Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

3 Abteilungen. Die 1. Abt. (2 Klassen) bilden die 
höchstbesteuerten Wahlberechtigten: a) diejenigen, 
welche an Grundsteuer jährlich mindestens 90 Mk. 
(5 Abgeordnete); b) diejenigen, welche an Ein- 
kommensteuer jährlich mindestens 180 Mk. zur 
Staatskasse zahlen (2 Abgeordnete). Die 2. Abt. 
bilden diejenigen Wahlberechtigten, die an Grund- 
und Einkommensteuer jährlich wenigstens 36 Mk. 
— — — — 
Lippe (Behörden) 
  
zahlen. Zur 3. Abt. gehören alle übrigen Wahlbe- 
rechtigten. Diese beiden Abteilungen wählen je 
7 Abgeordnete in 7 Wahlkreisen. Die Wahlen 
erfolgen unmittelbar nach überhälftiger Stimmen- 
mehrheit in geheimer Abstimmung durch ver- 
schlossene Stimmzettel. Die Legislatur- 
periode dauert 4 Jahre. Die Einberufung, 
die zunächst alle 2 Jahre stattfinden sollte, ge- 
schieht jetzt jährlich nach Bedarf. Der Etat 
wird jährlich beschlossen. Bis zur Feststellung 
einer neuen Verfassung sind den Abgeordneten 
sämtliche den früheren Landständen verfassungs- 
mäßig zustehenden Rechte vorbehalten. Der Land- 
tag wählt seinen Präsidenten, den Vizepräsiden- 
ten, drei Ausschuß-Deputierte, auf welche die 
Rechte und Verpflichtungen der früheren Aus- 
schuß-Deputierten der Ritterschaft, der Städte 
und des platten Landes übergegangen sind, und 
den Landsyndikus; vgl. Gesch O v. 25. 1. 77 
(Abänd. v. 25. und 27. 5. 10). Die Protokolle der 
öffentl. Sitzungen werden gedruckt und veröffent- 
licht, die der geheimen nur nach besonderer Ent- 
schließung. Ueber die Entschädigung der Abge- 
ordneten oben Bd. 1 S 25. Die Ausschuß-Depu- 
tierten gehören zum Landkassen-Administrations- 
Kollegium. 
4. Obere Berwaltungsbehörden und Beamte. 
A. Behörden. 1. Staatsministe- 
rium. Am 12. 9. 53 wurde, besonders um eine 
höhere Rekursinstanz zu schaffen, unter persön- 
licher Leitung des Fürsten ein Kabinett errichtet, 
dem die Angelegenheiten des regierenden Hauses 
und des Aeußern, die Landtags= und Militär- 
sachen, die Aufsicht auf Justiz und Polizei, auf 
Kirchen-= und öffentl. Unterrichtswesen, alle An- 
stellungen der höheren Staatsdiener, Rekurs= und 
Gnadensachen übertragen wurden. Schon am 
30. 9. dess. Jahres wurde, um den Verkehr mit 
auswärtigen Behörden und Min zu erleichtern, 
das Kabinett zu einem Kabinetts Min umgewan- 
delt, allmählich entwickelte sich das Kabinetts Min 
zu der obersten Staatsbehörde. 1897 wurde die 
Bezeichnung Staatsministerium, Staatsminister 
und Ministerial-Sekretär eingeführt. Von den 
ursprünglich zum Ressort des Min überwiesenen 
Angelegenheiten sind die das fürstl. Haus und 
das Hausfideikommiß betreffenden Sachen wieder 
abgezweigt (Bek v. 1. 4. 68). Die gleichzeitig 
abgetrennten Kirchen= und Schulsachen wurden. 
durch Bek v. 15. 1. 76 dem Min wieder über- 
wiesen. Hinzugekommen sind die Ordenssachen. 
Auch ist heute das Staats Min Anstellungsbehörde 
  
  
für sämtliche Staatsbeamte. Durch V v. 31. 12. 
75 ist der Vorstand des Staats Min mit der-Wahr- 
nehmung der Geschäfte eines Standesbeamten 
für den Fürsten und die Mitglieder des fürstl. 
Hauses beauftragt. Die gesamten Geschäfte des 
Staats Min führt ein Staatsminister. Er ist zu- 
folge jedesmaliger Ernennung der Bevollmächtigte 
des Fürsten zum Landtag. 
2. Die Regierung ist für alle Ressorts, 
  
