Kolonialfinanzen
Reiches“ überträgt und dabei verschiedene Erleich-
terungen gestattet. Um die Prüfung durch den
Rechnungshof vorzubereiten, müssen alle Rech-
nungen durch besonders vorgebildete Kalkulatur-
beamte vorgeprüft werden. Diese Prüfung fand
früher in Berlin statt, wurde aber zwecks leichterer
und schnellerer Aufklärung von Unstimmigkeiten
wenigstens für die größeren Kolonien später den
Gouvernements übertragen. Hierdurch wurde es
dem Rechnungshof ermöglicht, seinerseits Beamte
in diese SchG zu senden, um an Ort und Stelle
zu prüfen. Dies geschah zuerst 1905 für Südw.=
Afrika, in den folgenden Jahren für die übrigen
afrikanischen Kolonien. Hierdurch wird die Rech-
nungskontrolle zwar kostspieliger (Tropengehälter,
Reisekosten), infolge der persönlichen Anwesenheit
der Kontrollbeamten und ihrer Einsicht in die
Verhältnisse wird aber Schreibwerk gespart und
erreicht, daß die Erinnerungen des Rechnungshofes
den gesetzgebenden Körpern fast gleichzeitig mit den
Haushaltsübersichten vorgelegt werden können.
§ 3. Die Entwicklung der Finanzen. Schulden.
I. In den 25 Jahren bis Ende des Rechnungsjah-
res 1910 betrugen die Ausgaben des Rei-
ches für die einzelnen Kolonien nach überschlä-
giger Schätzung und in runden Summen in Mil-
lionen Mark für Ostafrika gegen 110, für Kamerun
gegen 35, Togo etwa 11, Südwestafrika gegen 550,
Kiautschou etwa 140, Neu-Guinea etwa 11, die Ka-
rolinen (ohne die Erwerbungskosten) etwas über 3,
Samoa 1½. Die Marschallinseln kosteten nur etwa
200 000 M. Die Gesamtkosten in diesem Zeitraum
dürften sich auf etwa 860 Millionen Mark stellen.
Die Zuschüsse des Reichs wurden à fonds
perdu gegeben bis auf einige Ausnahmen. So er-
hielt Kamerun für Verkehrsanlagen 2,52 Mill. Mark
Vorschüsse, wovon 1,36 Mill. bis Ende 1910 zurück-
gezahlt wurden. Togo empfing 1904 für die Bahn
Lome-Palime ein Darlehn von 7,8 Mill., wovon.
0,6 Mill. bis Ende 1910 getilgt sind. Südw.-Afrika
hat für die Südbahn ein Darlehn bezw. Reichs-
vorschüsse in Höhe von 40,62 Mill. zu verzinsen
und vom 1. 4. 12 ab mit jährlich 3/6% zu tilgen.
Angesichts der finanziellen Erstarkung der Ko-
lonien erschien es durchführbar, sie unmittelbar zu
Trägern der Verpflichtungen aus werbenden An-
lagen zu machen. Die zum Sch Gtatsgesetz v.
30. 3. 92 ergangene Novelle v. 18. 5. 08 gestattet,
daß für die in den Etats der Sch G als außerordent-
lich gekennzeichneten Bedürfnisse die bewilligten
Summen in den erforderlichen Nennbeträgen zu
Lasten der SchG im Wege der Anleihe flüssig ge-
macht werden dürfen, sofern nicht über die Deckung
anderweite Bestimmung getroffen ist.
För die börsenmäßige Bewertung der Anleihen
sind die denkbar günstigsten Unterlagen geschaffen.
Für ihre Verzinsung und Tilgung bürgt das Reich.
Daneben wurde jedoch auch noch weiterhin der
Weg der Darlehnsgewährung durch das Reich für
solche Fälle offen gelassen, in denen die Finanzlage
die Aufnahme einer Anleihe nicht angezeigt er-
scheinen läßt. v
Für die Verzinsung der Darlehen ist der
Satz von 3 ½0 festgesetzt. Der Zinssatz der An-
leihen hängt von der Lage des Geldmarktes ab.
