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Landtag — Landwirtschaft (A. Arbeiter)
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genommen wird (s. Schwarz, Rechtslehre der
Obstruktion in Grünhuts Z 33, 124).
Literatur: Lukas, Die rechtl. Stellung des P,
1901; Rehm, Art. Wahlsysteme in Elsters Wörterbuch der
Bolkswirtschafte 2; Ders., Abschn. Wahlrecht und Wahl-
verfahren im H der Politik (1912); Jellinek, Anteil
der Ersten K an der Finanzgesetzgebung in den Staattr.
Abhandlungen, Festgabe für Laband 1 (1908); Regierung
und P in Deutschland, 1909; Ausgewählte Schristen und
Reden 2, 181 ff (besondere Staatslehre), 1911; Plate,
Gesch O des preuß. Abgeordnetenhauses, 1903; Perelz,
Das autonome Reichstagsrecht, 1903;:; Rehm, Deutsch-
lands politische Parteien, 1912; Tezner, Die Volks-
vertretung (Oesterreich), 1912. Weitere Lit. bei Abgeord-
nete, Reichstag, Wahlrecht. Nehm.
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Landwirtschaft
A. Landarbeiter S784—738; B. Kreditwesen S 738—747;
C. Unterricht S747—751; D. Berufsvertretungen S751—756.
A. Landwirtschaftliche Krbeiter
+1. Einleitung. 1 2. Preußen. # 8. Ausländische Arbeiter.
4. Bayern. 1 5. Sachsen. # 6. Württemberg. 1 7. El-
saß-Lothringen.
& 1. Einleitung. Im Gegensatz zu Industrie
und Handel entbehrt die deutsche Landwirtschaft
einer besonderen rechtlichen Regelung der privat-
rechtlichen Beziehungen des Landwirts zu seinen
Leuten. Ebensowenig sind die öffentlichrechtlichen
Verhältnisse der Landarbeiter einheitlich oder er-
schöpfend geregelt. Die Gewerbeordnung findet
auf die ländlichen Arbeiter auch dann keine An-
wendung, wenn sie in gewerblichen Betrieben
beschäftigt werden, die dem landwirtschaftlichen
Hauptbetrieb angegliedert sind. Die landwirt-
schaftlichen Nebenbetriebe (Ziegeleien, Mühlen,
Molkereien usw.) teilen rechtlich das Schicksal des
Hauptbetriebes. Auch die zahlreichen Gesinde-
ordnungen der Einzelstaaten können als Quellen
des ländlichen Arbeiterrechts kaum in Frage kom-
men. Als Gesinde (/ sind fast überall nur die-
jenigen Personen anzusehen, welche für bestimmte
Zeit zur Leistung untergeordneier häuslicher oder
wirtschaftlicher Dienste angenommen sind, und
zum Hausstande des Dienstherrn gehören, im
wesentlichen also nur die unverheirateten Knechte
und Mägde. Aus der Gesindeklasse scheiden danach
aus die verheirateten Kontraktsarbeiter, die einen
eigenen Hausstand haben, sämtliche einheimischen
Freiarbeiter (Losleute, Einlieger usw.) und die
fremden Saison= und Erntearbeiter. Diese länd-
lichen Arbeiter, die nicht zum Gesinde gehören,
Landarbeiter im Sinne dieses Artikels, unterstehen
zur Zeit nur in Preußen, Bayern, Sach-
sen, Württemberg und in Elsaß-
Lothringen, in einigen Beziehungen beson-
deren VerwNormen. Baden hat sich solcher
Bestimmungen (nach amtlicher Auskunft) zur Zeit
noch enthalten. Das gleiche gilt abgesehen von
einigen gesundheitspolizeilichen Vorschriften (Blat-
ternimpfung) von Hessen.
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Wegen der Kranken-, Unfall- und Invaliden-
versicherung die hierüber handelnden Artikel.
