Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Kriegssanitätswesen 
— Kriegsschäden 
  
(Hamburg öfters); auch v. Winterfeld, Gesch. des 
Ordens der Johanniter, 1859; Herrlich, Die Balley Bran- 
denburg, 1901.— 4. Ueber Genfer Konvention: Meurer, 
Die G. Konv., 1907: Moynier, La crolr rouge (deutsch 
v. Stange, 1882). Weitere Schriften bei v. Liszt, Völker- 
recht-, 1910, 4 40 V. — 5. Zeitschriften: Bulletin intern. des 
sociétés de secours. Kriegerbeil. Deutscher Frauenverband 
w. Johanniterordensblatt (53. Jahrg., 1912). 
v. Kirchenhbeim. 
Kriegsschäden 
I. K. sind die Vermögenseinbußen, die der 
Einzelne oder Gemeinden durch den Krieg, ins- 
besondere durch feindliche Maßregeln, wie Beschie- 
ßung, Plünderung, Blockade usw. erleiden, ohne 
daß dadurch zum Kriegsaufwande beigetragen 
wird. Diese letzte Einschränkung unterscheidet die 
K. von den Kriegslasten [UMilitärlastenl. 
Auch diejenigen Beschädigungen, die von den 
eigenen Truppen herrühren, sind als K. zu be- 
trachten (A. M. Brockhaus RL. 2, 583). Es geht 
dies deutlich aus § 35 des R v. 13. 6. 73 hervor. 
Dieses Gesetz bezieht sich lediglich auf die Kriegs- 
leistungen; für diese wird nach den gesetz- 
lichen Bestimmungen Entschädigung gewährt; 
hinsichtlich der Kriegs schäden dagegen besteht 
für den Staat keine Verbindlichkeit zum Ersatze. 
Dieselben sind als „zufällige“ im rechtlichen Sinne 
angesehen. Es ist jedoch vorbehalten, durch jedes- 
maliges Spezialgesetz des Reichs die Entschä- 
digung zu regeln 1. für alle Leistungen, durch die 
einzelne Bezirke, Gemeinden oder Personen (d. h. 
auch Personenverbände) außergewöhnlich belastet 
werden. 2. Für alle durch den Krieg verursachten 
Beschädigungen an beweglichem und unbeweg- 
lichem Eigentum, die nach den Vorschriften des 
Kriegsleistungsgesetzes nicht oder nicht hinreichend 
entschädigt werden. 
Der Begriff der K. kann jedoch noch weiter 
gefaßt werden, indem man ihn auf die persön- 
lichen Verhältnisse ausdehnt, während der §# 35 
des Kriegsleistungsgesetzes offenbar nur die sach- 
lichen Schäden im Auge hat. Zenes ist z. B. ge- 
schehen durch das R v. 14. 6. 71, wonach den 
aus Frankreich ausgewiesenen Deutschen 
Beihilfen gewährt werden sollen, und durch das 
RG v. 22. 6. 71, das den Bundesregierungen eine 
Summe zur Verfügung stellte, um aus derselben 
nach Bedürfnis den durch die Einziehung 
zur Fahne in ihren Erwerbsverhältnissen be- 
sonders schwer geschädigten Angehörigen der Land- 
gerlichen Berufs nach Möglichkeit zu erleichtern. 
(In bezug auf Versorgungsansprüche pflegt man 
nicht von Kriegs-, sondern nach der gesetzlichen 
Ausdrucksweise von „Dienstbeschädigung“ zu spre- 
chen (+J Militärversorgung.. 
Neuerdings wird der Ausdruck „Kriegsschäden“ 
noch in einem besonderen Sinne gebraucht. Wäh- 
rend früher schon die Feuerversicherungsgesellschaf- 
ten usw. von K. in dem bisher erörterten Sinne 
sprachen, findet man jetzt den Begriff der K. auch 
in den Statuten der Lebensversicherungsgesell- 
schaften. und zwar dahin festgestellt, daß darunter 
Todesfälle zu verstehen sind, die unter den Kriegs- 
beteiligten während des Kriegs oder (binnen einer 
bestimmten Frist) nach Friedens chluß infolge einer 
  
