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Frage der deutsche Schäferhund, der Airedale, der
Dobermannpinscher und seit jüngster Zeit auch
der Rottweiler. Wünschenswert für den Kriminal-
beamten in größeren Städten ist auch die Kennt-
nis der Gaunersprache, des sog. Rot-
welsch, eines eigentümlichen Sprachgemisches mit
arker Beimengung jüdischdeutscher Worte. Es
ist für die K., wenn sie den an sie gestellten An-
forderungen gerecht werden soll, aber auch uner-
läßlich, den Fortschritten der Erfindungen und der
Entdeckungen namentlich auf den
technischen Gebieten zu folgen, derer
sich die Verbrecher naturgemäß schnell bemächtigen
(Methoden, Geldschränke zu erbrechen oder zu
sprengen, falsche Münzen und Urkunden herzu-
stellen, Altertümer und Handschriften nachzu-
machen usw.). Derartige Lehrmittel finden sich
meistens im Kriminalmuseum bvbereint:
Proben der Gifte, Abbildungen der Giftpflanzen,
Spuren von Menschenblut auf den verschiedensten
Stoffen, Gipsabdrücke von Fuß= und Handspuren,
Hieb-, Schlag= und Stichwaffen mit Darstellungen
der durch sie hervorgebrachten Verletzungen, Ein-
bruchwerkzeuge, falsche Würfel und gezinkte Spiel-
karten, sog. Neppersachen, Wilddiebwerkzeuge usw.
Hierher gehört auch das Kriminalalbum,
das die besonders bemerkenswerten und lehrreichen
Kriminalereignisse und hervorstechende Persön-
lichkeiten bildlich wiedergibt tüber das Ver-
brecheralbum unten & 8). Außerdem enthält
das Kriminalmuseum auch eine Sammlung von
Gegenständen, die in besonders interessanten oder
großen Fällen benutzt worden sind; sie wird zweck-
mäßig geteilt nach Vermögensdelikten, Lebens-
und Gesundheitsdelikten, Fälschungen, Sittlich-
keitsverbrechen usw.
8. Erkennungsamt. Außer diesen allgemeinen
Hilfsmitteln sind weitere besondere Einrichtungen
zur Ueberführung des Täters und zur Feststellung
seiner Persönlichkeit nötig, die zum Erkennungs-
amte zusammengefaßt zu werden pflegen.
Unentbehrliche Unterlage für diese Zwecke ist
das „Generalkartenregister", das auf alphabetisch
geordneten Einzelkarten die kurzen Personalien
aller mit der K. in Berührung gekommenen und
verdächtigten oder sie sonst interessierenden Per-
sonen nebst der Nummer ihrer Personalatten ent-
hält. Das „Kennzeichenverzeichnis“ führt, nach
Körperteilen geordnet, die besonderen Merkmale
(Tätowierungen, Verkrümmungen, Verstümme-
lungen, Flecke, Warzen und sonstige Abnormitäten)
auf. Das „Rufnamenverzeichnis“ enthält unter
den alphabetisch geordneten Vornamen die be-
kannten Verbrecher aufgeführt, welche diese Na-
men als Vornamen tragen. Das „Spitznamen-
verzeichnis“ stellt in ähnlicher Weise die den Ver-
brechern beigelegten Spitznamen zusammen. Ein
anderes Verzeichnis umfaßt die internatio-
nalen Verbrecher mit kurzem Hinweis auf
die Art ihrer Tätigkeit. Die Handschriften-
sammlung,, die zur Ermittlung der Herkunft
der bei Begehung von Straftaten benutzten Schrift-
stücke bestimmt ist, enthält die Schriftstücke von
Verbrechern, namentlich der Urkundenfälscher,
Erpresser, Betrüger usw. In der Ph
Kriminalpolizei
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oto-
graphiesammlung finden sich die Bilder
der Personen, die in Anlaß eines hinreichenden
Verdachts photographiert worden sind.
