Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
64 Gemeinde (III. 
Organisation) 
  
zieht sich ähnlich wie in den Land Gem. Mag Mit- 
gliedern, die ihr Amt mindestens 9 Jahre mit 
Ehren bekleidet haben, kann in O. und H-N. vom 
Mag mit Zustimmung der St VV das Prädikat 
„Stadtältester“ verliehen werden. 
Innerhalb des Mag liegt dem BM die Lei- 
tung und Beaufssichtigung des gesamten 
Geschäftsganges, die Vorbereitung, Anberaumung 
und Leitung der Sitzungen sowie die Ausführung 
der Beschlüsse ob. Der BM hat gegenüber den 
Mitgliedern eine Disziplinarbefugnis, die sich 
jedoch lediglich auf Verwarnungen und Verweise 
erstreckt (§ 18 G v. 21. 7. 52 und OVG 17, 444). 
Dem Kollegium selbst steht die Regelung des 
Geschäftsganges nicht zu (OVG# Pr. VBl 25, 255), 
doch werden in S-H. die Mag Mitglieder für die 
Kommissionen von ihm und nicht von dem 
B-M allein ernannt, auch muß der letztere hier das 
Kollegium zusammenberufen, wenn die Hälfte 
der Mitglieder es verlangt. Beschlußfähig ist der 
Mag, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder 
zugegen ist; in O. genügt für Städte mit mehr 
als 100 000 Einwohnern 1½, in Ha. ist nichts vor- 
geschrieben. Die Beschlüsse werden nach Stim- 
menmehrheit gefaßt, bei Stimmengleichheit ent- 
scheidet die Stimme des Vorsitzenden. Schrift- 
liche Beurkundung ist nicht vorgesehen (O### 
31, 360), aber die Regel. Ist das Kollegium in- 
folge von Interessenkollision beschlußunfähig, so 
hat in S-H. und H-N. der Bezirksausschuß für 
die Wahrung des Gem Interesses zu sorgen und 
nötigenfalls einen besonderen Vertreter zu be- 
stellen. In den übrigen St ist der Fall nicht vor- 
gesehen, doch hat nach OVG 25, 46 die Aufsichts- 
behörde auch hier einen Kommissar zu bestellen 
und diesem die Beschlußfassung zu übertragen — in 
keinem Falle hat etwa, wie in den Land Gem mit 
kollegialischem Gem Vorstand, der Vorsitzende allein 
zu beschließen. Dagegen ist der BM in allen eiligen 
Fällen, in denen die vorherige Beschlußfassung 
durch den Mag einen nachteiligen Zeitverlust ver- 
ursachen würde, sogar verpflichtet, die Geschäfte des 
Mag vorläufig allein zu besorgen und in der näch- 
sten Sitzung dem Kollegium zwecks Bestätigung oder 
anderweiter Beschlußfassung Bericht zu erstatten. 
Zur formellen Beanstandung von Mag- 
Beschlüssen ist der BM verpflichtet, wenn sie die 
Befugnisse des Kollegiums überschreiten oder die 
Gesetze verletzen. Diese Beanstandung erfolgt 
durch eine mit Gründen versehene Verfügung, 
die durch Klage im Verwtreitverfahren anfecht- 
bar ist, und kann eventl. von seiten der Aufsichts- 
behörde durch dienstliche Anweisung an den BM 
erzwungen werden. In O., Rh., W. und Fr. ist 
der BM außerdem auch zur Beanstandung solcher 
Beschlüsse verpflichtet, die das Staatswohl oder 
das Gem Interesse verletzen; (in S-H. ist das nur 
von Beschlüssen, die das Staatswohl, und in H-N. 
von solchen gesagt, die das Gemeinwohl oder das 
Gen#nteresse erheblich verletzen). Doch ist die 
Aufsichtsbehörde in solchen Fällen nicht in der 
Lage, den BM zur Beanstandung anzuweisen, 
auch ist das Verfahren insofern ein anderes, als 
gegen die Erklärung des BM nicht die Klage, 
sondern lediglich ein Antrag auf Entscheidung 
durch den Bezirksausschuß gegeben ist, der seiner- 
seits nur dann zu entscheiden hat, wenn die An- 
gelegenheit nicht auf sich beruhen bleiben kann 
(Zust G § 15 und 17). 
  
