Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Kolonialgesellschaften 
2. Das Grundkapita soll mindestens 100 Ooo Mk. langsam, zu. Stärker aber ist die Zunahme der 
betragen und die Anteile mindestens je 100 Mk. (3). 
3. Im Kaduzierungsverfahren gegen den 
säumigen Einleger trifft diesen außer seiner Schadensersatz- 
pflicht eine Vertragsstrase von 10% des fälligen Be- 
trags (11). 
4. Der Aufsichtsrat kann im Statut ermächtigt werden, 
innerhalb 5 Jahren nach der Gründung das Grund- 
kapital bis zum doppelten Betrag zu erhöhen 
(16 Abs 1). 
5. Die Hauptversammlung kann den Beitrag zum Re- 
servefonds und die Abschreibungen nicht geringer, 
den zu verteilenden Gewinn nicht höher bestimmen, als 
der Aufsichtsrat vorgeschlagen hat (23 Abs 2). 
6. Pflanzungen und rein kausmännische Unternehmun- 
gen einschließlich der Banken dürfen keine Bauzinsen 
gewähren (25 Abs 3 Satz 2). 
7. Zum Vorstandsmitglied darf nicht bestellt 
werden, wer durch behördliche Anordnung in der Verfügung 
über sein Bermögen beschränkt oder rechtskräftig wegen 
einer strafbaren Handlung verurteilt ist, die nach deutschem 
Recht die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte nach sich 
ziehen kann. Dennoch erfolgte Bestellung ist nicht unwirk.- 
sam, aber widerruflich (27). 
8. Die Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats haften 
der Gesellschaft nach BG# 276 oder in weiterem Umfang, 
beides jedoch nur, wenn sie diese Haftung bei der Bestellung 
ausdrücklich übernehmen (32 und 45). 
# 4. Staatsaufsicht. Die K. unterstehen der 
Aufsicht des Rä, die in dessen Vertretung vom 
Kolonialamt geführt wird. Nach # 62 Abs 1 der 
Mustersatzungen soll sie sich darauf beschränken, 
daß die Geschäfte der K. im Einklang mit den ge- 
setzlichen Vorschriften und den Bestimmungen des 
Gesellschaftsvertrags geführt werden. Dies wird 
„in der Praxis regelmäßig“ den älteren K. gegen- 
über ebenso gehandhabt, „so daß also der K. in 
wirtschaftlichen Angelegenheiten freie Hand ge- 
lassen wird“ (Gerstmeyer, Anm. 1 zu § 13 Schutz- 
geb G). Diese einschränkende Verwendung des im 
Schutzgeb G erteilten Aufsichtsrechts ist unter allen 
Umständen zu begrüßen. Leider geht man viel 
weiter bei derjenigen Prüfung der Gesellschafts- 
angelegenheiten, die der Statutengenehmigung 
vorausgeht (oben § 3 A zu 11). 
Eine selbstverständliche Ergänzung des staat- 
lichen Satzungsgenehmigungsrechts ist die Be- 
stimmung des § 62 Abs 2 der Mustersatzungen, nach 
der zu allen Aenderungen des Gesellschaftsver- 
trags die Genehmigung der Aufsichtsbehörde er- 
fordert wird. 
Der R übt nach § 62 Abs 3 die Aufsicht durch 
einen oder mehrere von ihm bestellte Kommissare 
aus, von denen jeder berechtigt ist, auf Kosten der 
Gesellschaft an jeder Verhandlung des Aufsichts- 
rats und an jeder Hauptversammlung teilzuneh- 
men, die Aufnahme bestimmter Punkte in die 
Tagesordnung zu verlangen, vom Vorstand oder 
Aufsichtsrat jederzeit Bericht über die Angelegen- 
heiten der Gesellschaft zu fordern, ihre Bücher und 
Schriften einzusehen oder durch einen Bevoll- 
mächtigten einsehen zu lassen, auf Kosten der Ge- 
sellschaft, wenn dem Verlangen der dazu Berech- 
tigten nicht entsprochen wird, oder aus sonstigen 
wichtigen Gründen eine außerordentliche Haupt- 
  
