das Recht auf polizeiliche Vermittlung ohne Rück-
sicht auf deren prozessuale Bedeutung. Lehnt der
Dienstherr die polizeiliche Vermittlung ab, so ist
die Tätigkeit der Pol beendet. Zwangsmittel darf
sie gegen den Dienstherrn nicht anwenden. Sie
hat auch nicht die Befugnis, die Ersatzpflicht vor-
läufig festzusetzen oder gar einen Betrag zwangs-
weise von dem Dienstherrn einzuziehen. — Wei-
gert sich der Landarbeiter ohne Grund, den Dienst
anzutreten, so hat der Dienstherr die Wahl zwischen
Rücktritt und Schadensersatz. Wählt er Schadens-
ersatz, so muß er den Landarbeiter zunächst durch
die Pol mit Zwangsmitteln zum Dienst anhalten
lassen. Der entlaufene Arbeiter kann
von der Pol durch unbeschränkt wiederholbare
Zwangsmittel zur Fortsetzung des Dienstes an-
gehalten werden. Zuständig ist der Amtsvorsteher,
in dessen Bezirk der Arbeitsvertrag zu erfüllen
ist. Ist dieser durch persönliche Beteiligung be-
hindert, so hat der Kreisausschuß, in Eilfällen
dessen Vorsitzender, den Stellvertreter oder einen
benachbarten Amtsvorsteher mit der Amtsaus-
Übung zu betrauen. Nahe Verwandtschaft zum
Dienstherrn gilt als persönliche Beteiligung. Wenn
nicht gleichzeitig eine Störung der allgemeinen
Ordnung die Pol zum Vorgehen nötigt, darf sie
bei Streitigkeiten zwischen dem Landwirt und
seinen Arbeitern nur einschreiten, wenn sie von
einem der unmittelbar Beteiligten angerufen wird.
Gegen den ablehnenden Bescheid steht dem An-
tragsteller die Aufsichtsbeschwerde zu. Hält die
Pol den Antrag für zulässig und begründet, so hat
sie die andere Partei durch schriftliche Verfügung
(mit Gründen) zur Herstellung eines ordnungs-
mäßigen Zustandes, also je nach Lage des Falles,
zur Annahme oder Wiederannahme des Land-
arbeiters oder zum Antritt oder Wiederantritt des
Dienstes durch ihn anzuhalten. Die Pol ist weder
befugt, dem Betroffenen aufzugeben, bis zu einem
bestimmten Termin im Dienst zu bleiben, noch
etwa das Dienstverhältnis für gelöst zu erklären
oder es gar selbst aufzulösen. Gegen den Land-
arbeiter sind polizeiliche Verfügungen entweder
durch Geldstrafe bis zu 60 Mk. oder Haftstrafe bis
zu 1 Woche oder durch unmittelbaren Zwang zu
vollstrecken. Die Geldstrafe ist schriftlich anzu-
drohen, nach Ablauf der bestimmten Frist festzu-
setzen und im Verw Zwangsverfahren beizutreiben.
Der unmittelbare Zwang soll nur als äußerstes
Mittel zur Anwendung gebracht werden, ist aber
schon dann zulässig, wenn das Unvermögen des
Arbeiters offenkundig oder z. B. wegen dringen-
der Erntearbeit sofortige Vollstreckung geboten ist.
Die Vollstreckung der Verfügung hat zu unter-
bleiben, falls der Vertrag inzwischen gelöst, oder
falls sie durch rechtsgültige Verdingung des Ar-
beiters bei einem Dritten ausgeschlossen ist. Wegen
der Anfechtung 7 polizeiliche Verfügung und Ver-
waltungszwang.
III. Den Massenquartieren der ländlichen
Arbeiter hat die Pol wiederholt ihre Aufmerksam-
keit zugewendet. Die Min für Handel und Ge-
werbe, der geistlichen und Unterrichtsangelegen-
heiten, des Innern und für Landwirtschaft, Do-
mänen und Forsten haben am 19. 3. 01 gemein-
schaftlich Grundzüge einer Pol Verordnung über
die Unterbringung der in landwirtschaftlichen Be-
trieben beschäftigten Arbeiter empfohlen (Hand-
GM. 1901, 16). Diese Maßnahme der Verwe-
Landwirtschaft (A. Arbeiter)
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hörde ist geeignet, auch die privatrechtlichen Ver-
hältnisse der Landarbeiter wohltätig zu beein-
flussen, da die Grundzüge nach einer Entscheidung
des K G v. 17. 4. 02 (K G 24 C 11, 16) dem Richter
eine willkommene Grundlage für die Beurteilung
des privatrechtlichen Anspruchs des Landarbeiters
auf Gewährung einer Freiwohnung bieten.
