Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Kriminalpolizei 
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dessen Verlesung in der Hauptverhandlung vor 
Gericht indes nicht statthaft ist, sofern daraus nicht 
etwa Vorhaltungen zur Unterstützung des Ge- 
dächtnisses angezeigt erscheinen. 
#* 5. Besondere Amtshandlungen. Zur Aus- 
führung ihrer Maßnahmen sind der K. durch die 
St PO sowohl gegenüber den Verdächtigen wie 
dritten Personen Zwangsbefugnisse bei- 
elegt. 
s 8 Das Vernehmungsrecht ist der 
Pol mit der Pflicht, strafbare Handlungen zu er- 
forschen (S 161, 1 St PO), verliehen, aber unter 
Ausschluß der Beeidigung. Ihre Befugnis, Ver- 
dächtige und Zeugen durch Exekutivstrafen zum 
Erscheinen und Aussagen zu zwingen, läßt sich 
aus der St PO nicht herleiten; doch sind landes- 
gesetzliche Vorschriften, die eine solche Pflicht zum 
Erscheinen und zur Auskunftserteilung vor der 
Pol festsetzen, nach RGS#t# 9, 433 gültig. Als solche 
Zwangsmittel sind regelmäßig Geld= und Haft- 
strafen eingeführt; so in Preußen gemäß 
z 132 AL## v. 30. 7. 83 (Bfg Min Inn und 
Justiz v. 21. 5. 92 und 9. 5 96); in Sachsen 
nach § 2 G über die Kompetenzverhältnisse v. 
28. 1. 35; in Württemberg nach G v. 
12. 8. 79; in Baden nach §s 31 PolSt GB; 
in Hamburg nach §920 Gbetr. das Verhältnis 
der Verwaltung zur Rechtspflege v. 23. 4. 79; 
für Elsaß-Lothringen s. 72 Absl des G 
betr. die Gerichtskosten v. 13.3.82. In Bayern 
bestehen solche Zwangsmittel nicht. Beschwerden 
gegen solche Strafen werden — abgesehen von 
Preußen, wo die Staatsanwaltschaft und die 
Justizinstanzen entscheiden — durch die Verw"n- 
stanzen erledigt. Auch die Befugnis der Pole- 
amten, Augenzeugen einer Straftat, die die An- 
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gaben ihres Namens oder Wohnortes verweigern, 
zur Feststellung ihrer Persönlichkeit zwangsweise 
vor die Pol Behörde zu führen, hat das Reichs- 
gericht anerkannt (RoSt 13, 426, Rspr. 8, 390). 
2. Durchsuchung. Näheres Bd. 1, 619. 
3. Beschlagnahme. Näheres Bd. 
S 425, 426. 
4. Eine Festnahme kann von jedermann 
dann vorgenommen werden, wenn der Täter auf 
frischer Tat betroffen oder verfolgt wird und da- 
neben der Flucht verdächtig und der Personlich= 
keit nach nicht bekannt ist (§5 127, 1 StPO). Die 
Polizei= und Sicherheitsbeamten sind auch zur 
vorläufigen Festnahme befugt, wenn Gefahr im 
Verzuge obwaltet, dringende Verdachtsgründe und 
entweder Fluchtverdacht oder Tatsachen vorliegen, 
aus denen zu schließen ist, daß der Angeschuldigte 
Zeugen zur Entziehung der Zeugnispflicht ver- 
leiten werde (X* 112, 1 St PO). "“ Verhaftung. 
Steckbriefe können die Polizei-Behörden 
  
  
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6. Rechtshilse und Anslieferungen. Die Be- 
hörden der deutschen Staaten haben sich in Kri- 
minalsachen gegenseitig Rechtshilfe zu leisten 
(GVG # 157—169; MSt GO # 153). Dem Aus- 
lande gegenüber regelt sich das Rechtshilfenver- 
fahren nach den Staatsverträgen oder nach den 
Grundsätzen des Völkerrechts (Gegenseitigkeit). 
Der diplomatische Weg ist die Regel; für gewisse 
Fälle sehen die Verträge einen direkten Verkehr 
vor. Nur mit Oesterreich-Ungarn ist in der Straf- 
rechtspflege der unmittelbare Schriftverkehr unter 
den Behörden allgemein gestattet. 