Verbrecheralbum dagegen nimmt nur die
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Photographien der rechtskräftig verurteilten Per-
sonen auf; es wird in Einzelteile zerlegt, nach
Männern und Frauen getrennt und nach Delikten
geordnet. Die Photographien werden in ½ der
natürlichen Größe von vorn und von der Seite
hergestellt und nicht mit Namen, sondern mit
Zahlen versehen. In dem Tatspurenal-
bum sind die Tatorte, Tatspuren, Werkzeuge und
sonstige Momente photographisch wiedergegeben,
die für den Nachweis des Befunds und die Ueber-
führung von Bedeutung sind.
Zur Wiedererkennung von Personen bedient
sich die K. auch der Anthropometrie nach
Bertillon; sie beruht auf der Beobachtung, daß
gewisse Körpermaße (Rörperlänge, Armspann-
weite, Sitzhöhe, Kopflänge, Kopfbreite, Jochbein-
breite, Ohrlänge, Fingerlänge, Fußlänge, Unter-
armlänge) bei den einzelnen Individuen außer-
ordentlich variieren und bei Erwachsenen sich nicht
mehr verändern. Nach diesen Maßen werden die
anthropomctrischen Meßkarten geordnet; beson-
deren Wert erhalten sie dadurch, daß sie auch die
besonderen Kennzeichen der gemessenen Person
aufführen. Die Anthropometrie ist in den letzten
Jahren zwar in den Hintergrund gedrängt, aber
doch nicht völlig ausgeschaltet durch die Dakty-
loskopie. Diese besteht in der durch Abdruck
bewirkten Aufnahme der an den Fingerspitzen be-
findlichen Papillarlinien, die bei den Menschen
sehr verschieden gebildet und unveränderlich sind.
Nach sinnreichen Systemen (Galton-Henry, Ro-
scher, Vucetich), die die Papillargebilde in die
großen Gruppen der Bogen, Schlingen, Wirbel
und gemischten Formen teilen, ist das Auffinden.
der daktyloskopischen Blätter der Einzelperson so
zuverlässig, daß jeder schon Gemessene gefunden
und wieder erkannt werden muß.
Die Berechtigung der K., festgenommene
verdächtige Personen zu photographieren und der
anthropomctrischen Messung (also auch der dak-
tyloskopischen Aufnahme) zu unterziehen, hat das
Reichsgericht (Entsch Str. 32, 199) aus der allge-
meinen Aufgabe der Pol, die nötigen Anstalten
zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit zu treffen,
abgeleitet und anerkannt. Außerdem bestimmt
das R betr. das Urheberrecht usw. v. 9. 1. 07
im §.24, daß für Zwecke der Rechtspflege und der
öffentlichen Sicherheit von den Behörden Bild-
nisse ohne Einwilligung des Berechtigten sowie des
Abgebildeten oder seiner Angehörigen vervielfäl-
tigt, verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt
werden dürfen. ·
Literatur: Nur auf die Hauptwerke ist hingewie-
sen, denen die Sosteme und Kommentare für Strafrecht
und Strafprozeß hinzutreten.
Allgemeines: Avé--Lallemant, Das deut-
sche Gaunertum, 1862; Stieber, Praktisches Lehrbuch
der K., 1860; Kriminalistische Streiszüge, Berlin Siegis-
mund, 1894; Simons, Die Aufgabe der K., 1900; Lö-
wenstein, Kriminalistische Studien, 1901: Genzmer,
Tätiakeit der Polizei in Strassachen, 1900; Wulffen,
O# für den exekutiven Polizei, und Kriminalbeamten, 1905;
Die zusammenfassenden hervorragenden Arbeiten von
Groß, HB für Untersuchungsrichter, 1908; Die Erfor-
schung des Sachverholts strafbarer Handlungen, 1909;
Gesammelte kriminalistische Aufsätze, 1908. Ferner Wein.
gardt, Kriminaltaktik, 19041; Ortloff, Lehrbuch der
R., 1881, und Die strasbaren Handlungen, 1883; Nice-