Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Markt — Maß und Gewicht 
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Schlachtviehmärkten gehandelten Schlachttiere er- 
lassen sind, und für deren Umgebung kann die 
Landeszentralbehörde marktähnliche Veranstal- 
tungen für Vieh untersagen (s. unten 8 5) und 
einen M. Zwang (§ 3 II) insoweit einführen, als 
sie den Handel mit Vieh außerhalb des M. Platzes 
sowohl für den M. Tag als für den voraufgehenden 
und nachfolgenden Tag verbieten kann. Land- 
wirtschaftl. Beruftsvertretung # 3 II. 
III. Preisfeststellung (Getreide). Am 6. 12. 
1912 ist von den preuß. Ministern für Handel und für Land- 
wirtschaft eine Preisfeststellungsordnung für Weizen, Roggen, 
Hafer und Gerste erlassen worden (OMBl 563), zur Regelung 
der für staatliche Zwecke zu erstattenden Preisberichte. Die 
Berichterstattung erfolgt von 1913 ab für 15 bedeutendere 
Handelsplätze, on denen Produktenbörsen oder Getreide- 
märkte oder marktähnliche Einrichtungen für den Getreide- 
handel bestehen. Die Preisnotierung, die dem Börsenvor- 
stand oder der M. Kommission oder einer besonders eingesetzten 
Notierungskommission obliegt, erfolgt nur für inländische 
Ware auf Grund wirklich abgeschlossener Geschäfte (kein 
Schätzungspreis!), und zwar bei Weizen, Roggen und Hafer 
für gute Durchschnittsqualität, bei Gerste ie besonders für 
feine, gute und mittlere Ware. Die notierten Preise sind 
telegraphisch dem statistischen Amt in Berlin mitzuteilen. Bei 
der Preisfeststellung wirken Vertreter der Landwirtschaft mit. 
#5. Marktähnliche Einrichtungen, insbeson- 
dere Privatmärkte. Ein Zusammenströmen von 
Verkäufern und Käufern an einem Platze kann 
auch, abgesehen von behördlich zugelassenen M., 
statthabten und dann einen Verkehr zur Folge 
haben, der in seinem äußeren Ansehen einem 
M. Verkehr gleicht. Ein solcher marktähnlicher Ver- 
kehr pflegt eine Begleiterscheinung großer Men- 
schenansammlungen zu sein, wie sie bei öffent- 
lichen Festen, Truppenzusammenziehungen und 
ahnlichen außergewöhnlichen Gelegenheiten üblich 
sind. Er kommt ferner als eine sich in einer ge- 
wissen Regelmäßigkeit wiederholende Erscheinung 
vor, sei es, daß sich zur Befriedigung eines wirk- 
lichen oder vermeintlichen wirtschaftlichen Bedürf- 
nisses Verkäufer und Käufer zu estimmter Zeit 
an einem bestimmten Platze gewohnheitsmäßig 
zusammenfinden, sei es, daß der Besitzer eines 
Privatgrundstücks dieses Grundstück zu bestimmten 
Zeiten für einen marktähnlichen Verkehr zur Ver- 
fügung stellt. Die früher strittige Frage, ob der- 
artige Privatmärkte ohne weiteres unzu- 
lässig sind und demzufolge von der Pol Behörde, 
lediglich auf Grund des Mangels der für einen 
ordnungsmäßigen M. vorgesehenen behördlichen 
Genehmigung, unterdrückt werden können, ist von 
der neueren Rechtsprechung ständig verneint wor- 
den (O#B#G# 21, 343 und Pr. VBl 21, 493; Kö 
20 C. 68). Ein Einschreiten gegen Privat M. kann 
danach nicht auf den Mangel der behördlichen Zu- 
lassung, sondern nur auf besondere Gründe ge- 
stützt werden, so bei Privat M. auf öffentlichen 
Plätzen oder Straßen häufig auf verkehrspolizei- 
liche Gründe. Da mit dieser Rechtslage große 
Mängel verbunden sind, hat der preuß. Min für 
Handel in den Erl v. 11. 3. und 22. 4. 08 (POMBl 
8 Sll5 und 155) die Absicht kundgegeben, durch 
Aenderung der Gewerbeordnung ein allgemeines 
Verbot der Privat M. herbeizuführen. Ein erster 
Schritt auf diesem Wege ist hinsichtlich der Schlacht- 
vich M. bereits geschehen, indem das G v. 8. 2. 09 
die Landeszentralbehörden unter den oben § 4 I 
angegebenen Voraussetzungen ermächtigt, markt- 
  
ähnliche Veranstaltungen für Vieh zu untersagen. 
