70 Gemeinde (III.
Organisation)
wählt werden, ¼½ des Gehalts nach 6- und ½
nach 12jähriger Dienstzeit und steigt vom vollen-
deten 12. bis zum 24. Dienstiahre alljährlich um
/60. Das gleiche gilt für die Beamten der Bürger-
meistereien und Aemter in Rh. und W., sowie den
besoldeten Gem Vorsteher (BM) in H--N. und Hoh.
Die Hinterbliebenen des Kommunalbeamten
erhalten Witwen= und Waisengeld nach den für
die unmittelbaren Staatsbeamten geltenden
Grundsätzen, wobei für das erstere der Höchstsatz
von 2000 Mk. vorgeschrieben ist. Daneben steht
ihnen für das auf den Sterbemonat folgende
Vierteljahr bezw., wenn der Verstorbene schon
pensioniert war, den folgenden Monat noch die
volle Besoldung bezw. Pension des Verstorbenen
zu. In der Dienstwohnung sind sie noch 3 Monate
zu belassen, doch sind die zum amtlichen Gebrauch
bestimmten Räume sofort abzugeben. «
IV. In welchem Umfange die Gem Beamte
anstellen muß oder sich mit der Verwendung bloß
privatrechtlich Angestellter behelfen darf, ist nicht
vorgeschrieben. Die Praxis hat als Grundsatz
festgehalten, daß die obrigkeitlichen Funktionen
ausschließlich von Beamten ausgeübt werden
müssen, daß aber die Gem nicht verpflichtet sind,
die nicht mit solchen Funktionen auszustattenden,
besonders zu technischen, wissenschaftlichen, künst-
lerischen oder bloß mechanischen Dienstleistungen
benötigten Kräfte im Wege des öffentlich-recht-
lichen Beamten-Dienstvertrages anzustellen: OVG
20, 126; 22, 67; 27, 431; Ausf. Anw zum Kom-
munal-Beamten G a I Nr. 5. Die Dienstaufsicht
über die Gem Beamten führt der Gem Vorstand,
der jedoch in der Verhängung von Disziplinar-
(und zwar ausschließlich Ordnungs-strafen zu-
gunsten der Aufsichtsbehörden beschränkt ist:
Disziplinar G 3§ 18 und 19. Inwieweit dem Vor-
sitzenden des kollegialischen Gem Vorstandes ein
Disziplinarrecht gegen die Mitglieder zusteht,
wurde bereits erörtert (5 70. Für das Verhältnis
des Einzelvorstandes zu seinen Beigeordneten
folgt ein gleiches aus seiner übergeordneten Stel-
lung. Die weiteren Disziplinarverhältnisse der
Gem Vorstandsbeamten sowie der BM usw. selbst
regeln in formeller Beziehung die §§ 20 und 36
Zust G, in matericeller das Disziplinargcsetz.
StO O. u. W. 64, 65; Rh. 58, 59; Ha. 41, 45, 48, 56,
59—70; Fr. 71, 72; S.P. 76—79; LGO Nh. 78—84, 107
u. KrO 26, 27; W. 43, 44, 72, 73, 83; Ha. 22—24; O. u.
S. H. 117, 118; H.N. 81—88; GemO Hoh. 87—91.
Lüteratur: I. Wichtige Kommentare: 1. Zur StO
O. von Oertel (5. Anfl. 1911) und Ledermann
(1902). 2. Zur St O Rh. von Vigelius (2. Aufl. 1911).
3. Zur StO Ha. von Brüning (Preuß. VBerw Gesetz=
gebung für Hannover', 1906). 4. Zur LGO Nh. von Das-
bach (5. Aufl. 1909). 5. Zur L#O W. von Schmidt
(2. Aufl. 1910). 6. Zur LGD Ha. von Brüning ((. Nr. 3).
7. Zur LGO von Keil (1896) und Genzmer (3. Aufl.
1908). 8. Zur LGO S.H. von Scheifsf (1906); ferner
Brauchitsch, Die neuen preuß. Verw esetze, 7 Bände
in versch. Auft. — II. Schriften allgemeineren Inhalts:
Schön, Das Recht der Kommunalverbände in Preu-
ßen, 1897; Preuß, Das städtische Amtsrecht in Preu-
ßen, 1902; v. Bitter, ÖHWpr Berw, 1906 lerscheint
1911 in 2. Auflage); Schriften des Vereins für Sozial-
volitik, Bd. 117 und 118: Verfassung und Verw Organisa-
tion der Städte. Bd. 1 und 2: Preußen, 1906; 5. Kinne,
Die Autonomie der Kommunalverbände in Preußen, 1908.
