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Militärwesen (A. Organisation)
IV. Militärpersonen
A. Begriff und Einteilung. # 1. Begriffliche Klar-
stellung. 1 2. Gruppen der Militärpersonen. — B. Staats-
bürgerliche Sonderstellung. 3. Bürgerliches Recht.
1 4. Zivilprozeß. 3 5. Freiwillige Gerichtsbarkeit. 3 6. Straf.
recht und Strafprozeß. 31 7. Staats= und Berwaltungsrecht.
1. Begriffliche Klarstellung. I. Der Begriff
„Militärperson“ entstammt den Bestimmungen der
3, 4 und 5 des M t#G#B v. 20. 6. 72. Zwei
Gruppen sind innerhalb der MilPersonen von-
einander zu trennen, da ihre rechtliche Behand-
lung, namentlich bezüglich der Gehorsamspflicht
gegen Vorgzesetzte eine verschiedene ist: die „Per-
sonen des Soldatenstandes“, die dem deutschen
Heere (NI, der kaiserlichen Marine [JI sowie den
in den deutschen Kolonien Südwestafrika, Ost-
afrika und Kamerun errichteten Schutztruppen (I
angehören, andererseits die „Militärbe-
amten“ (S84l#des beutschen Heeres, der kaiserlichen
Marine sowie die Schutztruppenbeamten. Der
Kreis der Mil Personen ist nach der dem §# 5
MStG#beigegebenen Anlage der Kategorie der
Mil Beamten gegenüber wie folgt abgegrenzt.
Zu den Personen des Soldaten-
standes gehören: 1. Die Offiziere (VI, Unter-
offiziere und Gemeinen mit Einschluß der Gefrei-
ten und Obergefreiten sowie die Torpedo-, Feuer-
werks-, Zeug= und Festungsbauoffiziere und = Un-
teroffiziere. — 2. Die Mitglieder des Sanitäts-
korps J 8391 (Offiziere, Unteroffiziere und
Mannschaften). — 3. Die Angehörigen des Ma-
schineningenieurkorps (Offiziere, Unteroffiziere und
Mannschaften). — 4. Nach dem R v. 6. 2. 11
(Roal S31): die Mitglieder des Veterinärkorps.
— 5. Die Landgendarmeriekorps, die zwar nicht
dem Heere angehören, aber in manchen Einzel-
staaten (näheres s. unten) landesrechtlich den Mil-
Personen zugerechnet werden (vgl. 9 2 Ec#
MSt GO). —6. Die sog. „Ganzinvaliden“, d. h.
die in den militärischen Invalidenanstalten ver-
sorgten Offiziere und Mannschaften.
Militärbeamte sind alle im Heer, in der
Marine und in den Schutztruppen je nach Be-
dürfnis dauernd oder auf Zeit angestellten, nicht
zum Soldatenstand gehörenden und unter dem
Kriegs Min oder Chef der Admiralität oder der
obersten militärischen Verw Behörde der Kolonien
stehenden Beamten, die einen Mil Rang haben.
Es macht dabei keinen Unterschied, ob sie einen
Diensteid geleistet haben oder nicht. Nicht zu den
Mil Personen zählen die Zivilbeamten der Mil-
Verwaltungj sie leisten ihre Dienste nicht im
Heere, sondern nur für das Heer. Es fehlt ihnen
der Mil Rang und sie unterliegen nicht der mili-
tärischen Gehorsamspflicht (Näheres X Militärbe-
amte).
II. Der Begriff „Militärstand“ ist nicht gesetzlich
fixiert, wohl aber im Sprachgebrauche der staats-
rechtlichen Doktrin häufig gebraucht. Er ist der
umfassendere. Zum Mil Stand gehören alle
Angehörigen der bewaffneten Macht, die gemein-
same militärische Rechte und Pflichten haben.
