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Landwirtschaft (A. Arbeiter — B. Kreditwesen)
en sind abgesehen von gesundheitspolizeilichen
orschriften (uvgl. Reg Bl 1908, 306; 1912, 100)
besondere Verw Normen für die Landarbeiter in
Württemberg nicht in Geltung.
5#7. Elsaß-Lothringen. Durch ein französisches
Gv. 25. 5. 64 (bull. des lois XI. Serie Nr. 12223)
ist unter Aufhebung der a 19 und 20 des 2. Titels
des Feld PolG v. 6. 10. 1791 auch für die Feld-
arbeiter die Koalitionsfreiheit (VI grundsätzlich an-
erkannt. Mißbräuche werden in den a 414 und
415 des Code pénal mit Strafe bedroht. Hier-
nach wird mit Haftstrafe von 6 Tagen bis zu 3 Jah-
ren oder mit Geldstrafe von 16 bis zu 3000 fr.
bestraft, wer durch Zwang, Gewalt, Drohungen
oder List eine gemeinschaftliche Arbeitsnieder-
legung herbeiführt, unterstützt oder eins von beiden
versucht, um eine Erhöhung oder Herabsetzung
der Löhne zu erwirken oder die freie Betätigung
der Arbeitskraft einzuschränken. Haben mehrere
auf Grund eines verabredeten Planes gehandelt,
so kann neben der Strafe Pol Aufsicht für die Zeit
von 2 bis zu 5 Jahren verhängt werden.
Die von den Grenzämtern der deutschen Feld-
arbeiterzentralstelle (§ 2) ausgestellten Arbeiter-
legitimationskarten werden auch in Elsaß-Loth-
engen als gültige Ausweispapiere anerkannt. —
Polnische und ruthenische Arbeiter russischer oder
österreichischer Herkunft, die weder eine solche
Legitimationskarte noch andere gehörig beglau-
bigte und mit beglaubigter deutscher Uebersetzung
versehene Ausweispapiere besitzen, werden in
den Reichslanden nicht geduldet. Desgleichen ist
der Ausweisungsantrag gegen solche ausländische
Arbeiter der genannten Nationalitäten zu stellen,
die nach den Erhebungen der VerwBehörde ver-
tragbrüchig sind oder sich der Feststellung, daß sie
an einer ansteckenden Krankheit nicht leiden oder
dem Impfzwang entziehen. Wegen Vertrag-
bruches ist die Ausweisung nicht zu verfügen, so-
lange über die Rechtsverhältnisse aus dem Ar-
beitsvertrage vor einem Gericht der Reichslande
ein Rechtsstreit schwebt.
Literatur: Schlegelberger, Landarbeiter-
recht, 1907; Bestimmungen über die Inlandslegitimierung
der ausländischen Arbeiter, 1910. Otto Gerlach im
OWtaats W’ 6 (1910) 354; Schriften des Vereins f. So-
stalpolitik (Band 53, 54, 55, 58, 1892/03): Berhältnisse der
Landarbeiter; die Landarbeiter in den evangel. Gebieten
Norddeutschlands (nach Erhebungen des cvang. -ozialen
Kongresses, herausgeg. v. Max Weber) 1890 f; Knoke,
Ausländische Wanderarbeiter in Deutschland, 1911.
Schlegelberger.
B. Landwirtschaftliches Kreditwesen
I. Im allgemeinen — Landschaften insbesondere
# 1. Im allgemeinen. 3 2. Uebersicht der Kreditanstalten.
# 3. Die Landschaften (Darlehnskassen) in Preußen. 1 4.
Außerhalb Preußens. 1 5. Verschuldungsgrenze und Ent-
schuldung.
— — ........—.
#5 1. Landwirtschaftlicher Kredit im allge-
meinen.
Der Kredit dient dem Landwirte für sehr verschiedene .
