Landesgrenze (Aenderungen)
schlechthin, d. h. auch im Verhältnisse zu den Glied-
staaten, dem Kaiser überlassen ist (a 11 RV), weil
sie im Friedensschlusse begriffen sei
(Hänel 1, 545; Laband 1, 201; Rieß, Auswärt.
Hoheitsrechte der deutsch. Einzelstaaten 1905, 74),
ist nicht unzweifelhaft (E. Meier, Staatsverträge
S242, 306; Seydel, RV 36, 161; Zorn 1, 102;
Otto Mayer, Staatsrecht d. Kgr. Sachsen 1909,
23). Bemerkenswertist das Landes Verfassung Gddes
ehem. Kgr. Hannover v. 6. 8. 40 a 1 Abs2, wonach
„Friedensschlüsse und Berichtigungen der Landes-
grenze“ eine Ausnahme von dem Erfordernis der
ständischen Zustimmung bildeten.
3. Für die Schutzgebiete ist die Frage
durch die Abtretung eines Stückes von Kamerun
in dem Marokko-Kongoabkommen mit Frankreich
v. 4. 11. 11 brennend geworden und hat die gesetz-
liche Regelung v. 16. 7. 12 (Rl 443) herbei-
geführt: „Zum Erwerb und zur Abtretung eines
Schutzgebiets oder von Teilen eines solchen bedarf
es eines Reichsgesetzes. Diese Vorschrift findet
auf GBerichtigungen keine Anwendung" (§ 1
Abs 2 Schutzgeb G). GBerichtigung ist hier groß-
zügun zu fassen.
II. Wirkungen der Grenzände-
rung auf die Rechtslage in dem zuge-
schlagenen Gebiete.
Wegen der Staatsangehörigkeit der Insassen
(Option) [Staatsangehörigkeit. Bei
einem Gebietsaustausch innerhalb der deutschen
Gliedstaaten erfolgt jedoch nicht ohne weiteres
ein Wechsel in der Staatsangehörigkeit (das wird
fast durchweg nicht beachtet).
Im übrigen wirken auch GRegulierungen mit
bloß deklaratorischer Bedeutung ex nunc; zweck-
mäßig kann es sein, die Geltung des Rechts des
Stammgebietes bekannt zu machen. Für eigent-
liche GAenderungen ist mit der Formel des „ein-
heitlichen Staatsrechts“ im gesamten Staatsge-
biete nicht viel gewonnen. Die Einfügung in das
verfassungsmäßige Staatsgebiet bringt nur die
Sätze der Vl innerhalb der neuen L zur Gel-
tung. Doch schon die Eingliederung in den Verw-
Organismus stößt auf Schwierigkeiten, die nur
ein positiver Ausspruch lösen kann. Vollends der
Eintritt des neuen Gebiets in die Ordnung des
übrigen Rechts, das in Deutschland eben nicht
einheitlich zu sein braucht, bedarf positiver Rege-
lung. Andernfalls wird durch den Uebergang in
eine andere Staatsgewalt an dem innerhalb des
zugeschlagenen Landes geltenden Rechte nichts
eändert. Das gilt insbesondere auch für das
irchliche Recht.
Ausdrückliche allgemeine Bestimmungen sind
selten. Wo sie aber bestehen, bestätigen sie die hier
vertretene Auffassung.
Für Preußen (im damaligen Umfange)
trifft die Kab O v. 29. 3. 37 (GS 71) folgende
bBestimmung: bei der Feststellung nur verdunkelter
und ungewisser G sind ohne weiteres die preußi-
schen Vorschriften desjenigen Gerichtsbezirkes, dem
der streitige Gebietsteil überwiesen wird, als durch
die ursprüngliche Publikation einge führt zu achten
— bei neu abgetretenen Gebietsteilen haben die
Min der Justiz und des Innern durch Publikan=
dum in den Amtsblättern der betr. Provinz den
Zeitpunkt zu bestimmen, mit dem die preußische
Gesetzgebung eingeführt werden soll. Schon die
Grundlage in dieser Unterscheidung läßt Zweifeln
Raum (vgl. oben I, II 1). Die Staatspraxis ging
denn auch in Preußen zumeist dahin, selbst die Ein-
führung der Verfassung in angegliedertes Gebiet
ausdrücklich auszusprechen (v. Rönne-Zorn 1, 199;
Schwartz, Komm. zu a2 pr. VU). Die Verhand-
lungen im preuß. Herrenhause (1877) zeigen das
Auseinandergehen der Ansichten. Für Hessen
„wird das Staats Min ermächtigt, bestehende Ge-
setze auf Gebietsteile, die dem Staatsgebiete des
Großherzogtums nach dem Erlasse dieser Gesetze
zugetreten sind, auszudehnen“; G v. 30. 12. 04
(Reg Bl 473).
