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Landwirtschaft (C. Unterrichtswesen)
noch von einem zweiten Landwirtschaftslehrer
und einer Anzahl von Lehrern, welche an anderen
Schulen angestellt sind, unterstützt. Die Winter-
schuldirektoren sind gleichzeitig als Wanderlehrer
(siehe § 8) tätig. Die Beaufsichtigung der Schulen
ruht in den Händen von Landwirtschaftskammern,
öffentlichen Verbänden und Vereinen, welche die
nregung zur Gründung der Anstalten gaben.
Die Unterhaltungskosten dieser Schulen sowie die
Opfer, welche den Eltern der Zöglinge auferlegt
werden, sind äußerst gering. Dieser Umstand und
insbesondere die erzielten Erfolge haben die starke
Verbreitung herbeigeführt. Nach der Bestimmung
des preuß. Landw Min v. 29. 2. 1908, betr. die
Vorbildung und Ausbildung der Fachlehrer an den
niederen landwirtschaftlichen Lehranstalten und
der landwirtschaftlichen Wanderlehrer, sollen nur
solche Landwirtschaftslehrer v. 1. 4. 11 ab an den
staatlich subventionierten niederen landwirtschaft-
lichen Lehranstalten und als Wanderlehrer end-
ültige Anstellung finden, welche das Einjährig-
reiwilligenzeugnis besitzen, mindestens 4 Jahre
praktisch tätig gewesen sind, nach 3 jährigem Stu-
dium die Prüfung für das Lehramt der Land-
wirtschaft bestanden und 1 Jahr an einem päda-
gogischen Seminarkursus (oben § 3 II) teilge-
nommen haben.
Die Zahl der landwirtschaftlichen Winterschulen in Deutsch-
land betrug im Jahre 1908 279, davon waren 170 preu-
bische Anstalten.
6#5. Die ländlichen Fortbildungsschulen haben
die Aufgabe, die Kenntnisse und Fertigkeiten,
welche sich ihre Zöglinge auf der Volksschule er-
worben haben, zu befestigen und zu ergänzen und,
„soweit sich die Möglichkeit dazu bietet, mit be-
sonderer Rücksicht auf die ländlichen Gewerbe und
den Betrieb der Landwirtschaft zu erweitern.“
Die Gründung dieser Schulen ging von privater
Seite aus; die erste entstand 1856 in der Rhein-
provinz. Sie fanden bald allgemein Anerkennung
und erfuhren deswegen eine schnelle Verbreitung.
Staatliche Unterstützung ließ man den preußischen
ländlichen Fortbildungsschulen erst 1875 ange-
deihen. Gegenwärtig ist der Erl des Landwirt-
schafts Min v. 23. 11. 97 bestimmend für die Ge-
währung von staatlichen Zuschüssen an ländliche
Fortbildungsschulen. Eine einheitliche Regelung
des Unterrichts an diesen Anstalten schuf der ge-
meinsame Erl des Min Inn, des Min des Unter-
richts und des Min Landw, betr. die Einrichtung
und Beaufsichtigung ländlicher Fortbildungsschu-
len, v. 2. 2. 76. Der gemeinsame Erl des Min
des Unterrichts und des Landwirtschafts Min v.
30. 10. 95 bringt ohne wesentliche Abänderung
des Erl v. 2. 2. 76 eine genauere Angabe der Ziele
und Aufgaben dieser Schulen. Anfangs unter-
standen die ländlichen Fortbildungsschulen der
Unterrichtsverwaltung; seit 1890 gehören sie zum
Ressort des Landwirtschafts Min. In der Provinz
Hessen-Nassau ist der Besuch ländlicher Fortbil-
dungsschulen durch das Gv. 8. 8. 04 obligatorisch
geworden.
