Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

792 
Lotterie 
  
Gegen das Spiel in ausländischen L., die Be- 
förderung dieses Spiels, den Vertrieb der Lose 
solcher L. und dessen Beförderung ist anstelle 
älterer Strafbestimmungen das G v. 
25. 3. 04 erlassen, das sich von dem preußischen 
v. 29. 8. 04 hauptsächlich dadurch unterscheidet, 
daß es zwar begrifflich nicht das „pfortgesetzte 
Delikt“ ausschaltet, aber die Strafe auf ein Viel- 
faches, das zehn- bis hundertfache, der Preise der 
vertriebenen oder angebotenen Lose bemißt. 
6"b. Privatlotterien. Neben dem Schutze vor 
unerlaubter Konkurrenz durch Strafgesetze bedarf 
die Staats L. auch der Rücksichtnahme bei Zulassung 
von Privatlotterien, und zwar kommen als 
Konkurrenz nicht bloß die Geld-, sondern, wenn 
auch erst in zweiter Linie, auch die Sach L., Aus- 
spielungen, größeren Umfangs in Betracht. Doch 
ist die Genehmigung der Ausspielungen in Preu- 
ßen der innern Verwaltung allein, für die ein- 
zelne Provinz dem Oberpräsidenten, für mehrere 
Provinzen dem Min Inn, ohne Beteiligung der 
Finanzverwaltung übertragen. Dagegen be- 
dürfen Privatgeld L. der Genehmigung des Kö- 
nigs auf Antrag der Min Inn und der Finanzen, 
und es sind zum Schutze der Staats L. gegen eine 
Übermäßige Beeinträchtigung wie auch des Publi- 
kums gegen Uebervorteilung von den Ministern 
Normativbedingungen für die Zulassung aufge- 
stellt worden (Erl v. 5. 9. O4, MBli V 242), durch 
die insbesondere die Einschränkung des Bedarfs 
auf tunlichst enge Grenzen, die Verhütung von 
irreführenden Ankündigungen, von Abweichungen 
von den genehmigten Bedingungen, von Preis- 
treibereien, von Unregelmäßigkeiten beim Ver- 
trieb der Lose bei den Ziehungen sowie die Be- 
schränkung des Losevertriebs und der Ziehungen 
auf die für den Verkauf der Lose der Staats. 
am wenigsten nachteiligen Zeiten sichergestellt 
werden soll. Doch ist die preußische Praxis in der 
Zulassung von Privat L. ziemlich weitherzig. 
In den mit den andern Staaten abgeschlossenen 
L. Verträgen haben diese Staaten die Verpflich- 
tung übernommen, Geld= und solche L., bei denen 
sich die Unternehmer verpflichten, anstelle der 
Sachgewinne einen Geldbetrag zu gewähren, mit 
im einzelnen verschieden weit gehenden Ausnah- 
men nur im Einverständnis mit der preußischen 
Regierung zuzulassen; in einzelnen Verträgen 
sind auch die Sach L. an die Zustimmung Preußens 
gebunden, wenn durch sie das jährliche Spielkapital 
der gesamten zugelassenen Privat L. einen ge- 
wissen Betrag auf den Kopf der Bevölkerung 
übersteigt. 
Der Wunsch, die Unternehmergewinne und 
damit das Spielkapital bei den Privat L. möglichst 
niedrig zu halten, unlautere Elemente als Unter- 
nehmer und Vertriebsorgane fern zu halten und 
auch im übrigen einen größeren Einfluß auf die 
Privat L. zu erlangen, daneben aber auch, eine 
Fürsorge für in Not geratene L. Einnehmer und 
Hinterbliebene solcher anzubahnen, hat die preu- 
ßische Finanzverwaltung auch bestimmt, die Bil- 
dung einer „Lose-Vertriebs-Gesell- 
schaft Königlich Preußischer Lot- 
terie-Einnehmer “ zur Uebernahme von 
  