Bwecke, für die Uebernahme von Grundbesitz bei nicht aus.
reichendem Kapitalvermögen des Unternehmers, wobei die
Uebernahme der Erbabfindungen der Miterben durch den
Gutsübernehmer (Anerben) den wichtigsten Fall bildet, für
die Gewinnung des erforderlichen Betriebskapitals, für die
Ueberwindung unerwarteter Verluste und Wirtschaftssts-
rungen, für die Bornahme von Bauten und von Meliorationen.
Diese letztere Art des Kredits (unten S742 ff.ist wirtschaft-
lich und rechtlich von besonderer Bedeutung, da hier bei rich
tiger Berwendung des Kredits der Wert des Grund und Bo-
dens mindestens um den Betrag der ausgewendeten Kosten
sich steigert und es also gerechtfertigt sein kann, den für
diesen Zweck ausgenommenen Kapitalien das Borrecht vor
den bereits eingetragenen Schuldposten einzuräumen. In
Preußen ist hiervon auf dem Gebiete des Wassergenossen-
schaftswesens Anwendung gemacht, indem nach dem G
v. 1. 4. 79 den Schulden der ösfentlichen Genossen-
schaften der bevorrechtete Charakter der öffentlichen Lasten
beiwohnt (ebenso im Deichwesen nach dem G v. 28.
1. 48), während bei dem gleichzeitigen G v. 13. 4. 79
über die Landeskultur-Rentenbanken die Gesetzgebung auf.
fälligerweise vor dieser Konsequenz zurückgeschreckt ist und
die Gewährung des Borrechts für die Landeskulturrente an
Bedingungen knüpft, die dasselbe tatsächlich illusorisch ma-
chen. Bon anderer Bedentung ist der Unterschied von Per-
sonal= und Realkredit. Er bezieht sich zunächst auf die Form,
in welcher der Kredit gewährt wird, hat aber insofern auch
einen sachlichen Inhalt, als der Realkredit den größeren
und dauernden, der Personalkredit den geringeren und vor-
übergehenden Bedürfnissen des Besitzers und der Wirtschaft
zu dienen bestimmt ist. Soweit der landwirtschaftliche Kredit
in dem Berhältnisse zwischen Einzelgläubiger und Einzel-
schuldner seine Befriedigung findet, ist das hier entstehende
Rechtsverhältnis rein privatrechtlicher Art; nur soweit be-
sondere Anstalten für die Pflege des Grundkredits be-
stehen, kommen öffentlichrechtliche Gesichtspunkte in Be-
tracht. (1 Wassergenossenschaften, Landeskultur-Renten-
bankenlj.
2. Uebersicht der verschiedenen Arten vo#n
Kreditanstalten. Die in Deutschland 1) bestehen-
den Freditanstalten sind teils private, teils öffent-
iche ?).
Die privaten Anstalten unterstehen einer
besonderen staatlichen Aufsicht an sich nicht, ihr
Rechtsverhältnis richtet sich nach den allgemeinen
Gesetzen, insbesondere unterliegen sie dem Ver-
bote der Ausgabe von Inhaberpapieren mit Prä-
mien (R v. 8. 6. 71) und bedürfen im übrigen
der staatlichen Erlaubnis zur Ausgabe von In-
1) Wegen des Bodenkredits in den Kolonien lSchutz-
gebicte.
*) Nach Fritz Schulte, Die deutschen Bodenkredit=
institute 1900—1009 (1911) hatten bis Ende 1909 Dar-
lehen gewährt (in Millionen M.):
Landschkaften 8346415
Staatliche und kommunale Institute 2 037
Hypothekenbanken. 10 542
Andere Institute 33
.16 227
Hierunter waren:
Ländliche Darlehen 4028
Städtische Darlehen 10 072
Darlehen an Kommunen 1426
Darlehen an Kleinbahnen sind nicht berücksichtigt.
Das internationale landwirtschaftliche Institut junten
S. 756) bereitet ein Sammelwerk über die Organisation
des landwirtsch. Grundkredits vor. !D. H.)]