32 Mitglieder dieses Vereins
mit ihrem bisherigen Dienstalter. Die Bemessung
der Invaliden= und der Witwenunterstützungen
erfolgt dann unter Berücksichtigung der Ansprüche,
welche nach den Satzungen der im Einzelfall in
Betracht kommenden KV von dem betreffenden
Mitgliede in diesem Verein erworben sind. An
der Aufbringung dieser Unterstützungen werden
sämtliche K V beteiligt, denen das Mitglied ange-
hört hat. Weiterhin wird die Freizügigkeit auch
dadurch gewährleistet, daß die Mitglieder der
Pensionskasse sich bei Aufgabe der Bergarbeit die
bis zu ihrem Ausscheiden aus den K Veerworbenen
Ansprüche auf die Pensionskassenleistungen (An-
wartschaft) durch Zahlung einer Anerken-
nungsgebühr (sog. Feierschichtengeld) er-
halten können (§5 33). Z
III. Inanspruchnahme der Lei-
stungen.
Ueber jeden Anspruch auf Leistungen der Kran-
kenkasse und der Pensionskasse (ebenso über jede
Aenderung) ist ein schriftlicher Bescheid zu er-
teilen mit Angabe der gegen die Entscheidung zu-
lässigen Rechtsmittel (vgl. § 70), Rechtsmittelfrist
und zuständigen Behörden. Insoweit Entschei-
dungen über Krankenkassenleistungen auf Grund
eines sog. Krankenscheines erfolgen, bedarf es
eines besonderen schriftlichen Bescheides nicht;
der Krankenschein muß aber die genannten An-
gaben enthalten.
1. Krankenkasse. Gegen Entscheidungen
der Verwaltung bezw. des Vorstandes des KWBVi
(vgl. §§ 56, 57) über Ansprüche auf Leistungen der
Krankenkasse sowie über das Mitgliedsverhältnis
zur Krankenkasse und die Entrichtung von Ein-
trittsgeldern und Beiträgen findet unter Aus-
schluß des ordentlichen Rechtsweges die Berufung
auf schiedsgerichtliche Entscheidung statt. Zuständig
sind gemäß § 81 die knappschaftlichen
Schiedsgerichte, die für den Bezirk jedes
OB gebildet werden (I871), oder auch unter den
Voraussetzungen des P die „genappschafts-
Oberversicherungsämter'(s63NRV0),
Revisionsinstanz ist bei Ansprüchen auf Leistungen
der Krankenkasse (Ausnahmen s. 582 Abs 2) das
„Oberschiedsgericht in Knapp-
schaftsangelegenheiten“" in Berlin
(66 82, 83). ,
2. Pensionskasse. Die Entscheidung über
Anträge auf Invaliditätserklärung sowie die Fest-
setzung der aus der Pensionskasse zu gewährenden
Unterstützungen obliegt dem Vorstande, kann aber
durch die Satzung besonders hierzu bestimmten
Geschäftsausschüssen übertragen werden, die wie
der Vorstand zur Hälfte aus Werksbesitzern, zur
anderen Hälfte aus beitrittspflichtigen Koeltesten
bestehen (§ 56 Abs 1). Gegen Entscheidungen über
Anträge auf Invaliditätserklärung sowie über
Festsetzung der Unterstützungen (5 70 Abs 2, + 56
Abs 1 Satz 3), überhaupt gegen Entscheidungen
über Ansprüche auf Pensionskassenleistungen sowie
über das Mitgliederverhältnis zur Pensionskasse
und die hierzu zu entrichtenden Eintrittsgelder
und Beiträge (vgl. Gesetz zur Berichtigung der
KNovelle v. 3. 6. 12, auch Steinbrinck-Reuß S.
256) sind die bei der Krankenkasse erwähnten
Rechtsmittel bei den daselbst vermerkten In-
stanzen gegeben.
Gegen alle sonstigen nicht unter 1 und 2 erwähn-
ten Entscheidungen der zuständigen K Organe fin-
det die Beschwerde beim OBU und weiter-
hin beim Handelsminister statt (§ 70).
Literatur: Steinbrinck-Neuß, #86esez,
v. 17. 6. 1912. Halbach, Die Cinwirkung der Ar-
beiterversicherungsgesetze auf die KV und ihre Einrich-
tungen, 1906; Karwehl, Die Entwicklung und Reform
des deutschen K Wesens mit besonderer Berücksichtigung
der preuß. K Novelle v. 19. 6. 06, 1907; Vgl. auch Arndt,
Allg. Berggesetz'“, 1909, S 154—202; Klostermann-
Fürst- Thielmann, Allg. Berggesetz“, 1911, S
416—545 Westhoff-Schlüter, Allg. Bergge-
setz" 1913; serner die Literaturangaben im Jahrb-
VerwR 2, 795; 3, 548 ff; 4, 516; 5, 634; v. Rauck,
Das bayerische Berg G v. 13. 8. 10, 71911, S175—196:
Wahle, Allg. Berggesetz für das Königreich Sachsen,
1911; Derselbe, Z f. Bergr. 50, 222 ff. Statistik der
KV des preuß. Staates, nach amtl. Quellen bearbeitet,
erscheint jährlich in der 8 f. Berg-, Hütten- und Salinen-
wesen, Berlin; Statistik über die Krankenversicherung im
Jahre 1910 im RArbBl 1912 S 210. Schlüter.
Koalitionsrecht
1. Begriff. 1 2. Geschichtliches. 3. Rechtsinhalt.
#4. Koalitionszwang. # 5. Reformbestrebungen.
§ 1. Begriff. Koalition ist eine Vereinigung
zeitweiliger oder dauernder Natur, die gegen Per-
sonen (physische und juristische) oder gegen Sachen
gerichtet ist; z. B. eine Koalition von Staaten,
gewerbliche Koalitionen wie Kartelle, Trusts,
Ringe (Erzielung von Preissteigerungen oder Ver-
hinderung von Preissenkungen an Waren), auch
Koalitionen von Privatbeamten, Aerzten, Geist-
lichen usw. Hier wird nur von den Koalitionen
der im Sinne der Gewerbeordnung gewerblichen
Arbeitgeber und Arbeiter ( Band 1 S 1521s, zu