Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

strafbar. Erfolglose Anstiftung der Landarbeiter 
bleibt straflos. Die Anstiftung der Stellenver- 
mittler zur Einwirkung ist strafbar auch wenn die 
Einwirkung ohne Erfolg bleibt. — Das Gesetz von 
1854 bedroht die ihm unterworfenen Landarbeiter 
mit Gefängnisstrafe bis zu 1 Jahr, wenn sie 
„die Arbeitgeber oder die Obrigkeit zu gewissen 
Handlungen oder Zugeständnissen dadurch zu be- 
stimmen suchen, daß sie die Einstellung der Arbeit 
oder die Verhinderung derselben bei einzelnen 
oder mehreren Arbeitgebern verabreden oder zu 
einer solchen Verabredung andere auffordern. — 
Nach § 59 des hannoverschen PolStrafgesetzes 
haben alle Landarbeiter Gefängnis (jetzt Haft) 
bis zu 4 Wochen oder Geldstrafe bis zu 150 Mk. 
verwirkt, „welche, um Forderungen durchzusetzen, 
die Einstellung . . ihrer Arbeit verabreden, 
dazu auffordern oder damit bedrohen, wenn sie 
nicht auf Befehl der Obrigkeit zur Ordnung zurück- 
kehren" (sKoalitionsrechtl. 
s 3. Ausländische Arbeiter (Preußen und 
kleinere deutsche Staaten). 
I. Preußen. 1. Die Verwendung russisch- 
polnischer und galizischer Wander- 
arbeiter in der Landwirtschaft soll nach 
Möglichkeit eingeschränkt werden. Bezüglich der 
russischen Arbeiter bildet eine Grundlage für die 
Anordnungen der VerwBehörden der Zusatzver- 
trag (a 1, 12) zum Handels= und Schifffahrts Vt 
zwischen Deutschland und Rußland v. 10. 2./29. 
1. 94, v. 28./15. 7. 0C4, in Kraft seit dem 1. 3. 06, 
gültig mit dem Handelsvertrag bis zum 31./18. 
12. 17. Russische Arbeiter, die nach Deutschland 
kommen, um hier in landwirtschaftlichen Be- 
trieben oder Nebenbetrieben zu arbeiten, sollen 
kostenfrei mit Legitimationspapieren in russischer 
und deutscher Sprache versehen werden, die vom 
1. Februar bis 20. Dezember neuen Stils Gültig- 
keit haben. Nach den Vsfg v. 30. 9. 97 (Ml 196) 
und v. 7. 1. 99 (MBl 6) dürfen russische und gali- 
zische Arbeiter nur in landwirtschaftlichen Haupt- 
oder Nebenbetrieben beschäftigt werden. In der 
Regel sind nur einzeln stehende Personen beider- 
lei Geschlechts zuzulassen, Familien mit Kindern 
nur ausnahmsweise, wo besondere Verhältnisse 
#es wünschenswert machen. Russisch-polnische und 
galizische Arbeiter, die sich verbotswidrig über den 
20. Dezember hinaus im Inlande aufßhalten, sind 
auszuweisen. Auch vor diesem Termin hat die 
Ausweisung aus dem Staatsgebiet zu erfolgen, 
wenn solche Arbeiter sich durch den Anschluß an 
inländisch-polnische, von der deutschen Umgebung 
abgeschlossene Arbeitergruppen, durch strafrecht- 
liche Verfehlungen, durch Kontraktsbruch oder 
auf andere Weise lästig machen. Das Auswei- 
sungsverfahren richtet sich nach den Vorschriften 
des BR v. 10. 12. 90 (R3 Bl 378). Für die Ab- 
schiebung dieser fremden Arbeiter in ihre Heimat 
kommen namentlich in Betracht für Rußland das 
deutsch-russische Uebernahmeabkommen v. 10. 2.7/ 
29. 1. 94 und für Oesterreich die auf Grund des 
Abkommens v. 26. 7. 75 und der Bek v. 2. 9. 75 
(RGBl 475) ergangenen Asg v. 29. 12. 76 (Ml 
40) und v. 28. 10. O4 (Ml 258) (JAuswei- 
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2. Die erfolgreiche Durchführung dieser Schutz- 
vorschriften wird durch das Melde= und Legiti- 
mierungswesen sichergestellt. 
a) Das Meldewesen ist durch die Vfg v. 
–. —— — 
  