— 
  
im Kriege erlittenen Verletzung oder im Felde 
zugezogenen Krankheit eintreten. Inwieweit hier- 
für die Versicherungsgesellschaften eintreten dürfen, 
ohne ihre nicht wehrpflichtigen Mitglieder zu schä- 
digen, ist zur Zeit eine sehr bestrittene Frage. 
II. Die Vergütung der sachlichen 
Kriegsschäden erfolgte nach dem Kriege 
von 1870/71 unter folgenden Gesichtspunkten: 
1. Vergütung wird gewährt für alle Schäden 
durch Beschießung oder Brandlegung zu militä- 
rischen Zwecken im Deutschen Reiche, einschließlich 
der erst infolge des Krieges hinzugekommenen Ge- 
biete und ohne Rücksicht darauf, ob der Schaden 
von deutschen oder französischen Truppen verur- 
sacht worden. 2. Die Vergütung für zerstörte 
Immobilien und Mobilien erfolgt nach dem vollen 
Werte. Bei Beschädigung wird für die Werts- 
verminderung Ersatz geleistet. 3. Für Verluste, die 
durch Versicherung gedeckt sind, wird keine Ent- 
schädigung gewährt. 4. Bei Entschädigung für 
Mobilien kommt die Staatsangehörigkeit des Be- 
schädigten in Betracht, nicht bei Immobilien. 
Doch kann in letztem Falle Sicherheitsleistung we- 
gen Verwendung der Entschädigungsgelder zur 
Wiederherstellung des Gebäudes usw. verlangt 
werden. 5. Sehr eingehende Regelung durch be- 
sonderes Gesetz erfuhren die Entschädigun- 
gen der Reederei. Es wurde sowohl den 
Reedern und Ladungseigentümern der vom Feinde 
genommenen Schiffe bezw. Ladungen der Wert 
derselben vergütet, wie den Reedern, Ladungs- 
eigentümern und Schiffsbesatzungen Ausgaben 
und Verluste, welche erweislich durch die Auf- 
bringung der Schiffe erwachsen (wie Hafengelder, 
Heuer der Besatzungen für die Zeit der Gefangen- 
haltung, Prämien usw.) ersetzt, auch für die Dauer 
eines gezwungenen Aufenthalts in außerdeutschen 
Häfen eine Entschädigung zugebilligt. 6. Ueber die 
zu gewährenden Entschädigungen wurde in jedem 
einzelnen Falle durch eine besondere, von der Lan- 
desregierung bezw. für die Reederei-Entschädi- 
gungen vom BR ernannte Kommission entschieden. 
Die Frage nach der Bedeutung der K. für das 
Verhältuis von Pächtern, Mietern usw. ist privat- 
rechtlicher Natur. Immer ist festzuhalten, daß K. 
„Unglück, nicht Unrecht“ sind (Bluntschli), eine 
Rechtsforderung auf Schadenersatz also nicht be- 
steht. Hier gilt kein Verwaltungsrecht mehr, wie 
bei den Kriegsleistungen, aber Billigkeit wird da- 
für sprechen, daß den Betroffenen beigestanden 
werde. Der Rechtsweg gegen den Staat ist, wie 
sich aus obigem ergibt, ausgeschlossen (vgl. Rönne, 
preuß. StR.“ 1, 493 (nicht 5. Auflage). 
wehr und Reserve die Wiederaufnahme ihres bür- 
Ouellen: RG#v. 13. 6. 73 1 35. Drei R v. 14. 6. 71 
(KGBl S277, 19, 53), R v. 22. 6. 71 u. 23. 2. 74; Ausf. 
Best. d. BR v. 29. 3. 74 (R3Zl 131 ffn lzum Bergleich: 
französ. G v. 6. 9. 71, 7. 4. 73, 28. 7. 74, 16. 6. 75, 16. 8. 76). 
Lüteratur: Rechtslexikon 2, 583; Aeltere Literatur 
in Rönne 1, 706; Zacharigae, StaatsR" 589 ff; 
Kirchenheim, Staate R 433 N. 2; Laband 8, 290 
(wenig); G. Meyer, StR. 827 a 14; Anschütz, Verwurch 
5, 71—05. Das Veste bei O. Mayer, Verw 2, 365.— Vgl. 
Feraud Giraud, Du secours en raison des domma- 
ges causés par la guerre und die Aktenstücke in Bd. 4 u. 5 
des amil. Recucil des traités, conventions lois, déercts etc., 
relatifs à la paix avec LAllemaguc, Paris 1872—79. 
v. Kirchenheim.
	        
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