Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

wenn auch nur formellen, Staatsaufsicht und in 
der Möglichkeit der unbegrenzten Stückelung der 
Anteile (nach den Mustersatzungen allerdings nicht 
unter 100 Mk.) liegen nicht geringe Propaganda- 
möglichkeiten. Hierdurch wird dem R. eine nicht 
geringe Verantwortung aufgebürdet. 1888 kannte 
man nur K. von namhafter politischer Bedeutung. 
Damals galt es, einer von der K. möglicherweise 
drohenden politischen Gefahr vorzubeugen. Des- 
halb war es damals begründet und zweckmäßig, 
durch Einführung der Staatsaufsicht diese Gesell- 
schaften unter Sonderrecht zu stellen. Heute ist 
diese Gefahr mit der einstigen politischen Bedeu- 
tung der K. völlig beseitigt und die rechtliche Son- 
derstellung der K. selbst bedenklich geworden. 
Literatur: Ring, Deutsche K., 1887; v. Sten- 
gel zuletzt in Beitr. z. Kol. Pol. 1900, 417 f, sowie Die 
Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete, 1901, 209 fj 
Leist i. Beitr. z. Kol. Pol. 1900, 424 : Lehmann in 
d. 8 f. d. ges. Handelsrecht 53, 1903, 15: Köbner in 
v. Holtzendorffs Enzyklopädie, 1904, 1075 f; Nollau, Das 
Recht der .. K., Diss. Bonn 1904; v. Hoffmann, 
Deutsches Kolonialrecht, 1907, S 15 f, 110 f; Jäckel, Die 
Landgesellschaften usw., 1909; Reimer, Die allgemeinen 
Rechtsverhälmisse der deutschen K. usw., Berlin o. J.; San- 
der, Geschichte der deutschen K. für Südwestafrika. 2 Bände. 
— Die wirtschaftlichen Schicksale der K. versolgt man am 
besten an der Hand von v. d. Heydts Kolonialhandbuch, 
Berlin, Leipzig uind Hamburg, seit 1907 jährlich, bis je #4 
5 Bde. Eine Zusammenstellung der Diamantgesellschaften 
gibt Gallus in Z f. Kolonialpolitik 12, 1910, 43. — 
Prospekte, Gesch iftsberichte u#m sonstige Veröffentlichungen 
der Kolonialunternehmungen sammelt und siellt kostenlos 
zur Berfügung das Archiv des Kolonial wirtschaftlichen Ko- 
mitees in Berlin (näheres f. D. Kol 3 1909, 370). 
Jäckel. 
Kolonisation (innere) 
1. Einleitung. — I. Vermehrung der ländlichen Stellen, 
insbes. Renten gutsgesetzgebung. 1. Preußen. 
5 2. Gang der Gesetzgebung. §s 3. Begriff und Rechtsver- 
hälmisse der Rentengüter. # 4. Verfahren bei ihrer Be- 
gründung. #5. Umfang und Bedeutung. 2. Bayern. 56. 
— II. Erhaltung bestehender Stellen in einem leistungs- 
fähigen Zustande bei Erbfall, insbes. Anerbeurccht. 
# 7. Im allgemeinen. # 8. Das Anerbenrecht. 1 9. Das 
Anerbenrecht bei Renten- und Ansiedelungegütern. 1 10. 
Das Anerbenrecht in der Provinz Westfalen. 
I = Rente; Ro Rentengut: G##— Generalkommission! 
# 1. Einleitung. Unter der „inneren Koloni- 
sation“ versteht man die Errichtung ländlicher Stel- 
len von mittlerem und kleinerem Umfange zu dem 
Zwecke, seßhafte ländliche Arbeiter zu schaffen, 
auch den mittleren und kleineren Bauernstand zu 
vermehren und dadurch das unentbehrliche Mittel- 
Kolonialgesellschaften — Kolonisation 
  