  
–– 
  
  
Landwirtschaft (A. Arbeiter) 
16. 1. 04 (MBl 40) eingehend und einheitlich ge- 
regelt. Anmeldepflichtig ist nicht, nur wer in der 
betreffenden Gemeinde seinen Wohnsitz oder 
dauernden Aufenthalt nimmt, sondern auch der 
Saisonarbeiter, „welcher seinen bisherigen Wohn- 
sib oder dauernden Aufenthaltsort, ohne ihn auf- 
zugeben, verlassen hat und in einem anderen 
Gemeinde- oder Gutsbezirk Wohnung nimmt, um 
in der Landwirtschaft oder in deren Nebenbetrieben 
zur Verrichtung von ihrer Natur nach an bestimmte 
Zeiten des Jahres geknüpften Arbeiten in Be- 
schäftigung zu treten.“ 
b) Die Inlandslegitimierung der aus- 
ländischen Arbeiter richtet sich zur Zeit nach den 
Rund Erl v. 21. 12. 07 (MBl 1908, 17), 30. 12. 08 
(Ml 1909, 8) und 27. 11. 10 (Ml 8). Jeder 
ausländische Arbeiter muß im Besitz einer im In- 
lande ausgestellten Legitimationskarte sein. Wer 
ohne eine solche Legitimationskarte in Arbeit ge- 
treten ist und die Karte nicht nachträglich in der 
vorgeschriebenen Weise erlangt, ist auszuweisen 
und in den dazu geeigneten Fällen über die 
heimatliche Grenze zurückzubefördern. Zum Zwecke 
der Ausstellung der Inlandsausweispapiere sind 
die Auslandsgrenzen mit Grenzämtern der deut- 
schen Feldarbeiterzentralstelle in 
Berlin (Material in ihren Geschäftéberichten), 
eines unter Beteiligung der Min Inn, für Land- 
wirtschaft, Domänen und Forsten und der Fi- 
nanzen ins Leben gerufenen und von ihnen 
und dem Min für Handel und Gewerbe beauf- 
sichtigten Vereins, besetzt. Auf die Feldarbeiter- 
zentralstelle finden die auf Grund des §& 15 des 
Stellenvermittler G v. 2. 6. 10 Rl 800 erlasse- 
nen Vorschriften über den Betrieb nicht gewerbs- 
mäßiger Stellenvermittlungen v. 21. 8. 10 keine 
Anwendung (Erl v. 21. 8. 10 HMl 474). Die 
Legitimationskarten gelten nur für das Kalender- 
jahr, in dem sie ausgestellt werden und sind all- 
jährlich zu erneuern. Sie werden in den Grenz- 
ämtern nach bestimmtem Muster auf Grund der 
den Arbeitern verbleibenden Heimatspapiere durch 
sprachkundige Beamte der Zentralstelle in deut- 
scher Sprache ausgefüllt (Gebühr in der Regel 
2 Mk.) und von den für das Grenzamt zuständigen 
Orts Pol Behörden amtlich geprüft und ausge- 
fertigt. Die Heimatpapiere werden zur Verhütung 
unrechtmäßiger Erwerbung weiterer Legitima- 
tionskarten abgestempelt. Liegen Heimatpapiere 
nicht vor, so darf ausnahmsweise die Legitimie- 
rung nach genauer Prüfung des Falles auf Grund 
einer vom Beamten des Grenzamtes aufzuneh- 
menden Personalbeschreibung erfolgen, sofern 
Zweifel über die Identität der zu legitimierenden 
Person ausgeschlossen sind und feststeht, daß es 
sich nicht um einen vertragbrüchigen oder straf- 
rechtlich verfolgten Arbeiter handelt. — Zur Er- 
leichterung der Kontrolle sind die Karten in ver- 
schiedenen Farben auszustellen (Polen: rot, 
Ruthenen: gelb, Italiener: grün, Niederländer 
und Belgier: blau, Dänen, Schweden, Norweger: 
braun, andere Ausländer: weiß). Die Legitima- 
tionskarten, die als ausreichende Ausweispapiere 
im Sinne des §# 3 Paß G v. 12. 10. 67 anzusehen 
sind und unter dem Schutz der §§ 267, 363 Stc 
stehen, müssen regelmäßig einen bestimmten Ar- 
beitgeber angeben. 
Für diejenigen Arbeiter, die bei ihrem Uebertritt über 
die Grenze einen bestimmten Arbeitgeber noch nicht haben, 
 
	        
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