Ueber das Wohnungswesen!'l vgl. außer
#2 III noch Landwirtschaftliches Kreditwesen II1,
Kolonisation (innere).
# 2. Preußen.
I. Die Zuständigkeit der Ordnungs-
polizei beruht auf der KabO v. 8. 8. 37
(v. Kamptz, Ann. 21, 710) und auf & 174 Ge-
sinde für Neu-Vorpommern und Rügen v.
1II. 4. 45. Die Kab O bestimmt, daß „bei Streitig-
keiten zwischen den Dienstherrschaften und Inst-
leuten in der Provinz Preußen über den An- und
Abzug und über die Erfüllung kontraktmäßig über-
nommener Verbindlichkeiten während des be-
stehenden Dienstverhältnisses die Pol Behörde auf
dieselbe Weise, wie es für die eigentlichen Gesinde-
sachen gesetzlich vorgeschrieben ist, die vorläufigen
Bestimmungen erlasse und mit Vorbehalt des
beiden Teilen zustehenden Antrages auf gericht-
liche Entscheidung zur Ausführung bringe“. In
denselben Fällen beruft die pommersche Gesinde-
ordnung die Pol zur Vorentscheidung für das Ver-
hältnis „der Einlieger, Kätner und überhaupt
solcher Dienstleute, welche von dem Besitzer eines
Landgutes zur Bewirtschaftung desselben gegen
Gewährung einer Wohnung in den dazu gehörigen
Gebäuden und gegen ein im voraus ein= für alle-
mal bestimmtes Lohn angenommen worden sind“.
Diese Vorschrift unterwirft auch nur in herrschaft-
lichen Häusern wohnende Kontraktsarbeiter einem.
Sonderrecht. „Einlieger“ sind hier die kontrakt-
lich gebundenen Landarbeiter, welche den ost-
preußischen Instleuten sehr nahe stehen. „Kät-
ner“ sind nicht die auf freie Landarbeit gehenden
Eigenkätner, sondern die pommerschen Katen-
leute, die gleichfalls zur Gruppe der Instleute ge-
zählt werden können. — Die Zurückführung dieser
Bestimmungen auf das lokale Gesinderecht ergibt,
daß sie die Entscheidung der Streitigkeiten zwischen.
der Dienstherrschaft und den Instleuten Ost= und
Westpreußens sowie den in §&+ 174 genannten
Kontraktsarbeitern Neuvorpommerns und Rügens.
über 1. die Annahme der Arbeiter, 2. den Antritt
des Dienstes, 3. die vorzeitige Entlassung, 4. den
vorzeitigen Austritt, der Pol unter Vorbehalt der
endgültigen richterlichen Entscheidung übertragen.
Weder ist die Pol berechtigt, Lohnstreitigkeiten
oder das Recht zur Zurückbehaltung von Sachen
ihrer Entscheidung zu unterwerfen oder gar gegen
Dritte einzuschreiten, deren Interessen von dem
Dienstvertrag berührt werden, noch hat sie bezüg-
lich anderer Arbeitergruppen überhaupt ein Ent-
scheidungsrecht. Vorbehalten bleibt ihr nur auch
in anderen als den erwähnten Fällen die Pflicht,
die zur Erhaltung der öffentlichen Ordnung not-
wendigen Maßregeln zu treffen und das Recht,
durch gütliche Vermittlung auf die Beilegung von
Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber-
und Arbeitnehmer hinzuwirken. —
II. Einzelheiten (Vertragsbruch):
Weigert sich der Landwirt ohne gesetzmäßigen.
Grund, den Arbeiter anzunehmen oder entläßt
er ihn nach Antritt des Dienstes grundlos, so ist
die Anrufung des Gerichts von der vorherigen
Inanspruchnahme der Pol abhängig, wenn der-
Landarbeiter aus dem vertragswidrigen Verhalten
des Dienstherrn besondere Ansprüche herleitet.
In allen Fällen grundloser Zurückweisung hat er-