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Kolonialfinanzen
Soweit die eigenen Einnahmen nicht ausreichten,
stellte das Reich in den Etat des Auswärtigen Am-
tes Pauschquanten ein und übernahm für die west-
afrikanischen Kolonien auch die Kosten der not-
wendigsten Kolonialbeamten (, da diese ähnlich
wie die Konsuln dem Reichsinteresse dienten. Für
Ostafrika und Neu-Guineaübernahmen Schutzbrief-
Gesellschaften Verwaltung und Kosten, für die
Marschallinseln trug gegen Einräumung wert-
voller Privilegien die Jaluit-Gesellschaft die
wesentlichen Kosten der vom Reiche geführten
Verwaltung. Mit dem Versagen der Gesellschafts-
beteiligung wuchsen die Ausgaben, was zu einer
Einschränkung der kaiserlichen Finanzhoheit führte.
Das RG v. 30. 3. 92 knüpft die Festsetzung der
Sch GEtats an die Genehmigung von Bundesrat
und Reichstag. Es bestimmt, daß die Aufnahme
einer Anleihe oder die Uebernahme einer Garantie
auf dem Wege der Gesetzgebung erfolgt (§ 4) und
daß für die Verbindlichkeiten aus der Verwaltung
eines Sch# nur das Vermögen dieses Gebiets
haftet (8 5), wodurch die besondere juristische
Persönlichkeit jedes einzelnen SchG außer Zweifel
gestellt wird. Klagen sind daher gegen den Landes-
fiskus des betr. Sch, nicht gegen den Reichs-
fiskus zu richten. Wegen der prozessualen Vertre-
tung s. Gerstmeyer, SchG#G 1910, 198/9. Für die
westafrikanischen Schutzgebiete wurde 1893/4, für
Ostafrika 1894/5 erstmalig ein förmlicher Etat auf-
estellt und vom Reichstage verabschiedet. Eine
Novelle zum Sch GEtatsgesetz erging am 18. 5. 08,
RG#l 207; sie enthält in den Zusatz-Paragraphen
4—g wichtige Bestimmungen über die Deckung
außerordentlicher Bedürfnisse durch SchGnlei-
hen oder Reichsdarlehen und über die Heranzie-
hung der Interessenten zu Leistungen bei Auf-
nahme von Anleihen im Verkehrsinteresse und zu
anderen werbenden Zwecken.
Der Erlaß eines einheitlichen Sch GEtatsgesetzes
ist beabsichtigt, ein Entwurf, dem Reichstag unter
dem 29. 4. 09 vorgelegt, ist nicht Gesetz geworden.
Insoweit nicht durch das Gv. 30. 3. 92 bezw.
18. 5. 08, durch einzelne Denkschriften und dis-
positive Vermerke zu den Etats Abänderungen
oder Ergänzungen stattgefunden haben, gilt für
die Sch G z. Zt. das Reichsetatsrecht.
#5#2. a) Etatsaufstellung. Der Etat wird auf An-
meldung der Bezirksämter usw. in der Regel von
den Gouvernements aufgestellt, eventl. im Gou-
vernementsrat bezw. Landesrat (S.-W.-Afrika)
durchberaten, vom Kolonial-Amt (für Kiaut-
schon vom Marine-Amt) im Einvernehmen mit
dem Schatzamt aufsgestellt und dem Bundesrat
und Reichstag vorgelegt. Er zerfällt seit 1908 in
den „ordentlichen“ und „außerordentlichen“ Etat.
Ersterer enthält die Einnahmen und Ausgaben der
laufenden Verwaltung, letzterer die aus außer-
ordentlichen Deckungsmitteln — Anleihen — zu
werbenden Zwecken (unten § 4). Der früher der Ko-
lonial Verw eigene, ihr größere Bewegungsfreiheit
gewährende Reservefonds, dem überetatsmäßige
Einnahmen und Ersparnisse zuflossen und aus dem
notwendige Mehrausgaben zu decken waren, ist
fortgefallen; er hatte bewirkt, daß der Etat unge-
achtet seiner Spczialisierung zu einem Pausch-
quantum wurde. Unvorhergesehene Ausgaben
werden jetzt bei der Position „zu vermischten Aus-
gaben der Zivil= und Militär Verw“ verrechnet.
