Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

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auch die LR aus Beamten für Heereszwecke zu 
allgemeinen Beamten für Finanzen, Polizei und 
Wirtschaftspflege und ihr anfänglich nur begrenzter 
Geschäftskreis erweiterte sich bei zunehmender 
Staatstätigkeit zu einem immer umfangreicheren 
Arbeitsfelde. Die (heutigen) LR wurden anfäng- 
lich „Kreisdirektoren" genannt (16.41), während 
als LR die zu der Zentralverwaltung herange- 
zogenen ständischen Beamten bezeichnet waren. 
Die letzteren verschwanden mit Abnahme des 
ständischen Einflusses in der zweiten Hälfte des 
17. Jahrhunderts. In Pommern, wo diese LR 
gewählt, nicht von dem Kurfürsten berufen wa- 
ren, hatten sie sich länger behauptet und hier 
wurden ihnen die K Direktorengeschäfte über- 
tragen. Im Jahre 1701 wurde dann der herge- 
brachte und vornehmere Titel „Landrat“" auch den 
K Direktoren in den übrigen Landcsteilen ver- 
liehen. 
Im 18. Jahrhundert wurde der LRN bei 
immer eingehenderer Pflege der wirtschaftlichen 
Interessen durch den Staat aus einem Vertreter 
der Stände mehr und mehr zu einem Werkzeuge 
des Pol Staats. Friedrich Wilhelm I. und Friedrich 
der Große schätzten die Bedeutung des LRAmtes 
sehr hoch. Sie erkannten das Vorschlagsrecht der 
Stände an, waren aber gleichwohl darauf bedacht, 
daß nur geeignete und ihren Absichten entsprechen- 
de LRNR berusen wurden. — In dieser Gestaltung 
wurden die KEinteilung und das LNAmt in die 
später erworbenen Landesteile eingeführt, in 
Minden, Ravensberg, Teklenburg und Lingen 
1734, in Schlesien 1741, in Ostpreußen 1751, in 
Kleve und Mark 1753 und in Westpreußen mit 
Ermland 1772. 
Im 19. Jahrhundert hat sich das LRAmt 
trotz der Umwälzungen, die das wirtschaftliche 
Leben und die ständischen Einrichtungen inzwischen 
Kreis (Preußen) 
  
  
Berufung der LRN näher geregelt. Die Vertretung 
erfolgte durch K Tage, die aus drei Ständen, den 
Rittergutsbesitzern und den Abgeordneten der 
Städte und der Landgemeinden zusammengesetzt 
waren. Die K Tage sollten den K als Verband 
vertreten und die K Verwaltung des LR begleiten 
und unterstützen. Bei Besetzung der LN#lemter 
konnten die KTage — soweit das Recht nicht 
verfassungsmäßig den Rittergutsbesitzern zustand 
— drei Personen der Regierung präsentieren. 
Sie waren dabei auf die im K ansässigen Ritter- 
gutsbesitzer beschränkt; nur in den beiden westliche- 
ren Provinzen durften auch die sogenannten 
Notabeln berücksichtigt werden. Soweit die Vor- 
geschlagenen nicht für dic höhere Verwaltung oder 
Justiz befähigt waren, hatten sie eine Prüfung 
tzu bestehen, von der der König befreien konnte 
(Regl v. 13. 5. 38). 
Die Aufgaben der K Tage erfuhren dann da- 
durch eine wichtige Erweiterung, daß ihnen durch 
im wesentlichen gleichlautende Provinzialgesetze 
die Befugnis beigelegt wurde, Ausgaben im In- 
teresse des K zu beschlioßen und die Eingesessenen 
dadurch zu verpflichten. 
Die K Verfassung beruhte fortdauernd auf stän- 
discher Grundlage und berücksichtigte die mit Viril- 
stimmen versehenen Rittergutsbesitzer unverhältnis- 
mäßig gegen die Städte und Landgemeinden. Sie 
entsvrach daher nicht mehr den veränderten wirt- 
schaftlichen und sozialen Verhältnissen der neueren 
Zeit. Auf Grund der Vl v. 31. 1. 50 a 105 er- 
ging deshalb am 11. 3. 50 eine neue Kreis-, Be- 
zirks= und Provinzialordnung für das gesamte 
orfuhren, in seinen Grundlagen behauptet. Die 
Berufung der LR aus den Eingesessenen und unter 
deren Mitwirkung lag im Geiste des Freiherrn 
von Stein, der neben der wirtschuftlichen Be- 
freiung der Bevölkerung auch deren Anteilnahme 
am Dienste des Staates, insbesondere in der Ver- 
denberg ist seinem großen Vorgänger zwar auf 
dem Wege der Befreiung der Bevölkerung gefolgt, 
Staatsgebiet. Diese entsprach jedoch nicht den 
tatsächlichen Verhältnissen. Durch G v. 24. 5. 53 
ist sie deshalb aufgehoben und der frühere Zustand 
wiederhergestellt worden. Auch in den im Jahre 
1866 erworbenen Landesteilen wurden ähnliche 
Einrichtungen getroffen. 
Eine durchgreifende Acnderung hat erst die 
Kr O v. 13. 12. 72 für die Provinzen Preußen, 
Brandenburg, Pommern, Schlesien 
und Sachsen gebracht. Diese hat die ständische 
· eGrundlageverlassen,indemsicanStcllcderStändc 
waltung erstrebte. Steins Nachfolger, Fürst Har- 
schlug aber, was deren Heranziehung zu den staat- 
lichen Geschäften betraf, entgegengesetzte Bahnen 
ein. Um seine Reformen leichter durchführen zu 
können, erstrebte er in dem sog. Gendarmericedikt 
v. 30. 7. 1812 ein straffes Beamtenregiment und 
eine burcaukratische Einrichtung nach frannsi- 
schem Muster (7 Gendarmerie 2, 1811. Das Edikt 
ist jedoch nicht zur Ausführung gelangt. Dagegen 
sette die V wegen verbesserter Einrichtung der 
  