die nicht dem Staats Min zugeteilt sind, obere 
Verw= und PolBehörde. Sie besteht aus dem 
Staats Min als Präsidenten, 4 Reg Räten, 1 Reg- 
Assessor, Hilfsarbeitern und höheren technischen 
Beamten (Baurat, Medizinalrat, Oberforstmeister, 
Katasterinspektor) und entscheidet in der Haupt- 
sache kollegialisch. Unter unmittelbare Leitung 
eines Reg Mitgliedes sind gestellt: 
Das Landkassen-Administrations-Kolle.- 
gium l(seit 25. 5. 1807), zusammengesetzt aus einem Mit- 
gliede der Regierung als Vorsitzenden und den 3 Ausschuß- 
deputierten des Landtags. « 
DieLandesipariundLeibekaife.Ersten 
entwickelte sich aus der 1804 im Zuchthaus angelegten Leih- 
bank und hatte den Zweck, Ersparnisse anzunehmen und zu 
verzinsen (ält. Stat. v. 15. 12. 1829). Die Leihekasse, gegr. 
1786, sollte in erster Linie den Bewohnern des Landes Ge- 
legenheit zur sichern zinstragenden Belegung von Kapitalien 
und zur Aufnahme von Darlehn gegen hypothekarische Si- 
cherheit und Berzinsung gewähren. Durch G v. 2. 10. 08 
sind beide Kassen zu einer Landeskreditanstalt vereinigt. 
Neben der Direktion besteht ein Berw Rat aus 6 Mitgliedern 
(darunter drei durch den Landtag zu wählenden). Zu dem 
krüheren Geschäftskreis sind Bankgeschäfte (Ankauf von 
mündelsicheren Wertpapieren und Berwahrung und VBer- 
waltung von Wertpapieren und Wertgegenständen) hinzu- 
gekommen. Die Ueberschüsse fließen nach Abzug der Zu- 
schüsse zum Reservefonds in die Landkasse. 
Unterstützungs - Kommission, gegründet durch 
einen Notstand (StiftU. v. 5. 12. 1775), verleiht an hilfs- 
bedürstige Landwirte Kapitalien zu niedrigem Zinsfuß gegen 
Sicherheit für Zins und Rückzahlung. 
Die Adlöfungs-Kommission, bestimmt zur 
Leitung der Ablösungen von Diensten usw. und der Allo- 
difikation der Lehen I1| (B v. 4. 9. 38 1l 73 u. Abänd. v. 26. 
2. 68 Fortfall des ökonom. Mitgl.). Die Leitung des Berfah- 
rens in Ablösungssachen ist den Amtsrichtern kommissarisch 
Übertragen (AG z. G##G v. 24. 3. 79, B v. 28. 8. 79 unb 
20. 9. 79). Die Gemeinheitsteilungen, ursprünglich der 
Ublösungskommission überwiesen (G v. 16. 3. 59), sind durch 
BV v. 12. 4. 80 gleichfalls den Amtsrichtern zugeteilt. Zur 
Regulierung von Berkoppelungen find Spezialkommissio- 
nen bestellt (G v. 20. 5. 80), in allen diesen Fällen mit Re- 
kurs an die Ablösungskommission. 
Die Berufungs--Kommission in Sachen der 
Einkommensteuer-Veranlagung, ein Reg Kommissar als 
Borsitzender, 6 durch den Landtag auf 6 Jahre gewählte, 
2 von der Reglerung ernannte Mitglieder (G v. 12. 6. 12). 
Die Reklamations-Kommission für Gebäude- 
steuer-Beranlagung, gleichfalls ein Reg Kommissar und 6 
durch den Landtag auf 6 Jahre erwählte Mitglieder (Gv. 
2 S. 2. 78). 
Eine Kürungs- Kommission ist zur Beförde- 
rung der Landespferdezucht eingesetzt (B v. 3. 12. 62 und 
Instr v. 6. 1. 63). 
Für die Landes-Brandversicherungsan- 
staltl auf Gegenseitigkeit erstreckt sich die Berbindlichkeit 
zur Teilnahme mit bestimmten Ausnahmen auf sämtliche 
Gebäude des Fürstentums. Die Direktion der Landes- 
Brandkasse wird von der Reg. geführt (G v. 26. 4. 77 
nebst Nachträgen bes. G v. 23. 12. 01). Auch verwaltet sie 
die Feuerwehr- Unterstützungskasse. 
3. Mit der Führung des Kirchenregiments und 
Leitung des Volksschulwesens ist das Konsi- 
storiu mpbeauftragt. Eingesetzt mit der evang. 
Kirchen O vom Jahre 1571 (KonsO v. 15. 10. 1600) 
ist es eine Kollegialbehörde und dem Staats Min 
nachgeordnet. Es besteht aus dem Vorsitzenden, 
dem Generalsuperintendenten, 2 Konsistorialräten,
	        
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