Die Privat M. haben nicht die bevorrechtete 
Stellung wie die behördlich errichteten M. (§ 3). 
Der Gewerbebetrieb auf einem Privat M. ist je 
nach Wohnsitz und Sitz der Niederlassung des Ge- 
werbetreibenden entweder stehender Gewerbe- 
betrieb oder Gewerbebetrieb im Umherziehen und 
den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften unter- 
worfen. Insoweit insbesondere Wandergewerbe (JI 
vorliegt, ist dessen Ausübung auch auf einem 
Privat M. von dem Besitze eines Wandergewerbe- 
scheins und der Entrichtung der Hausiersteuer ab- 
hängig, es sei denn, daß Gegenstand des Feil- 
bietens die im § 59 Abs 1 Ziff. 1—3 Gew auf- 
geführten rohen und selbstgewonnenen Erzeugnisse 
und selbstverfertigten Waren sind, deren Absatz 
im Wege des Wandergewerbes ohne den Besitz 
eines Wandergewerbescheins gestattet ist. Eine 
noch weitergehende Annäherung an die Vorrechte 
des obrigkeitlich genehmigten M. Verkehrs ergibt 
sich für öffentliche Feste, Truppenzusammen- 
ziehungen und andere außergewöhnliche Gelegen- 
häiten aus der Ermächtigung der Ortspolizeibe- 
örde, das Feilbieten von ihr zu bestimmender 
Waren bei diesen Gelegenheiten ohne Wander- 
gewerbeschein zu gestatten (§ 59 Ziff. 4 GewO). 
Neuerdings ist in Preußen den Verw Behörden 
durch den Min E v. 29. 12. 10 (Hand. MBl 11, 8) 
ein schärferes Vorgehen gegen marktähnliche Ver- 
anstaltungen aufgegeben worden. Privat M. sollen 
danach auf öffentlichen Wegen, Straßen und 
Plätzen nicht mehr geduldet werden. Insoweit 
sich bei sorgfältiger Prüfung das Bedürfnis für 
den Fortbestand ergibt, ist ihre Genehmigung, sei 
es als Jahr M., sei es als Spezial M. herbeizu- 
führen: als SpezialM. aber nur dann, wenn 
entweder der Zeitpunkt der Abhaltung durch be- 
sondere Gelegenheit, z. B. Weihnachten, Ostern, 
Kirchweihe, Jahrestag des Schutzheiligen von 
selbst bestimmt ist oder ein Bedürfnis für die Bei- 
behaltung der hinsichtlich der Verkäufer oder 
Käufer bestehenden Beschränkungen besteht. 
Ueber die Kontrollen, denen der M. Verkehr zur 
Sicherung des Zollinteresses in den Zollgrenz- 
bezirken unterworfen werden kann (/ Zoll- 
wesen; Landesgrenze § 5 I. II 1, 7l 61. 
Ueber die Kommentore zur GewO 
1 Gewerbepolizei. Rathgen, Entstehung der M. in 
Deutschland, Diss. Straßburg 1881, und HWStaatsWe 
6, 5687) Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben im 
Mittelalter, Bd. 2, 1885; Goldschmidt, H d. Handels- 
rechts" Bd. 1, 1891; Rietschel, M. und Stadt in ihrem 
rechtlichen Verhältnis, 1897; Nelken, Das Gewerberecht 
in Preußen, 1906 S 737—768; Beschränkungen der 
M. Freiheit, Verwrch 11, 451; Lexis in Schönberg 
2, 252. Weitere Literatur bei „Handel“ und „Bölse“. 
Lusensky 
KLiteratur: 
Maß und Gewicht 
A. Reichsgebiet. 
* 1. Geschichtliches. 2. Das gesetzliche System. 4 3. 
Eichung. 1 4. Der eichpflichtige Verkehr. 5. Ueberwachung 
der Meßgeräte. Nacheichung. ## 6. Reichsbehörden. Die 
Normal-Eichungs-Kommission. ## 7. Die Landeseichbehör-
	        
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