Gemeinsam für den ganzen Stand ist insbesondere
die grundsätzliche Unterwerfung unter den mili-
tärischen Befehl [J|): die militärische
Gehorsamspflicht. Als gemeinsame
Pflichten oder doch Beschränkungen in Rechten
kommen hinzu: die Unterwerfung unter die Mil-
Gerichtsbarkeit (J und die Disziplinarorbnung,
die Unterwerfung der Offiziere unter die Ehren-
zerichte [XI, die Kürzung in manchen staatsbürger-
ichen Rechten. Diesen Pflichten stehen als mili-
tärische Standesrechte gegenüber: neben einigen
Bevorzugungen in der bürgerlich-rechtlichen, straf-
und staatsrechtlichen Stellung die militärischen
Ehrenrechte (Titel, Tragen der Uniform, Recht
auf Ehrenbezeugungen). — Ist für den Begriff
„Militärstand“ die Gemeinsamkeit der Interessen,
Rechte und Pflichten maßgebend, so ist bei dem
Begriff „Heeresangehörige“ der Nach-
druck allein auf die Pflicht stellung gelegt. Und
zwar wird Dienstleistung im Heere in bestimmten
angklassen erfordert. Heeresangehörige sind da-
nach diejenigen Mil Personen, die einen militäri-
schen Rang als Gemeiner, Unteroffizier oder Offi-
zier und die mit diesem Rang verbundenen Rechte
und Pflichten haben. — Der Begriff „Militär-
stand“ ist somit weiter, der Begriff „Heeresange-
hörige“ enger als der Begriff „Militärpersonen“.
So gehören beispielsweise die oben unter Ziff. 6
enannten Ganzinvaliden, die in Invalidenin=
tituten versorgt werden, dem Mil Stande an und
werden auch als Personen des Soldatenstandes
den Mil Personen zugerechnet. Da sie sich jedoch
nicht im aktiven Dienste befinden, können sie als
„Heeresangehörige“" nicht betrachtet werden. Hin-
gegen sind die Halbinvaliden, die im Garnison-
dienst Verwendung finden, als „im aktiven Dienst
belassen“ und somit in sinngemäßer Anwendung
des § 38 RMilW als Heeresangehörige anzusehen.
Das Beispiel der Ganzinvaliden zeigt zur Genüge,
daß es Angehörige des deutschen Mil Standes gibt,
die sich in den Rahmen des RMilc, insbesondere
des § 38 NMilc nicht einfügen lassen. Jedenfalls
sind die Ganzinvaliden als Personen des Soldaten-
standes im Sinne des § 4 MStGB zu betrachten.
Ob sie als „Bestandteile“ des Kontingentsheeres,
dem sie jeweils angehören, dem aktiven Reichs-
heere bezw. der aktiven Marine zuzurechnen sind,
ist bestritten (dafür RMil# 12, 126.)
III. Als Wesensmerkmal des Begriffes „Militär-
personen“ läßt sich hiernach folgendes herausschä-
len. Personen des Soldatenstandes sind Offiziere,
Unteroffiziere usw., die den Rang und die
Stellung als Offizier usw. und die damit
verbundenen Rechte und Pflichten haben. Mil-
Beamte sind im Heer angestellte nicht zum Sol-
datenstand gehörige Beamte, die einen Mili-
tärrang haben. Beiden Gruppen von Mil-
Personen ist somit der MilRang gemeinsam.
Mil Person ist daher jede Person, die dem
Heere, der Marine oder den Schutztruppen ange-
hört und auf Grund ihres Militär-
ranges im Heere, in der Marine
oder in den Schutztruppen Rechte
und Pflichten hat. Der in dieser Weise
dem Heere Dienstpflichtige untersteht der Kom-
mandogewalt des Herrschers, er hat militärische
Vorgesetzte und ist zum militärischen Gehorsam
verpflichtet. Hierdurch sind die „Militärpersonen“
in Gegensatz zum „Zivilbeamtenstand“ (J/Be-
amte] gebracht. Beide Stände sind Diener des
Staates. Der MilRang aber verpflichtet zu einer
besonderen Treue= und Gehorsamspflicht.
Durch die verschicdene Art der Gehorsamspflichten
unterscheiden sich daher in erster Linie die Zivil-