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keit der Regelung an wegen der rezeßmäßigen
Form, wegen der Zubilligung von Rechten, die über
die Bundesakte hinausgingen, und wegen der Zu-
billigung von Geldentschdbigungen. Endlich kam
eine Verständigung zwischen der Regierung und
dem Landtage zustande in dem G v. 15. 3. 69.
Dieses genehmigte die bereits versprochenen
oder gezahlten Entschädigungen an die standes-
herrlichen Häuser. Dagegen wurde für die Zu-
kunft bestimmt, daß von nun ab die Wiederher-
stellung der durch das ehemalige Bundesrecht ge-
währleisteten Rechte der M. statt wie bisher durch
königliche Verordnung nur noch im Wege der
Gesetzgebung erfolgen dürfe.
In den 1866 mit Preußen vereinigten Stagten
Hannover, Hessen und Nassau hatte ebenfalls eine
Regelung der Rechtsverhältnisse der M. auf
Grund der Bundesakte durch Einzelverordnungen
stattgefunden. In Hannover, wo nur die
Häuser Bentheim und Arenberg-Meppen standes-
zerrlich begütert waren, erging für das Haus
Bentheim die V v. 18. 4. 1823, für das Haus
Arenberg die V v. 9. 5. 1826, die jedoch jetzt
durch die später zu erwähnende preußische Ge-
setzggebung wesentlich geändert sind. In Kur-
hessen war das Edikt v. 29. 5. 33 über die
besonderen Rechtsverhältnisse der kurhessischen
Standesherren maßgebend. Dieses erfuhr jedoch
erhebliche Veränderungen durch das G v. 13. 11.
49, welches den Standesherren die Gerichtsbar-
keit, die Polizei und sonstige Verwaltung, die Auf-
sicht in Kirchen- und Schulsachen nebst allen Nut-
zungen, Zubehörungen und Lasten entzog. In
em Herzogtume Nassau wurden die Rechts-
verhältnisse der Standesherren nicht allgemein,
sondern nur durch einzelne Konventionen und Re-
zesse geregelt, die nicht verkündet worden sind.
In beiden Provinzen, Hannover wie Hessen-
Nassau, ist die preußische VU v. 31. 1. 50 ihrem
ganzen Inhalte nach, also auch mit sämtlichen, zu
ihr ergangenen Novellen eingeführt worden. Das
pr. G v. 10. 6. 54 bezieht sich aber nur auf die
Reichsstände, welche in den Jahren 1815 und 1850
der preußischen Monarchie einverleibt sind, ist
jedoch dahin zu verstehen, daß darunter sämtliche
dem preußischen Staate unterworfenen M., also
auch die in Hannover und Hessen-Nassau zu be-
greifen sind. Es hält daher auch für die neuen Lan-
esteile insofern die bestehenden, durch die Bundes-
akte geforderten Vorrechte der Standesherren
aufrecht. Dagegen kann auch in den neuen Pro-
vinzen nach dem Gv. 15. 3. 69 eine Neuregelung
nur im Wege der Gesetzgebung erfolgen.
Es sind demnächst für das ganze Staatsgebiet
neu geordnet worden die Rechtsverhältnisse des
Hauses Arenberg-Meppen durch G v. 27. 7. 75,
des Hauses Sayn-Wittgenstein-Berleburg durch
Gv. 25. 10. 78, des Hauses Bentheim-Tecklen-
burg vom gleichen Tage.
2. In Bayern hatte den Forderungen der
Rheinbundsakte die Kgl Deklaration v. 19. 3. 1807
Rechnung getragen, auf die demnächst die Bundes-
akte als Vorbild verwies. Nach Erlaß der Deutschen
Bundesakte wurden die Sonderrechte der M.
durch die VUl Beil. 1 5J8 14 und 15 und Beil. IV.
geregelt.