Provinzialbehörden v. 30. 8. 1815 in §§5 33—30 die 
LR als vollziehende Organe der Regierung für 
das gesamte Staatsgebiet ein und grenzte die K 
im Anschluß an den seitherigen Zustand neu ab. 
Der Geschäftskreis der LR wurde durch die Instr 
v. 31. 12. 1816 näher bestimmt. Diese hat zwar auch 
über die Berufung der Landräte Festsetzungen ge- 
troffen, kommt aber dafür nicht in Betracht, da 
sie mangels Kgl Genehmigung kteine Gesetzeskraft 
crlangt hat. 
Erst durch die in den Jahren 1825 bis 1828 für 
die einzelnen Provinzen erlassenen Kreisordnungen 
wurden neben der Vertretung der K auch die 
Vertreter der drei gesellschaftlichen Gruppen, des 
größeren Grundbesitzes und Gewerbebetriebes, der 
Städte und der Landgemeinden setzte und die Ver- 
tretung der beiden letzteren zu der des ersteren 
in ein angemesseneres Verhältnis brachte. Zugleich 
führte sie an Stelle der gutsherrlichen Polizci 
ehrenamtlich berufene Amtsvorsteher (# Amtsbe- 
zirke! und an Stelle der Erbschulzen gewählte 
Gemeindevorsteher ein. Durch diese Hinein- 
ziehung der Orts Pol Behörden und Landgemein- 
den ging sie über ihr eigentliches Gebict hinaus; 
ihre auf Landgemeinden bezüglichen Bestim- 
mungen sind indessen durch die LGO v. 3. 7. 91 
ersetzt worden (I Gemeinde 2 S 40 f, 55 fl. 
In den Küusschüssen (§ 3) hat die rO weiter ein 
Organ geschaffen, das neben der Verwaltung der 
Vermögensangelegenheiten der K auch zu Ge- 
schäften der allgemeinen Landesverwaltung be- 
rusen worden ist. Die KrO ist später durch das 
Gv. 19. 3. 81 abgeändert und in der veränderten 
Form neu verösffentlicht (GS 180). 
In die übrigen Provinzen sind dann 
ähnliche Bestimmungen durch besondere KrO ein- 
geführt, für Hannover v. 6. õ. 84 (GS 181), für 
Hessen-Nassau v. 7. 6. 85 (G 193), für West-
	        
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