Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
52 Gemeinde (II. 
Grundlagen) 
  
Ho. § 16: wer seit einem Jahre (H.-N. und Ho. 
seit 2 Jahren) im Gem Bezirk ein Grundstück be- 
sitzt, das wenigstens den Umfang einer die Hal- 
tung von Zugvieh zur Bewirtschaftung erfordern- 
den Ackernahrung hat, oder auf welchem sich ein 
Wohnhaus, eine Fabrik oder eine andere gewerb- 
liche Anlage befindet, die dem Wert einer solchen 
Ackernahrung mindestens gleichkommen. 
Der Kreis der auswärtigen Stimmberechtigten 
ist also nach den zuerst genannten 3 Städteord- 
nungen erheblich größer, als nach den übrigen Ge- 
setzen. Während das Stimmrecht nämlich hier in 
jedem Falle an einen bestimmte gearteten Grundbe- 
sitz geknüpft ist, setzt es dort lediglich eine gewisse 
Steuerleistung voraus und steht damit der ge- 
samten Klasse der sogen. Forenser, d. h. der- 
jenigen Person zu, welche in der Gem, ohne in 
derselben einen Wohnsitz zu haben, Grundver- 
mögen, Handels= oder gewerbliche Anlagen ein- 
schließlich Bergwerke haben, Handel oder Gewerbe 
oder außerhalb einer Gewerkschaft Bergbau be- 
treiben oder als Gesellschafter an dem Unterneh- 
men einer G. m. b. H. beteiligt sind: § 33 Ziff. 2 
Kommunalabgabengesetz. 
Eine weitere Ausnahme von dem oben formu- 
lierten Grundsatze machen die vorbezeichneten 
Gesetze insofern, als unter den oben genannten 
Voraussetzungen nicht bloß physischen, sondern 
auch juristischen Personen das Stimm- 
recht zusteht, als welche in den 3 LGO Aktien- 
Gesellschaften, Kommandit-Gesellschaften auf Ak- 
tien, Berggewerkschaften und eingetragene Ge- 
nossenschaften, in StO H.-N. und GemO Ho. 
auch die G. m. b. H. noch besonders aufgezählt 
werden, die nach den übrigen Gesetzen nicht 
stimmberechtigt sind. Der Fiskus ist nach den 
3 LöO und GemO Ho. gleichfalls, nach StO 
H.-N. nur dann wahlberechtigt, wenn er allein 
an direkten Gem Steuern seit einem Jahre mehr 
als einer der 3 höchstbesteuerten Gem Angehörigen 
an direkten Staats-- und Gem Steuern zusammen 
entrichtet; vgl. wegen der stationes fisci: OVG# 
35, 87 und Pr. Vl 25, 252. Nach den übrigen, 
hier in Betracht kommenden Gesetzen ist der Fis- 
kus nicht wahlberechtigt: OV G14, 43 und 17, 94. 
Beide Kategorien, die physischen sowohl wie die 
juristischen Personen, sind befugt, ihr Stimmrecht 
durch Bevollmächtigte ausüben zu lassen. 
II. Keinerlei direkten Zusammenhang mit der 
Gem erfordert endlich das sogen. Ehren-Bür- 
gerrecht, das nur den Stadt Gem eigentümlichist 
und von diesen an Männer verliehen werden kann, 
die sich um die Stadt verdient gemacht haben. Die 
einzige Voraussetzung bildet hier den Besitz der 
bürgerlichen Ehrenrechte und der Reichs= bezw., 
wo diese vorgeschrieben ist, der preußischen Staats- 
angehörigkeit. St. O., W., Rh. u. H.-M. J 4, 
Fr. § 22, S.-H. 5 11, Ha. 34. Das Ehrenbür- 
gerrecht gibt die Rechte des Bürgers, ohne 
irgendwelche Verpflichtungen gegen die Stadt 
Gem zu begründen. Doch ist andererseits auch 
nicht etwa einc allgemeine Abgabenfreiheit da- 
mit verbunden. 
Markull. 
Bayern 
Die Gem Ordnungen geben eine Begriffs- 
bestimmung über die Gem Angehörigkeit nicht. 
  