3. In Württemberg hatte die Regierung
den Standesherren während der Rheinbundzeit
ihre durch die Rheinbundsakte gewährleisteten
Mediatisierte (Rechtsgrundlagen)
Rechte stark verktümmert. Auch nach Erlaß der
Deutschen Bundesakte kam es zu längeren Kämp-
fen, die erst durch Verträge mit den einzelnen
Standesherren und darauf egangenen Kgl De-
klarationen ihr Ende fanden. Mit Einführung der
Grundrechte von 1848 waren die Vorrechte der
M. vorläufig beseitigt, traten jedoch mit ihrer Auf-
hebung durch G v. 2. 4. 52 wieder in Kraft, soweit
nicht inzwischen einzelne Rechte durch besondere
Landesgesetze aufgehoben waren.
4. Für Baden erging zur Durchführung der
Deutschen Bundesakte das Edikt v. 23. 4. 1818,
das in §J 23 Vu für einen ihrer Bestandteile erklärt
wurde. Dazu kamen später noch besondere Ver-
ordnungen für einzelne standesherrliche Familien
aus den Jahren 1823 bis 1855.
5. In Hessen beruht die Sonderstellung im
wesentlichen auf dem Edikte v. 18. 7. 58 die Rechts-
verhältnisse der Standesherren betreffend.
III. Die Auflösung des Deutschen Bun-
des hat den auf der Gesetzgebung der Einzel-
staaten beruhenden Rechtszustand der M. nicht ver-
ändert, ihnen jedoch außer der Möglichkeit des Re-
kurses an die Bundesversammlung auch die in den
Bundesverträgen liegende Gewähr der Aufrechter-
haltung ihres Rechtszustandes entzogen. Denn eine
Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der standes-
herrlichen Vorrechte hatten die Bundesstaaten in
a 63 der Wiener Schlußakte ausdrücklich nur
gegenüber dem Bunde, nicht gegeneinander über-
nommen. Tatsächlich hat man denn auch be-
reits bei Aufhebung verschiedener Vorrechte
der M., z. B. der Präsentationsrechte und des
privilegierten Gerichtsstandes durch die Reichs-
justizgesetze die Gewähr der Deutschen Bundesakte
als hinfällig unbeachtet gelassen und sie als nicht
mehr bindend angesehen. Dagegen ist die auf
Grund der bundesrechtlichen Verpflichtung er-
lassene Landesgesetzgebung selbstverständlich trotz
der Aufhebung der Bundesakte unberührt geblie-
ben. Die Rechtsverhältnisse der Standesherren
sind daher dieselben wie vor Auflösung des Bun-
des, soweit nicht die nunmehr bundesrechtlich nicht
mehr eingeschränkte Reichs= und Landesgesetz-
gebung neue Bestimmungen getroffen hat.
IV. Da die Standesherrlichkeit aus der früheren
Landeshoheit erwachsen ist, hat sie zwei Seiten,
eine persönliche und eine dingliche. Die persön-
liche (§ 2) ist der Inbegriff der den M. und ihren
Familien als Rest der früheren landesherrlichen
Stellung verbliebenen persönlichen Rechte: die
dingliche (5 3) begreift den Rest der früheren
Herrscherrechte der M. über ihr Land und ihre
Untertanen in sich. Alle standesherrlichen
Rechte stehen nun lediglich denjenigen
Standesherren zu, die nicht nur zu den
1806—1815 mittelbar gewordenen ehemaligen
Reichsständen gehören, sondern auch die ding-
lichen Rechte über ihr Gebiet noch be-
wahrt haben. Standesherrlich begütert ist also
jemand nur in dem Staate, in dem sein ehemals
reichsunmittelbares Gebiet liegt, an welches die
Reichsstandschaft geknüpft war. Doch wird von dem
Erfordernisse der früheren Reichsstandschaft vielfach
abgesehen. Vgl. den Anhang „Standesherren“.
82. Persönliche Rechte. Das hochadlige Haus
bildet als solches eine eigene juristische Persönlich-
keit. Aber auch die einzelnen Mitglieder haben
besondere Rechte.