  
anderen gesellschaftlichen, in den Schutzgebieten 
tätigen Unternehmen. Eine Statistik unserer ko- 
lonialen Unternehmen nach ihrer Rechtsform gibt 
es nicht. Ich zählte (nach v. d. Heydts Kolonial= 
Handbuch): 
1907 1908 1909 1910 1911 
Gesellschaftl. organisierte 
Unternehmen überhauptu) 146 220 264 356 461 
Darunter waren Kolo- 
nlalgesellschaften 36 35 37 30 40“ 
ANT 24,6 15,5 14,0 10,9 8.7 
* Darunter 2 in Liquidation. 
Dagegen sind in den letzten Jahren etwa die 
Hälfte aller dort aufgezählten Gesellschaftsunter- 
nehmen G. m. b. H. Diese Gesellschaftsform 
scheint also die für die Kolonien geeignetste zu sein 2). 
Auch hinsichtlich ihres Kapitals und ihrer Betriebs- 
mittel sowie hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen 
Leistungen ragen die K. keineswegs aus den übri- 
gen Kolonialunternehmen empor; es gibt zwar 
manche unter ihnen, die teils durch Glück, teils 
durch wirklich beharrliche, wirtschaftliche Arbeit in 
den Schutzgebieten große Vermögenswerte er- 
worben haben, daneben aber auch manche, bei 
denen nur das eine in Erstaunen setzt, wie sie ein 
Geschäftsjahr nach dem andern zu überleben ver- 
mögen. In der Gesellschaftsform der K. allein 
  
  
versammlung oder Aufsichtsratssitzung mit von 
ihm bestimmter Tagesordnung zu berufen. 
(5. Wirtschaftspolitische Würdigung. Die K. 
nehmen jährlich in der absoluten Zahl, wenn auch 
die Ursache solchen Fehlschlags zu sehen, wäre 
übereilt. Aber ebenso wenig gerechtfertigt wäre es, 
die Erfolge der glücklicheren K. mit dem bei ihnen 
wirkenden Einfluß der staatlichen Aufsicht zu er- 
klären, da die Aufsichtsbehörde den K. in wirt- 
schaftlichen Angelegenheiten absichtlich freie Hand 
läßt. Aus inneren Gründen ist die Wahl gerade 
der Rechtsform der K. kaum zu verstehen. Einige 
Kolonialbanken und einige Kolonialbahnen sind 
K., die Deutsch-Asiatische Bank, die sogar Noten- 
bank ist, und die Schantung-Eisenbahngesellschaft 
sind jedoch Aktien-Gesellschaften. Kolonialrecht- 
liche Konzessionen (#| werden oft nur unter der Be- 
dingung erteilt, daß das Unternehmen K. wird; 
die größten Konzessionen hat jedoch die South 
West Africa Company englischen Rechts und das 
Irangi-Syndikat, also eine Gesellschaft des BG, 
erhalten. Die koloniale Landwirtschaft stellt von 
den 40 K. mindestens 17, aber diesen lassen sich 
wenigstens gleichviel und teilweise bedeutendere 
anderen Rechts gegenüberstellen; z. B. die Süd- 
westafrikanische Schäfereigesellschaft ist K., die 
Deutsche Farmgesellschaft Aktiengesellschaft. Dies 
gilt noch in höherem Maße vom Bergbau. Und 
dafür, daß das Hotel Kaiserhof in Daressalam K. 
ist, ist kein Grund ersichtlich. Die praktische Not- 
wendigkeit der K. als besonderes Rechtsinstitut 
kann folglich bezweifelt werden. Allem Anschein 
nach wird die Rechtsform der K. heute teils von 
solchen Gesellschaften gewählt, die hierzu von der 
Regierung gegen Erteilung von Konzessionen und 
dergleichen veranlaßt werden; zuweilen aber wohl 
auch von solchen Unternehmungen, die hierdurch 
besseren Absatz ihrer Anteile erhoffen, denn in der, 
  
1) Dazu treten jetzt noch die unter französischem Rechte 
gegründeten Konzessionsgesellschaften in Neu-Kamerun; 
UKonzessionen (kolonialrechtliche) #& 4. ID. H.) 
2) Wegen Erleichterungen für Aktiengesellschaften in Ost- 
asien [Kiautschou 1 8 V, oben S. 511.
	        
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