Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

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A geordnet. Im Gesetz besonders geregelt ist 
aber die Haltepflicht nach einem Unfall, d. h. nach 
einer Tötung, Körperverletzung oder Sachbe- 
schädigung zwecks Feststellung des Führers 
und des F (5 22 Abs 1). Zuwiderhandlungen 
werden als Vergehen bestraft (bis 300 Mk. oder 
3 Monate Gefängnis). Straflosigkeit ist dem zuge- 
sichert, der spätestens am nächstfolgenden Tage 
Anzeige bei einer inländischen Pol Behörde er- 
stattet und die Feststellung des F und seiner Person 
nachträglich bewirkt. — Die A## regelt ferner die 
Benutzung öffentlicher Wege und Plätze dahin, 
daß sie das Fahren mit KF grundsätzlich nur auf 
Fahrwegen gestattet (5§ 22 A#), das Recht der 
Polizei, bestimmte Plätze, Brücken, Wege usw. 
für den K F Verkehr zu sperren, festlegt (5 23 Aß) 
und das Wettfahren und Veranstaltung von Wett- 
fahren auf öffentlichen Wegen und Plätzen ver- 
bietet (§24). Für Anhängewagen gelten besondere 
Bestimmungen (5 25 Ab). Zuwiderhandlungen 
gegen die verkehrspolizeilichen Vorschriften des 
Bund der Landesbehörden über den Verkehr 
mit KF werden als Uebertretung (# 21) bestraft. 
§. Haftpflicht. Die Bestimmungen beruhen 
auf einer Verbindung des Verschuldungsprin- 
zipes (5 823 ff BGB) und des Gefährdungsprin- 
zipes (§ 833 BEB (Tierhaftungs, § 25 preuß. 
Eisenbahn G v. 3. 11. 38, & 1 Reichshaftpflicht G 
v. 7. 6. 71). Die Haftpflicht ist besonders geregelt 
für Tötung, Körperverletzung, Gesundheitsbeschä- 
digung, Sachbeschädigung, bei dem Betriebe eines 
KF (F7). Der Begriff „Kraftfahrzeug“ ist aber 
hierbei gegenüber der Definition in §& 1 dadurch 
beschränkt, daß auf Unfälle durch K F, die nur zur 
Beförderung von Lasten dienen und auf ebener 
Bahn die Geschwindigkeit von 20 Kilometern in 
der Stunde nicht übersteigen können, die außer- 
ordentlichen Haftpflichtbestimmungen des Gesetzes 
keine Anwendung finden (§ 8 Ziff. 2). 
Der Unfall muß „bei dem Betriebes 
des KF sich ereignet haben, und zwar nicht nur 
zeitlich, sondern im ursächlichen Zusammenhange 
mit der besonderen Gefährlichkeit 
des Betriebes und gerade des Kraft- 
fahrzeugbetriebes stehen. Solche die be- 
sondere Gefährlichkeit des K FBetriebes begrün- 
denden Momente sind namentlich die Schnellig- 
keit der F, die Verwendung von Maschinenkraft, 
die Explosionsgefährlichkeit in Verbindung mit der 
Verwendung der F im ößffentlichen Verkehr 
(OHG 23, 1 und öfter; RG in ZW 1900, 
188, 19). Haftpflichtig ist der Halter des KF, 
Kraftfahrzeuge 
  