Privat L. zuzulassen, deren Satzungen eine Einwir- 
kung und Kontrolle der General L.Direktion und 
die Verwendung eines Teiles der Ueberschüsse 
für Wohlfahrtszwecke gewährleisten. 
In der Zulassung von Privatlotterien ist man 
scheinend in Sachsen strenger als in Preußen. 
z 9. Die Lotteriebestenernng. Eine lediglich 
die L. treffende Steuer ist nur der — sich in Höhe 
und Einrichtung vollkommen von den andern 
Reichsstempelabgaben unterscheidende und sich 
inhaltlich als selbständige L. Steuer darstellende — 
Reichsstempel auf Lotterielose 
(#s 28—36 und Tarifnummer 5 des Reichs- 
stempel G v. 15. 7. 09, RG# Bl 833). Er charakteri- 
siert sich als eine vom Veranstalter der L., bei 
außerdeutschen L. von demjenigen, der Lose einer 
solchen einführt oder empfängt, vorzulegende 
Steuer auf den Einsatz und beträgt 20 v. H., bei 
außerdeutschen L. 25 v. H. des Preises des Loses. 
Die Abgabe ist seit ihrer Einführung durch das 
Reichsstempel G v. 1. 7. 81 (5 v. H.) mehr und 
mehr gesteigert worden (27. 4. 94, 14. 6. 00). 
Von dem reinen Losepreis ohne Stempel beläuft 
sich die Abgabe also, wenn letztere auf den 
Losepreis geschlagen wird, 1629 v. H. für in- 
ländische und 20 v. H. für ausländische Lose. Für 
inländische Privat L. hat der Veranstalter die 
Stempelabgabe für die gesamte planmäßige An- 
zahl der Lese oder sonstigen Ausweise über Spiel- 
einlagen im voraus zu entrichten; vorher darf ohne 
Genehmigung der zuständigen Steuerstelle mit 
dem Losabsatze nicht begonnen werden, und es 
kann diese Genehmigung von vorgängiger Sicher- 
stellung der Abgabe abhängig gemacht werden. 
Ausländische Lose und Spielausweise sind, bevor 
mit dem Vertriebe begonnen wird, spätestens aber 
binnen drei Tagen nach der Einführung und dem 
Empfange zu versteuern. Ein Anspruch auf Rück- 
erstattung wegen Nichtabsatzes der Lose ist aus- 
geschlossen; nur wenn die Ausspielung der L. 
überhaupt nicht zustande kommt, kann die oberste 
Landesfinanzbehörde die Rückerstattung zuge- 
stehen. Die Stempelsteuer für die Lose der 
Staats L. deutscher Staaten wird dagegen durch 
die L. Verwaltung eingezogen und in einer Summe 
für die Gesamtzahl nur der abgesetzten Lose an 
die Reichskasse abgeführt. Eine Abstempelung der 
einzelnen Lose findet nur bei Privat L. statt. 
Die Bruttoeinnahme des Reiches aus dem Losestempel 
ist für 1913 veranschlagt von Staats L. auf 39 500 000, aus 
Privat. auf 16 441 731 Mk.; wäre nicht darauf zu rech- 
nen gewesen, daß die preußisch-süddeutsche L. nicht sogleich 
ihre Lose würde vollständig absetzen können, so wäre die 
Einnahme um 4 162 333 Mk. höher zu veranschlagen gewesen. 
J4 
. 
  
  
  
Literatur: Außer den erwähnten Gesetzen und Ver- 
ordnungen und den für jede L. von den Berwaltungen der 
preußisch-süddeutschen, sächsischen und hamburgischen Staats- 
L. veröffentlichten Plänen und für die preußisch-süddeutsche 
der. Geschäftsanweisung für die Kol Preußischen Lotterie-Ein- 
nehmer“ v. 1.3.12: — Ben der, Das L. Recht, 1841; Ende- 
mann, Beiträge zur Geschichte der L. und zum heutigen 
L.Rechte, 1882; Schäffle, Grundsätze der Steuerpolitik, 
1880, S 547 und Die Steuern 2, 438, 1892; v. Scheel, 
Die Erwerbseinkünfte des Staates in Schönberg 3, 75; 
Roscher, Versuch eirer Theorie der Finanzregalien in 
Abhandl. der #gl sächs. Gesellsch. der Wissensch. 21, 1884 
S 178; Roscher-Gerlach, Suostem der Finanzwissen- 
schaft, 1901, 1, 166; Eheberg, Finanzu issenschaft. 1912 
S 103; v. Heckel, Lehrbuch der Finanzwissenschaft, 
1911, 2, 326; Rönne 4. 778,; Marcinowski, Die 
preuß. Staats L. vor dem Forum der Landesvertretung in 
Finanz Arch 1 2, 100 (hierzu weiter Schanz, Der L. Etat
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.