Der Betrag der bewilligten Kredite aus der Sch G-
Anleihe beliefsich bis einschl. 1912 auf rund 172 Mill.
Mk. Davon entfielen auf Ostafrika 102,24, auf Ka-
merun 32,55, auf Südw.-Afrika 25,6 und auf Togo
— — — — — —— —
595
11,7 Mill. Mk. Nach den vorliegenden Plänen für die
Herstellung von Eisenbahnen, Erschließungswegen
und andern werbenden Anlagen wird die Schuld in
wenigen Jahren eine Viertel Milliarde erreichen.
II. Den bisher erwähnten Ausgaben des Reiches
für die Kolonien treten hinzu die Aufwendungen
für die Zentral Verw in Berlin (Kol.-Amt, Mar.=
Amt), die sich bis Ende 1910 auf rund 25 Millionen
Mark belaufen haben dürften, ferner die Erwerbs-
kosten der Karolinen mit rund 16,6 Millionen Mark.
Auf die Ausgaben anderer Reichsämter im Interesse der
Kolonien und die ihnen gegenüberstehenden Einnahmen
kann hier nicht näher eingegangen werden.
* 4. Gliedernng des Etats. Einnahmeguellen.
Die Gliederung des Etats ergibt sich aus den
nachstehenden Tabellen über den Voranschlag der
Etats für 1912 (Gbetr. die Feststellung ay)des Reichs-
haushaltsetats, b) des Haushaltsetats für die Sch G
für das Rechn.-Jahr 1912, RGl 319 u. 346);
A. Reichskolonialamt.
Ausgaben:
Zivilverwaltung (Besoldungen,
Wohnungsgeldzusch., and. per-
sönl. Ausg., sächliche u. vermisch-
te Ausg.) Kap. 0
Militärverwaltung (wie vor.
her) Kap. 69 a
Gemeinsame Fonds Kap. 69 b
Allgemeine Lasten (Zahlung an
die Ostafrikanische Gesellschaft)
Kap. c0609Hee 600 000
— — ——
Zusammen
1 536 785
445 525
308 800
Dauernde, Kap. 69.
2 891 110
RZinvilverwaltung (darunter
150 000 Mk. für die auf Er-
schließung Afrikas u. and. Län-
dergebiete ger. wissensch. Bestr.,
100 000 Mk. für Vorarb. zur
Erschl. d. Sch G, über 1 Million
Mark Garantiezahlungen für Ko-
lonialbahnen u. 1 207 543 Mk.
Reichszuschuß für Neuguinca)
Militärverwaltung (darunter
die Reichszuschüsse für Ostafrika,
Kamerun und Südw.-Afrika mit
zus. 19 791 208 M) 19 815 298
- Zusamen
Einnahmen (darunter
350 000 Mk. Beiträge d. Sch
zu den Ausg. d. Reichs für kolo-
niale Berw Zwecke u. ferner
1 426 368 Mk. Rückerstattung
Ostafrikas von Garantiezahlun-
gen des Reichs für die Eisenbahn
nach Morogoro) Kap. 123.
2 817 952
Einm nige, Kap. 9.
22 633 250
1 805 068
B. Reichsmarineamt.
Fortdauernde Ausgaben für
die Zentralverwaltung v. Kiaut-
schou (die Geschäfte werden wahr-
genommen durch einen Abtei-
lungschef, 2 Vortr. Räte, einen
höheren Intendanturbeamten u.
das erforderliche Bureauperso-
nal) Kaop. 64 a 155 659
Der Roichszuschuß für Kiautschou und das ostasiatische
Marinedetachement — 8297 565 Mk. — erscheint unter
Kap. 6a der einmaligen Ausgaben.
38.
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