Anderseits wurde, zunächst für 1908 und für
Togo, ein Ausgleichsfonds vorgesehen,
dem ein bei Aufstellung des Etats sich ergebender
Ueberschuß zugeführt wurde. Der Fonds sollte
zur Ausgleichung für die Zeit einer weniger gün-
stigen Finanzlage dienen. Bereits 1909 wurde die
Bildung von Ausgleichsfonds auch für solche Sch G
vorgesehen, die, wenn auch im ganzen keinen
Ueberschuß aufweisend, doch mindestens in der
Lage sind, ihre Verwaltungsausgaben insoweit
aus eigenen Mitteln zu bestreiten, als es sich nicht
um Ausgaben der Militär Verw und Kosten von
Grenzvermessungen handelt. Die letzteren Auf-
wendungen sollen einstweilen noch durch Reichs-
zuschüsse bestritten, nach Erreichung einer be-
stimmten Höhe des Ausgleichsfonds aber all-
mählich auf die Kolonie abgebürdet werden. Ueber-
schüsse oder Fehlbeträge eines Rechnungsjahres
sind spätestens in dem Etat des betreffenden Sch G
für das dem abgeschlossenen Rechnungsjahre fol-
gende dritte Rechnungsjahr einzustellen. Eines
Ausgleichsfonds ermangeln jetzt nur noch Neu-
Guinea und Kiautschou, die auch zur Bestreitung
der eigentlichen Verw Aufgaben noch eines Reichs-
zuschusses bedürfen.
b) Bewirtschaftung und Rechunngslegung. Der
Schwerpunkt der kolon. Finanz Verw lag früher
in Berlin. Mit der fortschreitenden Entwicklung
wurde die Bewirtschaftung mehr und mehr den
Gouvernements übertragen. In den größeren
Sch ist dem Gouverneur ein Finanzreferent oder
Finanzdirektor beigegeben, der auch die Aufsicht
über Kasse und Kalkulatur führt. Zu unvermeid-
lichen über= und außeretatsmäßigen Ausgaben ist
die Zustimmung des Kolonialamts erforderlich, das
sich mit dem Schatzamt zu verständigen und eventl.
die Entscheidung des Reichskanzlers einzuholen hat.
Das gesamte Kassenwesen ist in der Gouverne-
ments--Hauptkasse vereinigt, der die Kassen der
größeren Bezirke und Stationen ihrerseits Rech-
mung legen, während die kleineren Kassen
nur ihre Kassenbücher einreichen. In den 4 afri-
kanischen SchG werden auf Grund der Ergebnisse
der Rechnungen des Gouvernements und der in
Berlin geleisteten Ausgaben alsdann die Ueber-
sichten der Einnahmen und Ausgaben aufgestellt
(Haushaltsübersichten), die nach + 2 des
Sch GEtatsgesetzes dem Bundesrat und Reichstag
baldmöglichst nach Schluß des Rechnungsjahres,
svätestens aber im darauf folgenden 2. Rechnungs-
jahre vorzulegen sind. Für diese Sch#G liegt also
Bewirtschaftung des Etats und Rechnungslegung
jetzt allein in den Händen der Gouvernements.
Für die übrigen Sch G erfolgt die Rechnungs-
legung noch durch das Kolonialamt auf Grund der
Zusammenstellungen der Kolonial-Hauptkasse in
Berlin, für KRiautschou durch das Marineamt auf
Grund der Vorkontrollen und Nachweise der In-
tendantur zu Wilhelmshaven.
c) Etats= und Rechnungskontrolle. Die Haus-
haltungsübersichten werden von den gesetzgebenden
Körpern, falls sie die Unvermeidbarkeit et-
waiger Ueberschreitungen anerkennen, genehmigt,
aber nur vorbehaltlich der Rechnungskontrolle, d. h.
der Prüfung durch den Rechnungshof. Für diese
Prüfung ist gegenwärtig maßgebend das Reichs-
kontroll G v. 21. 3. 10, RGl 521, das die Kon-
trolle auch des Haushalts der SchE für die Rech-
nungsjahre 1909—1914 der Oberrechnungskammer
in Potsdam als „Rechnungshof des Deutschen