Eine bemerkenswerte Regelung der Uebergangs-
verhältnisse ist in dem Vt v. 8. 1. 12 zwischen
Sachsen-Weimar und Meiningen getroffen. Einen
Ausspruch für den besonderen Fall der Ueber-
nahmepflicht enthält Ziff. 2 des Schlußprot. d.
Eisenacher Konferenz v. 25. 7. 54.
Hubrich, Prinzip der Einheit des inneren preuß.
Staatsrechts (Annalen 1008, S 662, 752); Strupp,
Kab O v. 29. 3. 37 (3 f. Völkerrecht 6. 1912, 83); Arndt,
Erläut. zu a 2 pr. Vll; auch die Literatur über Einge-
meindungen (oben S 46); Die amerikanischen „Inselfälle-
(Kaufmann 12, 203, ferner Wittmaack, Arch OefsfR 29,
1912, 39) betreffen die — keineswegs gleichliegende — Frage
beim Erwerb von Kolonien (7 Schutzgebietel.
§ 5. Verkehr an der Grenze. Aus dem Wesen
der L ergibt sich eine eigentümliche Normierung
des Verkehrs in den GBezirken (auch in den
Kolonien, val. z. B. a V der Uebereink. mit Portu-
gal v. 30. 12. 86). Einige wesentliche Züge:
I. Die Grenze sperrt: Hier vollzieht
sich die Kontrolle über den Eintritt und den Austritt
für das Staatsgebiet. Bestimmend sind nament-
lich polizeiliche, wirtschaftspolitische, sanitäre Grün-
de wie auch politische Rücksichten. Sie bedingen
eine schärfere Aufsicht innerhalb eines geräumige-
ren GGebietes, z. B. für den Aufenthalt von aus-
ländischem Militär, für die Erteilung von Jagd-
scheinen, namentlich aber zur Unterdrückung des
Schmuggels und zum Schutze gegen die Ein-
schleppung von Viehseuchen. Mim einzelnen Ein-
fuhr= und Ausfuhrverbote, Embargo, Ausweisung,
Auswanderung, Landarbeiter, Krankheiten, Paß,
Zigeuner, Zollwesen. Das Vereinsgzollgesetz von
1869 sieht besondere „Kontrollen im Grenzbezirke“
vor (§§ 119—124), läßt vor allem eine Transport-
kontrolle zur Sicherung gegen heimliche Einfuhr
und Ausfuhr zu. Das Hausiergewerbe (Wander-
lager) unterliegt außer besonderer Erlaubnis noch
Beschränkungen, unter Umständen sogar das stehen-
de Gewerbe und der Marktbesuch. Nach dem
Zollkartell mit Oesterreich-Ungarn v. 6. 12. 91
z 8 sollen keine Niederlagen fremder unverzollter
Waren innerhalb des GBezirks geduldet werden.
Durchsuchungen und Beschlagnahmen sind hier
erleichtert (S#§ 126, 148, 157, auch 136 Ziff. 5
V.33G). Im Hinblick auf diese Beschränkungen der
persönlichen Freiheit ist hierfür auch der „Grenz-
bezirk“ genau umschrieben: der zunächst innerhalb
der Zollinie (oben § 2 1 a. E.) belegene Raum,
dessen Breite nach der Oertlichkeit bestimmt wird,
und der von dem übrigen Vereinsgzollgebiete durch
die besonders zu bezeichnende Binnenlinie ge-
trennt ist (§ 16 Abs 3 VG).— Schon das Rinder-
pest G v. 7. 4. 69 & 2 Ziff. 1 sieht die Einführung
einer Rindviehkontrolle im GBezirke vor, darnach
Ursprungszeugnisse für den Rindviehverkehr in
den russischen GBezirken (§ 7 Instr v. 9. 6. 73