dingten Anspruch. 
Man konnte sich bei den Verhandlungen über 
einen solchen Begriff nicht einigen und zog es vor, 
die vorgeschlagene Bestimmung zu streichen. 
Die Teilnahme an den Gem Lasten hängt von 
tatsächlichen Umständen (z. B. bei den Verbrauchs- 
ausgaben von dem Verbrauche), die Zahlung 
direkter Gem Steuern (GemUmlagen) von der 
Verai lagung zu direkten Staatssteuern ab. Die 
Heimatberechtigten sind Gem Angehörige. Die 
„Heimat“ [ begründet im rechtsrheinischen 
Bayern zunächst ein ideelles Band zwischen der 
Gemeinde und den in ihr Beheimateten; diese 
haben ferner in der Gem das Recht des Auf- 
enthalts und, bei Bedürftigkeit, Anwartschaft auf 
Armenunterstützung. Aber die Heimat gibt nicht 
das Recht der Teilnahme an der Gem Verwal- 
tung. Dieses Recht wird erworben durch das 
Bürgerrecht. Nur die Bürger können 
an der Gem Versammlung teilnehmen, zu Gem 
Aemtern wählen und gewählt werden. 
Rechtskundige und technische Magistratsmitglieder 
brauchen jedoch nicht Bürger zu sein, um gewählt 
zu werden; doch müssen auch sie Bürger sein, um 
wählen zu können. Auf Verleihung des Bürger- 
rechts haben die Heimatberechtigten unter be- 
stimmten Voraussetzungen Anspruch (s. u.). 
I. Abgesehen von der Umwandlung des älte- 
ren Bürgerrechts (Gem Gliedschaft) in das Bürger- 
recht im Sinne der Gem O von 1869 (GemO 
a 201) wird im rechtsrheinischen 
Bayern das Bürgerrecht nur erworben durch 
Verleihung, nicht kraft Gesetzes. Der Inhaber 
des Bürgerrechts heißt „Bürger“. 
Die Zahl der „Bürger“ ist in den Städten r. d. Rh. nicht 
sehr groß; bei den Gemeindewahlen von 1905 waren von 
1000 Einwohnern durchschnittlich 61 wahlberechtigt (Bürger). 
Das Bürgerrecht kann nur an solche Personen 
verlichen werden, die hiezu befähigt sind, nämlich 
an volljährige selbständige Männer bayerischer 
Staatsangehörigkeit, welche in der Gemeinde 
wohnen (sich ständig aufhalten) und in ihr mit einer 
direkten Steuer veranlagt sind. Steuern der 
Ehefrau und der im elterlichen Unterhalte stehen- 
den minderjährigen Kinder werden hier wie in 
allen ähnlichen Fällen dem Familienhaupte zu- 
gerechnet. Wenn jedoch ein Bayer oder eine ju- 
ristische Person oder privatrechtliche Vereinigung 
des Inlands in der Gem ein besteuertes Wohn- 
haus besitzt oder mit Steuern mindestens 
in dem Betrag angelegt ist, wie einer der 3 höchst- 
besteuerten Einwohner, so kann er (sie) Bürger 
werden und hat einen Anspruch auf Verleihung, 
auch wenn die sonstigen Voraussetzungen fehlen; 
auch Frauen können also in diesem Falle Bürger 
sein; doch müssen Frauen, Minderjährige, Ent- 
mündigte, juristische Personen, bei Ausübung des 
Bürgerrechts sich eines befähigten Vertreters 
bedienen. 
Anspruch auf Verleihung des Bürgerrechts 
haben noch befähigte Personen, a) wenn sie in der 
Gem beheimatet sind, oder b) wenn sie seit 2 Jah- 
ren in der Gem gewohnt und während dieser Zeit 
eine daselbst angelegte direkte Steuer und die sie 
treffenden Gem Abgaben entrichtet haben. Lan- 
desfremde haben in solchen Fällen einen durch den 
Erwerb der bayerischen Staatsangoehörigkeit be- 
Solche Ansprüche kann die 
Gem in gewissen Fällen zurückweisen, insbesondere 
bei entehrenden Strafen, beanspruchter Armen-
	        
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