Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Kolonialgesellschaften 599 
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ßen wollen, doch würde dies dem Sprachgebrauch des übri- 
gen deutschen Rechts völlig zuwiderlausen. Eine Gesell- 
schaft ausländischen Rechts wird nicht dadurch im Rechtssinn 
deutsch, daß Deutsche die Mitgliedschaftsrechte erwerben, 
und umgekehrt hört eine Gesellschaft unseres Rechts nicht 
deshalb auf, deutsch zu sein, weil die Mitglieder Ausländer 
sind. Es kommt auf das anzuwendende Recht an, in der 
Regel also auf den Sitz der Gesellschaft. Diese allgemeine 
Regel gilt für K. hinsichtlich der Gesellschafter ohne weiteres 
schon deshalb, weil die Anteile meist auf den Inhaber lau- 
ten und durch Tradition veräußert werden, so daß die Staats- 
angehörigkeit der Anteilseigner unkontrollierbar ist. Aber 
auch für Aufsichtsrat und Borstand vermögen wir im Schutz- 
gebietsgesetz keine Ausnahme zu erkennen. Wenn sich in 
den Satzungen der K. häufig die Vorschrift findet, daß der 
Aussichtsrat ganz oder in der Mehrheit nur aus deutschen 
Reichsangehörigen gebildet werden darf (vgl. 1 36 Abs 1 
der unter B näher behandelten Mustersatzungen) oder dal., 
so beruht dies auf freier Entschließung der Gesellschaft; ein 
dahingehender Wunsch des RK kann auf sein Statuten- 
genehmigungsrecht, nicht aber auf eine besondere Vor- 
schrift des Schutzgebietsgesetzes gestützt werden. 
II. Dieses Statut ist dem Reichskanzler zur 
Genehmigung zu unterbreiten. 
Der Genehmigung des Statuts durch den 
RK pflegen Erörterungen voraufzugehen, die 
sich keineswegs bloß auf die Prüfung beschränken, 
ob die zu 1 2# genannten Voraussetzungen vor- 
liegen. Vielmehr ist in der Regel der gesamte Inhalt 
der Satzungen Gegenstand eingehender Verhand- 
  
lungen zwischen dem Kolonialamt und der Gesell-, 
schaft, da das Gesetz das Recht des RK auf Ver- 
sagung der Genehmigung nicht auf gesetzlich be- 
stimmte Fälle beschränkt. Hierdurch wird die Re- 
gierung ferner genötigt, sich auch mit dem Grün- 
dungsvorgang und selbst mit den Aussichten des 
Unternehmens zu befassen (vgl. 3 66 Lit. b und c 
Mustersatzungen). Man kann die Frage aufwerfen, 
ob dieses umständliche Verfahren, das dem RK 
eine nicht unbedenkliche Verantwortung aufbürdet, 
den Bedürfnissen der Gegenwart entspricht und 
ob nicht dessen Nachteile die Vorteile überwiegen 
(unten #1 5). 
III. Nach Erlangung dieser Genehmigung ist 
beim Bundesrat um Verleihung der Rechts- 
persönlichkeit nachzusuchen. Der By ist 
in seiner Entschließung nicht durch den Geneh- 
migungsbescheid des RK gebunden. Mit Zu- 
stellung des Verleihungsbeschlusses erlangt die Ge- 
sellschaft die Stellung einer K. Vorher und bei 
ablehnendem Bescheid — in der meist monate- 
langen Frist zwischen Gründung der Gesellschaft 
und Entschließung des BR müssen von der Ge- 
sellschaft wirtschaftliche Maßnahmen getroffen 
werden — bleibt das Unternehmen Gesellschaft 
im Sinne des bürgerlichen Rechts; für die Haftung 
der Mitglieder gilt also BGB F#P 427; auch steht 
es natürlich den Mitgliedern frei, das Unterneh- 
men z. B. in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. 
B. Wegen des Genehmigungsverfahrens hat 
das Kolonialamt für solche Gesellschaften, die sich 
an die Form der Aktiengesellschaften anlehnen, in 
67 IFK Mustersatzungen aupgestellt. Ueber 
deren rechtliche Natur s. oben § 2. Sie wollen 
nur für aktienrechtsähnliche Ko- 
lonialgesellschaften maßgebend sein; 
den Gegensatz zu diesen bilden die daneben noch 
möglichen gewerkschaftsähnlichen K., deren Mit- 
  
