858
Militärwesen (C. Militärrechtspflege)
wendbaren materiellrechtlichen Vorschriften be-solche, denen die Befehle über eine Truppenab-
achtet werden müssen.
d) Die D Strafe als Verw trafe kann bei Ver-
letzung der Dienstordnung mit gewissen Beschrän-
kungen auch als Zusatzstrafe zu gerichtlichen Stra-
fen verhängt werden.
. Die einzelnen Strafmittel
scheiden sich, der gesetzlichen Regelung des MStGB
folgend, in solche, die gegen Offiziere, gegen Unter-
offiziere mit Offiziersseitengewehr, gegen andere
Unteroffiziere und gegen Gemeine (einschließlich
Gefreite) verhängt werden dürfen; je höher der
Rang, desto milder ist die Strafart. Nach der
Mar DStO kommt hinter der Klasse der Offiziere
noch die der Deckoffiziere und Unterärzte, auch
sind die Strafen an Bord und ihre Begrenzungen
teilweise andere als am Lande.
1. Ehrenstrafen: Verweis, mehrere Ar-
ten gegen Offiziere und Unteroffiziere, Warnung
gegen Militärbeamte; bei Schiffsjungen öffent-
licher Tadel. Entfernung vom Gefreitengrade;
Einstellung in die Arbeiterabteilung, gleichzeitig
auch Arbeitsstrafe, zulässig gegen Gemeine der
II. Klasse des Soldatenstandes unter bestimmten
Voraussetzungen; die beiden letzteren können auch
unter Umständen Verw Maßnahmen sein.
2. Arbeitsstrafen: besonders Auferle-
gung von Dienstverrichtungen außer der Reihe,
zulässig gegen Unteroffiziere und Gemeine, z. B.
Strafexerzieren, Strafwache, Dienst in Ställen,
auf Kammer, Erscheinen zum Rapport usw., En-
tern über den Topp in der Marine an Bord.
3. Körperstrafen (in der Marine:
Stehen am Deck, auch gegen Schiffsjungen zu-
lässig, gegen einen Teil der Schiffsjungen ferner
körperliche Züchtigung bis zu 10 Hieben, An-
binden hinter einem Vorhang; auch die Arbeits-
strafen sind eine Unterart der Körperstrafen).
4. Freiheitsstrafen:
a) obenan stehen die Arreststrafen: Stuben-
arrest (Kammerarrest) gegen Offiziere und teil-
weise auch gegen obere Militärbeamte, auch gegen
Deckoffiziere und Unterärzte bei der Marine bis
zu 14 Tagen; gelinder Arrest für Gemeine, Unter-
offiziere aller Grade, untere Militärbeamte bis
zu 4 Wochen; mittlerer Arrest für Unteroffiziere
ohne Offiziersseitengewehr und Gemeine bis zu
3 Wochen, mit Beschränkung auch gegen Schiffs-
jungen; strenger Arrest nur für Gemeine bis zu
14 Tagen, in beschränkter Weise auch gegen
Schiffsjungen. —b) Kasernenarrest (Quar-
tierarrest) gegen Unteroffiziere und Gemeine bis
zu 4 Wochen. — c) Urlaubsbeschrän-
kung, d. i. die Verpflichtung, eine bestimmte
Zeit vor (bei Unteroffizieren ohne Offiziersseiten-
gewehr „nach“) Zapfenstreich in die Kaserne
zurückzukehren, bis zu 4 Wochen. — d) Haft-
strafe nur gegen Personen des Beurlaubten-
standes wegen Kontrollübertretungen.
5. Vermögensstrafen.
a) Löhnungsverwaltung, d. h. Entziehung der
freien Verfügung über die Löhnung bis zu 4
Wochen; b) Versetzung in die nächstniedere Löh-
nungsklasse bis zu 3 Monaten in der Marine für
Unteroffiziere ohne Offiziersseitengewehr; c) Lohn-
abzug in der Marine für vertragsmäßig verpflich-
tete Köche, Barbiere usw.
sl 5. Dieziplinarvorgesetzte. D Strafen können
nur Offiziere verhängen und von ihnen auch nur
teilung usw. mit Verantwortung für die D über-
tragen ist und nur innerhalb ihres Befehlsbereiches.
