Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

19. 10. 08 erlassen. Hinsichtlich der Beförderung 
von Leichen an ansteckenden K. Verstorbener 
auf Eisenbahnen ist eine reichsgesetzliche Regelung 
erfolgt in der Eisenbahn-VerkehrsO v. 26. 10. 99 
5# 42 und 43, die durch Beschl des BR v. 21. 3. 07 
für einige K. Erleichterungen geschaffen hat. Für 
den Sceverkehr sind Vorschriften über die gesund- 
heitliche Behandlung der Seeschiffe in den deut- 
schen Häfen (Cnebt Desinfektionsanweisung, Bek 
des RK v. 2H.8.07, gegeben. Der Ausbruch einer 
gemeingefährlichen K. ist jedesmal dem Kaiser= 
lichen Gesundheitsamt sofort auf kürzestem Wege 
mitzuteilen (X§ 42 des Re#s). Eine wechselseitige 
Benachrichtigung der Militär= und Pol Behörden 
über das Auftreten übertragbarer K. erfolgt ge- 
mäß §* 39 des Re# und ciner Bek des Räv. 
23. 2. 11. Austausch von Nachrichten in den 
Grenzbezirken rg#. unten &° 5. 
II. a) Sholera, nach ihrem Stammland In- 
dien, wo sie dauernd vorkommt, asiatica genaunt, 
hat von da aus wiederholt in Zügen die meisten 
Länder, auch Deutschland, befallen. Der von Roch 
entdeckte Erreger der K. ist der Cholera-Vibrio 
oder Kommabazillus, der auf Nahrungeomitteln 
und im Wasser gut gedeiht. Die Austeckung erfolgt 
durch den Mund, besonders vermittels iufizierter 
Speisen und Getränke. Durch das Trinkwasser 
sind verschiedentlich größere Evidemien, so die in 
HOamburg im Jahre 1892, hervorgerufen. Die 
schweren K. Erseheinungen, die oft in wenigen 
Stunden zum Tode führen, werden durch die 
Giftstoffe, die die Vibrionen ausscheiden, erzeugt. 
Eine Rolle bei der Uebertragung der K. spielen 
die „Bazillenträger“, d. h. Personen, die nach der 
Genesung von der K., oder ohne überhaupt krank 
gewesen zu sein, Bazillen im Darm beherbergen 
und ausscheiden. 
Die gesetzlichen Maßnahmen gegen die Verbrei- 
tung der K. cn# v. 39. 6. ) nolst Anw des 
BR v. 28. 1. Ol und Ausf Bestimmungen in 
Preußen v. 12.9.04) gipfeln in der Anzeige jedes 
K.= und Verdachtsfalls, Ermitllung durch den be- 
amteten Arzt, Absonderung aller Kranken und 
Verdächtigen, Desiufek tion. Ta erfahrungs- 
gemäß die Cholera besonders leicht durch den 
Schiffsverlehr verbreitet wird, sind beisondere 
(Grundsätze für die Ueberwachung des Vinnen- 
schiffahrte= und Flößereiverkehrs aufgestellt (An- 
lage 9 der Anw des Bi v. 28. 1. 040. Ucber 
internationale Abmachungen vall. K5. Einzelne 
Verordnungen in Preußen regeln die gesundheits- 
polizeiliche Kontrolle der cinen preußischen Hafen 
anlaufenden Seeschisse (Pol B# v. 23. 4. O0, Min E 
v. 23. 4. 01). 
b) Der Aussatz (Lepra) war bis in das 
17. Jahrhundert eine auch in Deutschland noch 
häufig vorkommende und unzählige Opfer fordern- 
de Seuche, während er in der neueren Zeit bis 
auf vereinzelte un Nordosten Deutschlands an der 
russischen Grenze zur Bcobachtung kommende 
Fälle bei uns nicht mehr heimisch ist. Der Erreger 
der K. ist bekannt. Die K. gilt als unheilbar. Die 
besonderen gesetzlichen Maßuahmen zur Be- 
lämpfung der Seuche (Anw des Bv. 28. 1. 04, 
Preuß. Ausf. Vorschriften v. 12. 9. 04) bestehen 
darin, den Kranken gehörig abzusondern, ihm Ver- 
lehrsbeschränkungen aufzuerlegen und ihn ständig 
zu überwachen. In Preußen soll in der Regel 
die Ueberführung aller leprakranken oder verdäch- 
Krankheiten (übertragbare) 
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tigen Personen in das für diese Zwecke erbaute 
Lepraheim bei Memel, in dem 24 Kranke Ver- 
sorgung finden, erfolgen. 