— III. Einzelaufsätze usw.: Zu 15: Jebens, Die Stadt-
verordneten , 1905;; Kappelmanunn, Die GWahlhand-
lung bei Stadtverordnetenwahlen, Preuß. BerwBlatt
24, 417. Zu 1 7: Jebens, Der Mag als Ortsobrigkeit;
ebenda 27, 369; Derselbe, Die Instr für die Stadt Mag
v. 25. 5. 35 nach neuestem Recht; ebenda 22, 233 und 245.
Zu 8: Schmidt, VerwKommissionen in den Land Gem,
ebenda 29, 583. Zu 19: Petersdorffs, Die Stellung
des Amtmanns in Westfalen, ebenda 31, S 573 und 591.
Zu 1 10: Jebens, Die Verpflichtung zur Uebernahme
von Kommunalämtern, ebenda 25, 499; Kappel-
mann, Die unbesoldeten Gem Beamten im Bereich der
St O von 1858, ebenda 23, S 737 u. 769. Zu 1 11: Kausz-
Appelius, Preußisches Kommunalbeamtenrecht, 1900.
Ebner, Die Rechtsverhältnisse der städtischen GemBe-
amten in Preußen, Verwürch 8, 280 und 9, 27.
Markull.
B. Bayern
## 1. Geschichtliches. Quellen. ## 2. Art der Gemeinde-
verfassung. 1 3. Städte rechts des Rheins. 1 4. Landge-
meinden rechts des Rheins. 15. In der Pfalz. 1 6. Be-
setzung der Gemeindeämter. 1 7. Gemeindebeamte und
Gemeindebedienstete. 1##8. Staatsaufsicht.
5S 1. Geschichtliches. QOuellen. I. Für die Ver-
fassung der Gem in den altbayerischen Landes-
teilen im 18. Jahrhundert ist wichtig die Dar-
stellung Kreittmayrs in seinen Anmerkungen zum
Codex Max. Bav. civilis von 1756.
Man unterscheidet Städte (ihr Gebiet „Burg-
frieden“) und Märkte einerseits, Dörfer anderer-
seits. Stadtrecht wurde vom Landesherrn ver-
lichen. Die Städte unterstanden bis 1779 der
Aufsicht des „Rentmeisters“ (mittlere Behörde),
einzelne Städte „unmittelbar“ der Regierung.
Das Stadtregiment führten die Magistrate: Bür-
germeister (in den Märkten: „Kameren“) und
innere und äußere „Ratsfreunde“. Die Besetzung
dieser Stellen erfolgte durch Wahl.
Die Städte hatten Sitz und Stimme im
Landtag, Gerichtsbarkeit (die „unmittelbaren“
die ganze), Polizei, Finanz= und Steuerverwal-
tung. Sie waren befaßt mit Angelegenheiten der
freiwilligen Rechtspflege, unterhielten und be-
aufsichtigten Märkte, Schulen, Löscheinrichtungen.
usw. Unter den Einwohnern der Städte sind
Bürger (Besitzer des großen Bürgerrechts) und
Beisassen (Besitzer des kleinen Bürgerrechts)
bemerkenswert. Die Dörfer waren Rechts-
subjekte; sie besaßen keine Kollegial-Verfassung.
Die Dorfsführer (Obmänner) wurden von der
versammelten Gem gewählt, durch die Behörde
bestätigt und beaufsichtigt; sie führten den Gem-
Haushalt, erledigten die gemeindlichen Aufgaben
und wirkten bei der Ortspolizei mit. Die Dorf-
bewohner sind Bauern oder Söldner.
II. In der Napoleonischen Zeit, die Bayerns
Staatsgebiet erheblich vergrößerte, wollte der
Organisator des neuen Staates, Graf von Mont-
gelas, die großen Unterschiede durch Zentralisie-
rung im französischen Sinne beseitigen (Edikte v.
28. 7. und 24. 9. 1808). Die Zentralisierung
wurde aber ziemlich rasch als nicht durchführbar
erkannt. Am 17. 5. 1818, wenige Tage vor dem
Erlaß der bayerischen Verfassung erscheint ein
neues Gem Edikt, das „auf die Wiederbelebung