–— — — — 
  
d. h. wer das F für eigene Rechnung und Gefahr 
zum eigenen Vorteil führt oder führen läßt. Für 
den Begriff Halter sind nicht die rechtlichen Mo- 
mente des Eigentums oder des Rechtes an der 
Sache, sondern ausschließlich tatsächliche Momente 
maßgebend. Es ist die Auslegung anwendbar, 
die einerseits der Begriff „Betriebsunternehmer“ 
im Haftpflichtgesetz und andererseits der Begriff 
„Tierhalter“ im Bo gefunden hat (Eger, K FG 
Anm 33). An Stelle des Halters haftet, wer 
das F ohne Wissen und Willen des Halters in 
Betrieb gesetzt hat (§ 7 Abfs 3). 
Während das Reichshaftpflichtgesetz (X Eisen- 
bahnhaftoflicht 1, 697] die Haftung des Be- 
triebsunternehmers nur ausschließt, wenn ihm 
der Nachweis gelingt, daß der Unfall durch höhere 
Gewalt oder eigenes Verschulden des Getöteten 
oder Verletzten eingetreten ist, bestimmt das K FG, 
daß die Haftung fortfallen soll, wenn ein „unab- 
wendbares Ereignis" vorliegt und begrenzt diesen 
Begriff der Unabwendbarkeit negativ wie positiv. 
1. Nie sind unabwendbar: Ereignisse, die auf 
einem inneren Zufall (Fehler der Be- 
schaffenheit des F, Versagen seiner Verrichtungen 
oder den Handlungen der betriebstätigen Organe) 
beruhen. 2. Immer gelten als unabwendbar 
Ereignisse, die durch das Verhalten (nicht 
nur das Verschulden) des Verletzten, eines 
nicht bei dem Betriebe beschäftigten Dritten oder 
eines Tieres herbeigeführt sind, wenn zugleich 
der Halter und der Führer des F jede nach den 
Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobach- 
tet hat. Ein Verhalten (nicht ein Verschulden) des 
Verletzten oder nicht betriebstätigen Dritten reicht 
schon zum Nachweis der Unabwendbarkeit aus, 
also auch Handlungen nicht geschäftsfähiger 
Personen (Kinder, Geisteskranke). Hat bei der Ent- 
stehung des Schadens ein Verschulden des Ver- 
letzten mitgewirkt, so findet die Vorschrift des 
#254 BGB über die anteilmäßige Tragung des 
Schadens je nach dem Grade der Verursachung 
Anwendung. 
Verletzter ist, wer durch das Ereignis einen 
Schaden erlitten hat, in der Regel nur der 
unmittelbar Verletzte (vgl. jedoch § 10, Anspruch 
dessen, der die Beerdigung besorgt hat und 
der Unterhaltsberechtigten). Ein Ersatzrecht aus. 
dem Sondergesetz können die bei dem Betriebe 
beschäftigten Personen und die Fahrgäste des K F. 
sowie die durch die Beschädigung einer beförderten 
Sache Verletzten nicht geltend machen (§ 8 Ziff. 1). 
Im übrigen ist für das Ersatzrecht der durch Be- 
schädigung einer Sache Verletzten das BG B 
8 249 ff (Schadenersatz), für die durch Tötung, 
Körperverletzung oder Gesundheitsbeschädigung 
Verletzten die Vorschriften der §#§5 10, 11, 13 K FG 
maßgebend. Alle diese Ersatzvorschriften sind aber 
eingcschränkt durch § 12 d. G. Danach ist die 
Haftpflicht bei Ansprüchen auf Grund des KFMG 
(nicht aber bei denen auf Grund der Vorschriften 
des Be#B # 823, vgl. 8 16 d. G.), beschränkt 
nach der Höhe: a) bei Tötung, Körperver- 
letzung oder Gesundheitsbeschädigung eines 
Menschen auf eine Rente von 3000 Mk. jährlich 
oder eine Kapitalabfindung von 50 000 Mk., 
b) bei Tötung und Verletzung mehrerer 
Menschen durch dasselbe Ereignis auf 9000 Mk. 
Rente oder 150 000 Mk. Kapital, c) bei Beschä- 
digung einer oder mehrerer Sachen auf 10 000 Mk. 
Die Vorschriften über die Ersatzpflicht bei Tö- 
tung und Körperverletzung, über die Renten- und 
Kapitalabfindung, die Umwandlungsklage und 
Sicherheitsleistung (IF8 10, 11, 13) gleichen wört- 
lich den §# 3, 3 a und 7 des Haftoflichtgesetzes. 
(S. darüber Eisenbahnhaftpflicht oben 1, 697).— 
Die Ausprüche aus dem Gesetz verjähren 
in drei Jahren von dem Tage der Kenntnis des 
Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen 
und ohne solche in dreißig Jahren. Als besonderen 
Hemmungsgrund der Verjährung kennt das Ge- 
setz (5 14 Abs 2) das Verhandein zwischen den 
Parteien über den Ersatzanspiuch. Für die An- 
meldung des Anspruches bei dem in Anspruch zu- 
nehmenden Ersatzpflichtigen (nicht die gerichtliche 
Geltendmachung) ist eine Ausschlußfrist von zwei 
Monaten seit der Kenntnis von dem Schaden und
	        
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