601 
— — —. — 
Jahrhunderts war der Grundbesitz in den verschie- 
densten Beziehungen gebunden. Ritter-, Bürger-, 
und Bauerngüter waren zur Aufrechterhaltung 
der Staats- und Gesellschaftsverfassung in Be- 
ziehung auf Militär= und Steuerwesen, auf kor- 
porative, Gemeinde= wie auf Privatlasten-Ver- 
hältnisse in der Regel unteilbar und geschlossen. 
Bauernhöfe durften zu den Rittergütern nicht ein- 
gezogen werden. Der überwiegend große Teil der 
Landbewohner war durch persönliche Leibeigen- 
schaft oder Erbuntertänigkeit zum Gutsherren 
(Guts= oder Gerichtsobrigkeit) gefesselt; der Edel- 
mann durfte Bürger= und Bauerngüter nicht be- 
sitzen, der Bürger oder Bauer konnte adlige Güter 
mit den ihnen früher anklebenden politischen und 
bürgerlich-privatrechtlichen Privilegien und Präro- 
gativen nicht erwerben. Die Agrargesetzgebung (NI 
des Anfanges des 19. Jahrhunderts war daher an 
erster Stelle darauf gerichtet, alle persönlichen und 
dinglichen Abhängigkeitsverhältnisse zu beseitigen. 
Sie machte den Grundbesitz frei veräußerlich, frei 
teilbar und frei verschuldbar und unterwarf ihn 
dem gemeinen Erbrecht. Die von dieser Neuord- 
nung erwartete Hebung der Landwirtschaft ist zwar 
eingetreten; statt der erhofften Bewahrung vor 
der Verschuldung hat diese aber erheblich zugenom- 
men, insbesondere seitdem die spätere Gesetz- 
gebung die Aufnahme von Hypotheken und Grund- 
schulden sehr erleichtert hatte. Solche Verschul- 
dung führt eine neue Geschlossenheit des Grund- 
besitzes herbei. Sie war zum großen Teile mit 
die Ursache, daß die großen Güter nicht nur nicht 
zerkleinert, sondern in umfangreichem Maße ver- 
größert worden sind, und zwar teils dadurch, daß 
bei ihrer Regulierung die diesem Verfahren unter- 
liegenden Stellen den Gutsherren erhebliche Land- 
entschädigungen abtreten mußten, teils dadurch, 
daß die von der Regulierung ausgeschlossenen nicht 
spannfähigen Stellen allmählich von den Guts- 
herren eingezogen wurden, teils endlich dadurch, 
daß die Gutsherren ganze Bauerngüter ankauften. 
Das Fehlen besonderer agrargesetzlicher Erbrechts- 
bestimmungen hat keine erheblichen Schädigungen 
zur Folge gehabt; vielfach ist an der alten Erb- 
sitte, die Stelle nur im ganzen unter mäßiger Be- 
lastung des Uebernehmers zu vererben, festge- 
halten worden. Erst allmählig ist die Gesetzgebung 
dazu übergegangen, Bestimmungen zu treffen, 
  
glied zwischen dem Großgrundbesitzer und der 
Klasse der besitzlosen Arbeiter zu schaffen (Ausf.Erl 
v. 16. 11. 91, MBli V 236). Tatsächlich herrscht 
im Westen Deutschlands (etwa westlich der Elbe) 
der mittlere und Kleinbesitz vor, im Osten dagegen 
der Großgrundbesitz. Bis zum Anfange des 19. 
durch die sowohl die Erhaltung und Ver- 
mehrung des mittleren und klei- 
neren ländlichen Besitzes elrleichtert, 
als auch die Gefahren einer übermäßigen 
Verschuldung beseitigt werden konnten. 
Die Maßnahmen der ersten Art werden nach- 
stehend behandelt; betreffs der Maßnahmen ge- 
gen eine zu starke Verschuldung des Grundbesitzes 
vgl. „Landwirtschaftliches Kreditwesen“. 
I. die auf Vermehrung der ländlichen Stellen 
gerichtete Gesetzgebung, insbesondere die Renten- 
gutsgesetzgebung 
1. Preußen. 
§l #2. Gang der Gesetzgebung. 
Die Deklaration v. 29. 5. 1816 (GS 154) hatte die klei- 
nen, nicht spannsähigen Stellen von der Regulierungs. 
sähigkeit ausgeschlossen. Diese wurden infolgedessen all.
	        
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