Nicht an den Dienstgrad, sondern an die Dienst-
stellung ist die Strafbefugnis geknüpft und sie
geht von selbst und in vollem Umfange auf den
Stellvertreter im Kommando über.
1. Gewisse Disziplinarstraf en
(gegen Offiziere einfache und förmliche Verweise,
gegen Unteroffiziere einfache, förmliche und
strenge Verweise, Strafdienst, gegen Gemeine
die sog. kleineren DStrafen) kann jeder Vor-
gesetzte verhängen. In der Marine etwas ab-
weichend.
2. Daneben besteht die besondere Straf-
gewalt der einzelnen Kommandostellen; sie
steigert sich mit der höheren Dienststellung. Zu-
nächst ist der niedere D Vorgesetzte berufen, dar-
über zu entscheiden, ob eine Handlung disziplinär
zu bestrafen ist, einer der wichtigsten Grundsätze;
doch gibt es Ausnahmen davon.
3. Die Strafgewalt der Guverneure,
Kommandanten über Festungen, Lager--,
Garnisonältesten usw., räumlich begrenzt und sach-
lich beschränkt, läuft neben der gewöhnlichen
Strafgewalt der Befehlshaber her; ebenso die
Dötrafgewalt der Sanitätsoffiziere,
hierüber Militärärzte S 840.
5#6. Die Ausübung der Disziplinarstrafgewalt.
1. Das militärische Detrafverfahren ist an
keine bestimmten Verfahrensvor-
schriften gebunden; es ist nur bestimmt, daß
der D Vorgesetzte bei Zweifeln über die Schuld
oder den Grad der Strafbarkeit den Hergang der
Sache durch mündliche oder schriftliche Verhand-
lungen aufklären soll. In der Dürftigkeit dieser
Verfahrensvorschriften liegt ein Akt des Ver-
trauens. Gewissenhaftigkeit, strenge Unparteilich-
keit (audiatur et altera pars!), Rechtsgefühl und
Menschenkenntnis werden eine gerechte Handha-
bung der Dötrafgewalt sicherstellen. Die D geht
niemals über die Gerechtigkeit.
2. Art und Maß der Disziplinar-
strafe hat der Militärvorgesetzte innerhalb der
Grenzen seiner D Strafgewalt, unter möglichster
Schonung des Ehrgefühls des zu Bestrafenden,
mit Berücksichtigung seiner Eigenart und bisherigen
Führung, der Natur der zu bestrafenden Handlung
und des durch diese mehr oder weniger gefährdeten
Dienstinteresses zu bestimmen. Der Grundsatz
der Individualisierung steht obenan:
si duc faciunt idem, non est idem. Mit ihr hängt
die Oekonomie in den Bestrafungen zusam-
men und die möglichste Harmonie der Strafe
mit der Uebertretung. Schematisch aber darf nie-
mals verfahren werden. Es gibt Fälle, in denen
ein kräftiges und entschiedenes Zufassen auch gegen-
über der ersten Verfehlung durchaus am Platze ist.
3. Dieselbe Handlung darf in der Regel nur mit
einer Strafe belegt und nur von einem
Vorgesetzten bestraft werden. Auch an
gerichtliche Strafen kann sich eine Dötrafe an-
schließen (oben § 4 Ziff. 1 d). Näheres im Hand-
wörterbuch des Militärrechts S 231 f.
4. Verjährung. 1D Uebertretungen dürfen
3 Monate nach ihrer Begehung nicht mehr be-
straft werden. Kontrollübertretungen der Per-
sonen des Beurlaubtenstandes machen eine Aus-