Die Auslieferungen auf Grund von Festnahme- 
ersuchen ausländischer Behörden werden von der K vor- 
bereitet. Soweit diese Ersuchen nicht auf diplomatischem 
Wege, sondern unmitielbar eingehen, werden sie darauf ge- 
prüft, ob sie den Auslieferungsverträgen entsprechen oder 
nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit zu erfüllen sind, und 
nötigenfalls durch Rüdfrage festgestellt, ob gerichtlicher 
Haftbesehl besteht und bei Ergreisung ein Aulieferungs- 
antrag zu erwarten sei. Für die Ermittlungen dienen der 
allgemeine Recherchendienst (Taschenfahndungsbücher, Ho- 
tel. und Schiffsrevisionen, Bahnhofsvigilanzdienst, die 
Kontrolle in den Auswandererhallen uswy), die Register des 
Meldeamts (Melde-, Hotel-, Herbergs= und Auswanderer- 
register) und lokale Nachsorschungen. Im Falle der Ermitt- 
lung wird die verfolgte Person sestgenommen, zur Sache 
gehört und nach Feststellung der Identität und der Staats- 
angehörigteit bis auf weiteres in Pol Gewahrsam abge führt. 
Die ersuchende Behörde wird telegraphisch benachrichtigt 
und um gerichtliche Bestätigung der Inhafthaltung und Zu- 
sicherung des Auslieferungsantrages ersucht. Gloeichzeitig 
wird die Gesandtschaft oder das Konsulat des ersuchenden 
Staates sowie die zuständige Dienststelle der einheimischen 
Regierung (Min Inny schriftlich von der Festnahme in Kennt- 
nis gesetzt. Nachdem die Ausliefserung von dieser Stelle 
und der Durchtransport von den beteiligten Bundesstaaten, 
genehmigt worden ist, veranlaßt die Polmehörde den Trans- 
port, und zwar in der Regel unter Benutzung des Sammel- 
trausports. Soweit eine Kostenerstattung verlangt werden 
lann (Cesterreich Ungarn und Rußland), werden die Kosten 
1., 
mittels Forderungsnachweises gelegentlich des Sammel- 
transports erhoben. Tie beschlagnahmten und die ceigenen 
Sachen der auodgelieserten Person werden durch den Leiter 
des Sammeltransportes mit abgeliefert. 
Weiicres 7 Auolie ferung. 
§ 7. Hilfomittel. Es ist selbstverständlich, daß 
die moderne großstädtische K. über Telegraph, 
Telephon und Fahrräder verfügt, Fachzeitschrif- 
ten, Pol lätter (s. unten Literatur) hält, die 
Zeitungsmitteilungen verfolgt, eine kriminalwis- 
senschaftliche Bibliothek und eine photographische 
Anstalt besitzt. Falls. wie in Hamburg, größere 
Spuren der Tat vernichten oder daß er Zeugen 
oder Mitschuldige zu einer falschen Aussage oder 
nur erlassen, wenn ein Festgenommener aus · e. te H 
entfremdeten Gegenstände. Die „Laufzettel“ be- 
dem Gefängnisse entweicht oder sonst sich der 
Bewachung entzieht (5 131, 2 St PO). 
Die Sicherheitsbeamten eines Bundesstaates 
sind ermächtigt, die Verfolgung eines Flüchtigen 
auf das Gebiet eines anderen Bundesstaates fort- 
zusetzen und den Flüchtigen daselbst zu ergreifen 
(sog. Nacheilqh. Der Ergriffene ist unverzüg- 
lich an das nächste Gericht oder dic nächste Pol Be- 
Wasserflächen ihrem Gebiete angehören, bedarf 
die K. auch der Fahrzeuge, elektrischer oder Dampf- 
barkassen. Die „Tagesberichte“ unterrichten den 
Beamten über die wichtigeren kriminellen Ereig- 
nisse des letzten Tages. Das „Designationsbuch“ 
gibt Auskunft über dic durch strafbare Handlungen 
nachrichtigen die Gewerbetreibenden und sonstige 
Interessenten von abhanden gekommenen Sachen. 
Die „Fahndungsbücher“ enthalten die steckbrief- 
lich und sonst gesuchten Personen. In den letzten 
Jahren sind in den Dienst der K. auch die Poli- 
hörde des Bundesstaates, in welchem er ergriffen 
wurde, abzuführen (X 168 GVeG). 
zeihunde eingestellt, deren vorzüglichem Ge- 
ruchssinne schon die Aufdeckung mancher Straftat 
und die Ermittlung manchen Täters zu verdanken 
ist; in erster Linie kommen für diesen Zweck in
	        
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