Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Kolonialbeamte 
  
liche Gebiet übergriffen, erschien es angesichts der 
Bestimmungen des Schutzgebietsetats G v. 30. 3. 
92 erforderlich, sie durch eine Reihe von etats- 
rechtlichen Festsetzungen zu ergänzen. Dies ge- 
schah durch dispositive Anmerkungen und Denk- 
schriften zu den Haushaltsetats der Schutzgebiete 
(s. diese Etats für 1899, 1900, 1905 und 1910). 
Dieser Zustand, wonach über die Gebührnisse der 
K. von den gesetzgebenden Körperschaften zu be- 
schließen ist, während über die sonstigen damit in 
engem Zusammenhang stehenden Verhältnisse der 
Kaiserbestimmte, erschien wenig befriedigend; auch 
bot der Etat keine genügende Rechtsgrundlage für 
die Ansprüche der Beamten. Die Kolonialverwal- 
tung beschritt deshalb den Weg der Gesetzgebung. 
II. Das neue Kolonialbeamtengesetz 
(KBe)pv. 8. 6. 10 (Ro Bl 881) bestimmt in den All- 
gemeinen Vorschriften (§ 1), daß auf die Beamten, 
die für den Dienst eines Schutzgebiets angestellt 
sind (Kolonialbeamten), und ihre Hinterbliebenen 
die Vorschriften des Reichsbeamtengesetzes und des 
Beamtenhinterbliebenengesetzes sowie die an ihre 
Stelle tretenden Vorschriften mit gewissen Maß- 
gaben Anwendung finden. Das Gesetz enthält 
ferner Bestimmungen über die Besoldung (55.2 
und 3), Pflichten und Rechte (I 4—10), Ver- 
setzung in ein anderes Amt (§ 11), einstweilige und 
endgültige Versetzung in den Ruhestand (§# 12 
und 13), Pensions= und Wartegeldansprüche (§814 
bis 31), Ansprüche der Hinterbliebenen (§##32—39), 
Dienstvergehen, Disziplinarverfahren (I§ 40—43), 
sonstige Vorschriften (§&§ 44—47), besondere Vor- 
schriften für richterliche Beamte (§# 48—51), für 
Schutztruppenbeamte (I§# 52—54), für Polizei- 
beamte (J3§8 55 und 56), für Kommunalbeamte, 
Ehrenbeamte und Notare (5 57) und für einge- 
borene Beamte (§ 58). 
Für verschiedene z. T. noch im Flusse befindliche 
Materien ist eine Regelung vorbehalten entweder 
durch Kaiserl. V (Sitz der Disziplinarbehörden 
#*42, Vorschr. für Notare, Polizei-, Kommunal-, 
Ehren= und eingeb. Beamte s. J§s 55, 57, 58) oder 
durch V des RK (insbes. Verpflegungsvorschr. § 3, 
Urlaubs= usw. Vorschr. § 4, Tagegelder usw. bei 
Dienstreisen innerh. d. Schutzgeb. § 5. Die hier- 
˙über ergangenen Verordnungen des Kaisers und 
des RK sind bei Tesch, im KolBl oder im Al 
für Kiautschou abgedruckt). Die Tagegelder, Fuhr- 
und Umzugskosten bei Dienstreisen außerhalb der 
Schutzgebiete dagegen sind gemäß §§ 5 und 62 
KBG durch ein besonderes G v. 7. 9. 11 geregelt 
RGl 897 (Ausf. Best. v. 9. 10. 11 KBl 783). 
Ueber den Rang der K. sind allgemeine Be- 
stimmungen nicht ergangen, über den Rang der 
Gouverneure s. Kaiserl. V v. 7. 6. 09 (KBl 665). 
Wegen des Diensteides vgl. Kaiserl. V v. 4. 9. 92 
(KBl 435). 
Zur Ausführung des K B ist eine Kaiserl. V 
v. 3. 10. 10 (REl 1091) ergangen, die u. a. 
auch die Zuständigkeit der Behörden in Ange- 
legenheiten der K. teilweise regelt. 
5*s 2. Auswahl und Vorbildung. Für den 
höheren Verwaltungsdienst der Kolonien 
(insbes. Bezirks-, Distrikts-, Stationschefs) werden 
die Beamten der heimischen Justiz= oder allge- 
meinen Verwaltung, den Offizieren der Armee 
und Marine, aber auch anderen Berufsarten enk- 
nommen, z. B. dem Forstfach, Bergfach, der Land- 
wirtschaft, dem Aerzte= und dem Kaufmannsstande. 
  