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glieder zu Nachschüssen verpflichtet sind, wogegen 
ihnen das Recht des Abandons zusteht. Für der- 
artige K. gelten allgemein nur die unter A 
brngegebenen Vorschriften des Schutzgebietsge- 
etzes. 
Im folgenden ist nur von denjenigen K. die 
Rede, die nach den Mustersatzungen gebildet sind 
(auf deren Paragraphen beziehen sich die beigefüg- 
ten Ziffern). 
I. Hauptbestandteil sind Bestimmungen, die un- 
mittelbar dem Aktienrecht entnommen sind. Hier 
tönnen nur die hauptsächlichsten hervorgehoben 
werden. 
Das Grundkapital zerfällt in Anteile (3), über 
die, wenigstens fakultativ, Anteilscheine ausgegeben 
werden (4 Abs 2). Diese lauten auf den Inhaber oder auf 
den Namen (7). Die einzige vorgesehene Gründungs- 
formn, die Simultangründung, setzt 5 Gründer voraus (64). 
Qualifizierte Gründung muß aus den Statuten ersichtlich 
sein (25 und 15). Biertelsdeckung ist das Minimum des 
Betriebskapitals (10). Die Gesellschaft ist zum Handels- 
register anzumelden (2). Ausnahmsweise kann den Gesell. 
schaftern Nebenleistungspflicht im Statut auferlegt wer- 
den (4). Die Einlagen sind nicht rücknehmbar (12). Nur 
ein verwendbarer Teil des Reingewinns kann von den Ge- 
sellschaftern beansprucht werden (22). Es gibt keine festen 
Zinsen, nur ausnahmsweise Bauzinsen (25). Aehnlich wie 
der Aktionär wird der säumige Einleger kaduziert (11). 
Wenn die Anteile auf den Namen lauten, ist ein Anteilsbuch 
obligatorisch (8). Das Recht der K., eigene Anteile zu er- 
werben, ist beschränkt (13 und 14). Die Organe der 
K. sind Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung (26). 
Auch die Ernennung der Vorstandsmitglieder ist jederzeit 
widerruflich (28 Abs 2). Tantiemen werden erst nach 
Bornahme sämtlicher Abschreibungen und Rücklagen ge- 
währt (24 Abs 2). Die Mitglieder des Aufsichtsrats 
können nicht zugleich Mitglieder des Borstands oder dauernde 
Stellvertreter von Borstandsmitgliedern sein (38). Jeder 
Anteil gewährt in der Hauptversammlung eine 
Stimme, doch ist ein Stimmenmaximum zulässig (50). 
HGB 1 252 Abs 3 ist wörtlich ausgenommen (52). Außer 
der durch den Vorstand jährlich zu berusenden ordentlichen 
Hauptversammlung (40 Abs 1, 25 Abs 2) sind außerordent- 
liche möglich (50). Ueber deren Berufung (419 Abs 2), Ta- 
gesordnung (54), Beurkundung (53 Abs 2) sowie über die 
Bilanz (20), deren cv. Prüsung durch besondere Revisoren 
(46), serner über den Reiervefonds (21) und die 
Gewinnverteilung (55 Abs 3) finden sich ganz 
ähnliche Bestimmungen wie im Aktienrecht. Regreß.- 
klagen gegen die Gesellschaftsorgane sind zugelassen und 
besonders ausführlich geregelt (58). Bei Statuten- 
änderung ist die Genehmigung der Aufsichtsbehörde 
ersorderlich (62 Abs 2). Im Falle der Kapitalser- 
höhung soll den Gesellschaftern Gelegenheit geboten wer- 
den, sich an der Erhöhung zu beteiligen (16 Abs 2 und 3). 
Kapitalsherabsetzung kann nur mit erhöhter Mehrheit be- 
schlossen werden (17). In beiden Fällen ist die Satzungs- 
änderung öffentlich bekannt zu machen (18). Im Falle der 
Liquidation ist ein Sperrjahr einzuhalten (61). 
II. Die Mustersatzungen enthalten außerdem 
eine Reihe von Bestimmungen, die wegen ihrer 
starken Abweichungen vom Aktien- 
recht besonderes Interesse haben. An dieser 
Stelle können nur die wichtigeren zusammenge- 
stellt werden, soweit sie nicht schon vorstehend 
erwähnt wurden: 
1. Der Name der K. soll sich von allen anderen ohne 
Rücksicht auf deren Sitz deutlich unterscheiren (1).
	        
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