IV. Als Strafnormen kommen 351 der GesO
v. S8. 11. 1810, das Gv. 24. 4. 54 und §# 59 des
hannoverschen Pol Straf G v. 25. 5. 47 in Be-
tracht. Wegen verweigerten Dienstantritts sind
nur die Instleute Ost= und Westpreußens zu be-
strafen (§ 51 GesO in Verbindung mit der KabO
v. 8. 8. 37). Für die Zeit nach Antritt des Dienstes
ist das G v. 24. 4. 54 die einzige Strafnorm.
Das Gesetz gilt „für den ganzen Umfang des
Staats mit Ausnahme der hohenzollernschen
Lande.“ In die seitdem erworbenen Landesteile
ist es abgesehen von dem früher zur Landgrafschaft
Hessen-Homburg gehörigen Oberamt Meisenheim
und der ehemals bayerischen Enklave Kaulsdorf
nicht eingeführt worden. Die für Schleswig-
Holstein und Hessen--Nassau ergangenen Straf G
v. 6. 2. 78 und 27. 6. 86 erstrecken sich nur auf das
Gesinde, nicht auf die Landarbeiter. Dem Gesetz
von 1854 unterstehen nur 1. „Dienstleute, welche
gegen Gewährung einer Wohnung in den dem
ienstherrn gehörigen oder auf dem Gut befind-
lichen Gebäuden und gegen einen im voraus be-
stimmten Lohn behufs der Bewirtschaftung ange-
nommen sind (Instleute, herrschaftliche Tage-
löhner, Einlieger, Katenleute und dgl.)“, 2. „solche
Handarbeiter, welche sich zu bestimmten landwirt-
schaftlichen oder forstwirtschaftlichen Arbeiten, wie
z. B. Erntearbeiten auf Acker und Wiese, Melio-
rationsarbeiten, Holzschlagen usw. verdungen
haben.“ Es bedroht die Dienstuntreue und die
Vereinigung der genannten Landarbeiter unter
bestimmten Voraussetzungen mit Strafe. Als
Dienstuntreue wird mit Geldstrafe bis zu 15 Mk.
oder Haftstrafe bis zu 3 Tagen bestraft: „hart-
näckiger Ungehorsam“ oder „Widerspenstigkeit"
gegen die Befehle des Dienstherrn oder der von
ihm bestellten Aufsichtsperson sowie das „Ver-
sagen oder Verlassen des Dienstes ohne gesetz-
mäßige Ursache“. Die Verfolgung tritt nur auf
Antrag der Herrschaft ein. Die Antragsfrist be-
trägt 14 Tage seit Verübung der Uebertretung.
Das Antragsrecht erlischt spätestens mit der Ent-
lassung.
V. Bezüglich der Stellenvermittlung [I
ist hervorzuheben: die Vermittler haben sorgfältige
Erkundigungen über die Dienstverhältnisse der
Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuziehen und
jede Vermittlung von Stellen, deren Dienst= und
Arbeitsverhältnisse ihnen nicht bekannt sind, abzu-
lehnen. Sie dürfen kontraktbrüchigen Arbeitern
und ausländischen Arbeitern, die sich nicht im Be-
sitz einer ordnungsmäßigen Inlandslegitimations-
karte befinden, keine Dienstleistung gewähren. Für
Landarbeiter, denen sie bereits eine Stelle ver-
schafft haben, dürfen sie vor Ablauf des ersten
Kündigungstermins nur dann erneut vermittelnd
tätig werden, wenn ein gesetzlicher Grund für das
vorzeitige Verlassen der Stelle klar nachgewiesen
wird. Zuwiderhandlungen werden mit Geld-
strafe bis zu 150 Mk. oder mit Haft geahndet
(5 13 des Stellenvermittler G v. 2. 6. 10). Ar-
beitgeber sind wegen Anstiftung zur Dienstuntreue