Object: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

3. August 353 
  
  
Der französische Botschafter in London, Paul Cambon, an 
den französischen Ministerpräsidenten und Minister des 
Aeusseren, Viviani. 
  
Gelbbuch Nr. 144. 
London. 
Als Sir Edward Grey heute morgen gerade zum Minister- 
rat ging, kam mein deutscher Kollege, der ihn bereits gestern 
gesprochen hatte, und bat ihn inständig, ihm zu sagen, dass 
die enzelische Neutralität nicht von der Re- 
spektierung der belgischen Neutralität ab- 
hinge Sir E Grey lehnte jedes Gespräch 
über diesen Gegenstandab. 
Der deutsche Botschafter hat der Presse ein Communique 
mitgeteilt, in dem es heisst, dass, wenn England neutral bleibe, 
Deutschland auf jede Flottenoperation verzich- 
te und sich der belgischen Küste nicht als 
durch den anderen sicherte. So hatte auch jetzt wieder Deutschland 
bei England den Abschluss eines deutsch-englischen Neutralitätsver- 
trages angeregt. Während nun Gladstone im Jahre 1870 als Voraus- 
setzung für sein erfolgreiches Eintreten für die belgische Neutralität 
die englische Neutralität ansah, wollte Grep aber, wie wir sahen, 
im ganzen Verlaufe der deutsch-englischen Verhandlungen von dieser 
Voraussetzung nichts wissen. Er wollte im Gegensatz zu Gladstone, 
dass Deutschland sich England gegenüber vorbehaltlos zur Achtung 
der belgischen Neutralität verpflichte, während er selbst sich auf das 
Bestimmteste weigerte, eine Verpflichtung für England, neutral zu 
bleiben, einzugehen. Ja, er ging weiter, er hatte Frankreich seine volle 
Unterstützung zugesagt und sie bereits genau präzisiert, war also über- 
haupt nicht mehr in der Lage, auf Grund des Gladstoneschen Prinzips 
von Deutschland eine Achtung der belgischen Neutralität zu ver- 
langen. Als König Albert sich an England wandte, war England also 
nicht mehr der Staat, der es hätte sein müssen, um diplomatisch für 
Belgien eintreten zu können. Alles was König Albert verlangte, hatte 
Grep bereits verweigert. König Albert wandte sich mit seiner Bitte 
an dasselbe England, das erst eine Verletzung der belgischen Neu- 
tralität ermöglicht hatte, indem es längst vor Ueberreichung des Ulti- 
matums die diplomatischen Pourparlers, die Deutschland wünschte 
und um die König Albert ersuchte, abgelehnt hatte, das den Krieg 
bereits beschlossen hatte und ja gerade die Verletzung der belgischen 
Neutralität brauchte und wünschte, um den Krieg praktisch einleiten 
zu können. So kam es denn, dass Grey anstelle der erbetenen diplo- 
matischen Intervention ein Ultimatum an Deutschland richtete, also 
an Stelle von Verhandlungen zu Gunsten einer für Belgien friedlichen 
Lösung sogleich eine Aktion einleitete, die unbedingt zum Kriege 
führen sollte. 
Deutschland 
verspricht, auf 
jede Flotten- 
Operation ge- 
senFrankreich 
und jeden 
Stützpunkt an 
der belgischen 
Küste zu ver- 
zichten, wenn 
England neu- 
tral bleibt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.