Der Unterricht erstreckt sich auf Lesen, Schreiben
und Rechnen mit besonderer Rücksicht auf die ört-
lichen Verhältnisse und Bedürfnisse und wird in
der Regel von dem Lehrer des Ortes erteilt. Die
Zahl der Unteriichtsstunden darf wöchentlich nicht
weniger als 4 betragen. Schullokal ist meist die
Volksschule. Um die Volksschullehrer zur Abhal-
tung des Unterrichts an ländlichen Fortbildungs
schulen zu dilssigeng wurden landwirtschaftliche
Fortbildungskurse für Volksschullehrer einge-
richtet. In Preußen werden derartige Kurse ab-
gehalten an der Landwirtschaftsschule zu Liegnitz,
Hildesheim und Weilburg, an der Ackerbauschule
u Popelau, an der landwirtschaftlichen Winter-
schule zu Johannisburg. Außerdem besteht ein
Wanderfortbildungskursus für Lehrer ländlicher
Fortbildungsschulen in der Provinz Westfalen.
Die Lehrer, welche an diesem Fortbildungskursus
teilnehmen, bekommen Staatsunterstützungen. Die
Dauer der Kurse ist an den einzelnen Anstalten
verschieden, sie schwankt zwischen 6 Tagen und
10 Wochen. «
Ländliche Fortbildungsschulen sind in Deutschland in
außerordentlich großer Zahl vorhanden, 1908 bereits 3224,
davon wurden in Preußen allein 2991 gezählt.
#m#6. Allgemeine Vortragszyklen und Spezial-
kurse für praktische Landwirte. In neuerer Zeit
sind von einigen höheren Lehranbalten und
mehreren Landwirtschaftskammern Unterrichts-
kurse für praktische Landwirte eingerichtet worden.
Der Zweck dieser Kurse, welche hauptsächlich in der
zweiten Hälfte des Winters alljährlich oder alle
2 Jahre abgehalten werden und eine 3—14tägige
Dauer haben, ist, die gebildeten Landwirte aus
der Praxis mit den Fortschritten der Landwirt-
schaftslehre und der mit dieser in Beziehung
stehenden Grund= und Hilfswissenschaften bekannt
zu machen. Außerdem sind noch von manchen
Landwirtschaftskammern und einer großen Zahl
mittlerer und niederer landwirtschaftlicher Unter-
richtsanstalten Spezialkurse von verschiedener
Dauer für praktische Landwirte und andere Per-
sonen eingeführt, und zwar über Buchführung,
Ackerbau und Wiesenbau, Tierzucht, Obst-, Gar-
ten- und Gemüsebau und Obstverwertung, Wein-
bau und Kellerwirtschaft, Brennerei, Molkerei und
Waldbau.
#7. Spezialfachschulen und verwandte. Zu
dem bisher aufgeführten Unterrichtswesen kommt
noch eine Reihe von mannigfachen Spezialschulen,
wie Gärtnerlehranstalten, Obst-, Wein= und Gar-
tenbauschulen, Wiesenbauschulen, Molkereischulen,
Imkerschulen, Lehrinstitute für Zuckerfabrikation,
Brennerei= und Brauereischulen, Schäfereischulen
und andere Anstalten, welche sämtlich landwirt-
schaftliche Interessen vertreten. Auch für die heran-
wachsende landwirtschaftliche weibliche Jugend ist
gesorgt. Es sind nämlich Molkerei-, Haushaltungs-
und Wanderhaushaltungsschulen für Mädchen ein-
gerichtet. Preußen weist (1908) 114 Spezialschulen.
auf. Auf die eigenartige Gestaltung dieser An-
stalten kann hier nicht näher eingegangen werden.
Zu den Spezialfachschulen zählt auch die 1898
begründete Kolonialschule zu Witzenhausen,
welche die Ausbildung tropischer Landwirte, Far-
mer und Viehzüchter im 2—3 jährigen Kursus.
betreibt und in kurzer Zeit große Erfolge erzielt
hat. Sie ist eine Privatanstalt (G. m. b. H.) und
den höheren Fachschulen zuzurechnen. Der Unter-
richt ist ein mehr akademischer; die Schüler werden
im Internat gehalten und theoretisch und prak-
tisch ausgebildet. Nach vollendetem Studium
wird ein Abgangszeugnis erteilt.
Unterricht in kolonialer Landw. bietet ferner
noch das Orientalische Seminar in Berlin und
das Kolonialinstitut zu Hamburg.