Wie die rh. St O statt der BM. unter Um- 
ständen die Mag Verfassung zuläßt, so sehen die 
StO O., W., S-H. und Ha. den umgekehrten 
Fall vor, daß kleinere Städte (eine Zahlengrenze 
— unter 2500 Einwohnern — ist nur in O. 
gezogen) statt der Magistratsver fas- 
sung die Bürgermeistereiverfassung 
einführen. In O. ist dazu nur ein Antrag der Gem- 
Vertretung und die Genehmigung des Bezirks- 
ausschusses erforderlich, in den übrigen 3 Pro- 
vinzen bedarf es dagegen außer der letzteren einer 
zweimaligen, mit 8-- (S-H.: 14-)tägigem Zwi- 
schenraum vorzunehmenden Beratung der Gem- 
Vertretung, für die in S-H. die Oeffentlichkeit 
noch besonders vorgeschrieben ist. Eine Vermin- 
derung der Zahl der Stadtverordneten ist mit der 
Verfassungsänderung nur in O. (auf 6) und S-H. 
(4—12) verbunden. Dem BM (in SH. auch: 
erster Ortsvorsteher) treten 2—3 Schöffen (in 
S-H: Ratsmänner, auch zweiter usw. Ortsvor- 
steher), die zugleich Stadtverordnete sein können, 
und in W. und H-N. außerdem noch ein Beige- 
ordneter als Stellvertreter zur Seite. Rechte und 
Pfrichten des Mag gehen auf den BM mit den 
Maßgaben über, die sich daraus ergeben, daß 
dieser zugleich stimmberechtigter Vorsitzender der 
St VV wird. StO S-H. enthält noch eine Reihe 
von Einzelvorschriften. 
StO O. u. W. 29—34, 57, 58, 72, 78; Rh. 66—71, 75, 
76; Fr. 38—44, 64, 65; S.H. 28—34, 49, 61, 64, 94—98; 
OSa. 39, 40, 43, 44, 49—51, 53—55, 58, 73—75; H.NX. 32—37, 
62, 63, 83, 84; ferner Instr für die Stadt Mag v. 25. 5. 35. 
3. Zuständigkeit und Verhältnis 
der beiden Organe zueinander (§8.) 
I. Die Gem Vertretung ist überall und grund- 
sätzlich auf die Willensbildung, die Beschluß- 
fassung, beschränkt, die Ausführung ihrer Be- 
schlüsse aber ausschließlich dem Gem Vorstande 
vorbehalten. Bevor dieser allgemeine und im 
wesentlichen negative Satz nach der positiven 
Seite hin erörtert wird, bedarf es jedoch noch 
eines kurzen Eingehens auf die besonderen Auf- 
gaben, die dem Gem Vorstande außerhalb der 
eigentlichen Gem Verwaltung obliegen. Während 
nämlich die Zuständigkeit der Gem Vertretung in 
keinem Punkte über das Gebiet der letzteren hin- 
ausgeht, nimmt der Gem Vorstand insofern eine 
Doppelstellung ein, als er nicht bloß Organ der 
Gem, sondern daneben zugleich auch Organ der 
Staatsgewalt ist. In dieser Eigenschaft, als „Ob- 
rigkeit“" der Gem, unmittelbar und allein der 
Staatsregierung verantwortlich, hat er die Gesetze 
und Verordnungen sowie die Verfügungen der 
vorgesetzten Behörden auszuführen, ein Pflichten- 
kreis, der bei der immer stärkeren Heranziehung 
der Gem für staatliche Zwecke einen sehr erheb- 
lichen Teil seiner Arbeitskraft beansprucht. Zahl 
und Art der hier in Betracht kommenden Dienst- 
geschäfte sind verschieden, je nachdem es sich um 
ländliche oder städtische Gem und kleine oder 
große Städte handelt, und in letzteren wieder ist 
ihre Verteilung unter dem Mag System eine an- 
dere als in den rh. Städten mit ihrer BMer- 
fassung. Der rh. BM vereinigt in seiner Person 
die Gesamtheit aller staatlichen Aufgaben, die der 
Gem überhaupt obliegen, und behält die Verant- 
wortung für ihre Erfüllung auch da, wo er die 
  
  
 
	        
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