  
Als etatsmäßiger Richter kann nur angestellt wer- 
den, wer die Fähigkeit zum Richteramt in einem 
Bundesstaat erlangt hat (§ 49 KB); solche, die 
bereits mindestens 5 Jahre als Richter tätig waren, 
erhalten mit Ausnahme der Oberrichter eine Funk- 
tionszulage. Als mittlere Beamte kommen na- 
mentlich in Betracht solche der heimischen Ver- 
waltungen (Justiz, Zoll, allgemeine Verwaltung), 
als untere Beamte vielfach Unteroffiziere der 
Armee oder Marine von mindestens sechsjähriger 
Dienstzeit, denen, sofern sie im Kolonialdienst 
(Polizei-, Grenz= oder Zollaufsichtsdienst) invalide 
werden, Anspruch auf Zivilversorgung in der 
Heimat zusteht, ferner auch jüngere Landwirte 
(Inspektoren), die zunächst als Stationsassistenten 
verwendet werden und später aufrücken können. 
Ein erheblicher Teil der Anwärter mit abgeschlos- 
sener Vorbildung erhält zunächst während zweier 
Semester auf Reichskosten eine Ausbildung am 
Seminar für orientalische Sprachen in Berlin 
oder am Kolonialinstitut in Hamburg. Aerzte und 
Tierärzte werden am tropenhygienischen Institut 
in Hamburg, Gärtner an der botanischen Zentral- 
stelle in Dahleim vorbereitet. Mit der Ausbildung 
eines eigenen kolonialen Beamtenstandes für 
Ostafrika wurde 1905 durch Ausbildung von An- 
wärtern (Kol.-Eleven) in der Kolonie selbst ein 
Versuch gemacht, dessen Ergebnisse nicht ungünstig 
waren (Tesch S 23 und 454 ff), den die Kolonial- 
verwaltung aber zunächst als abgeschlossen betrach- 
tet (Kol Bl 1912, 315, Lit. Ber.). Ueber die Aus- 
bildung der K. anderer Staaten s. Kol Bl1911, 138. 
#3. Rechtsverhältnisse, abgesehen von den 
inanziellen. Von den für die K. geltenden, von 
enen des heimischen Beamtenrechts abweichen- 
den Bestimmungen seien im Anschlusse an das 
KB hier folgende hervorgehoben: 
I. Ein K. darf innerhalb der Schutzgebiete nur 
mit Erlaubnis des RK Grundeigentum erwerben 
oder sich an Erwerbsunternehmungen beteiligen 
(6 6). Die K. haben als Regel ihren allgemeinen 
Gerichtsstand im Schutzgebiet (§ 7), daneben ist 
für vermögensrechtliche Ansprüche aus der Zeit 
eines Aufenthalts in der Heimat sowie allgemein 
für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten der Gouver- 
neure und der richterlichen Beamten das Gericht 
des Wohnsitzes in der Heimat zuständig, letzteres 
zur Vermeidung jeglichen Verdachts etwaiger Be- 
fangenheit (§ 8). Nimmt ein K., gegen den in 
einem Schutzgebiet eine Strafsache anhängig ge- 
worden ist, seinen dauernden Aufenthalt in einem 
anderen Schutzgebiet oder in der Heimat, so kann 
die Sache an das dortige sachlich zuständige Ge- 
richt verwiesen werden (§ 9). 
II. K. können bis zu 3 Jahren (nach der Begrün- 
dung aus Gesundheitsrücksichten), Gouverneure und 
Referenten auch länger in den einstweiligen 
Ruhestand versetzt werden (5 12). — Die 
Vorschriften der 3§ 34, 36, 37, 39 Reichsbeamten G 
über die Pensionierung finden nur auf 
„Altbeamte“, d. h. auf solche K. Anwendung, die 
aus dem Reichs= oder heimischen Staatsdienst in 
den Kolonialdienst übernommen sind (§514). Diese 
Beamten sind nach § 29 KB verpflichtet, in den 
heimischen Dienst zurückzutreten, sofern sie den 
Unbilden des Kolonialdienstes nicht mehr gewach- 
sen sind. Eine übermäßige und ungerechtfertigte 
Belastung der Pensionsfonds ist hier also nicht zu 
erwarten. Anders liegt es bei „Neubeamten“, d. h.
	        
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