c) Das Gelbfieber ist bisher aus seiner 
Heimat Mittel- und Südamerika nur selten nach 
Europa verschleppt und in Deutschland noch nicht 
beobachtet worden (unten # 5). Für den Fall 
des Auftretens kommen die Vorschriften des RSe 
zur Anwendung. 
d) Das Fleckfieber, eine in Deutschland 
früher häufigere, sehr gefährliche K. (als Hunger- 
und Kriegstyphus bekannt), deren Erreger noch 
nicht bekannt ist, kommt jetzt nur noch selten und 
dann meist in den östlichen Leilen Preußens durch 
Einschleppung aus Rußland vor. Die besonderen 
Maßnahmen sind in der Anw des BR v. 28. 1. 04 
und den preußischen Ausf. Vorschriften v. 12. 9. 04 
enthalten. 
c) Die Pest, in früheren Jahrhunderten weit 
verbreitet, auch in Europa häufiger vorkommend, 
dann fast ganz unbekannt geworden, hat in neuester 
Zeit aus dem inneren Asien wieder andere Länder 
ergriffen, besonders auf dem Seewege. In 
Deutschland sind bisher nur ganz vereinzelte Fälle 
vorgekommen. Der Pesterreger, ein Bazillus, ist 
bekannt. Bei der Uebertragung der K. spielen die 
Ratten eine große Rolle (unten §D0. In der 
Anw des BRl v. 28. 1. 04 und der preuß. 
Ausf. Vorschrift v. 26. 11. 02 wird besonders auf 
die Ueberwachung der einen deutschen Hafen an- 
laufenden Seeschiffe und die Vertilgung der 
Ratten hingewiesen. 
Weilere Vorschrifien finden sich für Preußen in dem 
Miné v. 31. 7. 95, 11. 2. 98 und 7. 8. 01, für Mecklenburg- 
Schwerin in den Vv. 15. 5.5 und 10. 5. 98, für Oldenburg 
in der Bek des Min v. 17. 6. 96 und 18. 6. 98, für Hamburg 
in der Bek v. 20. 9. 95 und 18. 4. 93, für Lübeck in den V 
v. 21. 9. 99 und 29. 1. 98, für Bremen in den Bek v. 17. 
5. 96 und 3. 6. 98. 
k) Die Pocken, die früher auch in Deutsch- 
land unzählige Opfer forderten, sind mit Einsüh- 
rung des Impfzwanges (1874) bei uns so erheblich 
zurückgegangen, daß sic nur noch vereinzolt, und 
dann meist bei Personen, die aus dem Auelande 
ohne Imvpfzwang herüberkommen, bevbachtet 
werden. Der Erreger der K. ist noch unbekannt, 
an der enormen Infektiosität der Pocken ist aber 
nicht zu zweifeln. Die Maßregeln zur Beküämpfung 
der K. sind in der Auw des BM v. 28. 1. 04 nebfst 
den dazu erlassenen Ausf. Vorschriften enthalten. 
Als wirisamste Vorbeugungsmaßregel ist die 
Schutzimpfung anzusehen (A Impfungl. 
6) Eine reichsgesetzliche Regelung hinsichtlich der 
Anzeigedflicht ist durch Bek des RK v. 28. 9. 09 
nachträglich auch auf den Milzbrand ausge- 
dehnt. Diese stellt eine Tier K. dar, dic leicht auf 
den Menschen übertragen wird und als lokale 
oder Allgemeinerkraukung verläuft. Dadurch, daß 
der Milzbranobazillus Dauerformen (Sporen) von 
besonderer Widerstandsfähigkeit bildet, kommt es 
bei der Bearbeitung von Häuten an Milzbrand 
verendeter Tiere und dgl. auch nach längerer 
Zeit noch zu Infektionen. Eine Bek des BR. 
v. 28. 1. 99 (NG Bl 5) gibt deshalb Vorschriften 
über den Vetrieb von derartig gefährdeten An- 
stalten. Im übrigen enthält die Preußische Son- 
deranweisung v. 30. 8. 06 die zur Betämpfung 
der K. erforderlichen Maßnahmen. I“. ieh- 
seuchen!.
	        
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