Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
860 Militärwesen (C 
. Militärrechtspflege) 
  
tur des Militärrechts, 1898; Arndt, Ueber die Rechts- 
gültigkeit der D Strafordnungen, 3 StrW 21, 278; Ders., 
Ueber einige Grundfragen des Militärrechts, Arch Mil R. 
2, S81 ff. 430; Apel, ebenda 2, 321; 3,53; M. E. Mayer, 
Zur Abgrenzung des M eechts vom Kriminalstrafrecht 
DJ 1907, 851; Rissom, Dtrafgewalt über Personen 
des Beurlaubtenstandes, Jahrb. f. A. u. Mar. 1908 S 261, 
1909 S 9, 1910 S 62; Ders., Die Personen des Beur- 
laubtenstandes im Militärstrafgesetzbuch, Goltdrch 55, 93; 
Dietz, BeschwDO für Heer und Marine, 1911; Zahlreiche 
Abhandlungen im Arch f. Militärrecht 1910, 1911, in Hand- 
wörterb. d. Militärrechts, 1912. 
#s. Ferner: v. Meerscheidt-lHüllessem, Hand- 
habung der D Strafgewalt (1905); Spohn, Die Dtraf- 
gewalt des Kompagniechefs, 1902; v. Bolan, Sbren- 
gericht, DBestrafung und Beschwerdens, 1910; Rissom, 
Militärstrafrecht, D Strasgewalt, Ehrengerichte im Deut- 
schen Heere (1908); v. Rabenau, Die deutsche Land= und 
Seemacht und die Berufspflichten des Offiziers“ (1911); 
Dietz, Die Militärstrafrechtspflege im Lichte der Krimi- 
nalstatistik für das deutsche Heer und die Kaiserl. 
Marine, 1908; Goltdurch 58, 408, Zur Kriminalstatistik 
für das d. Heer und die K. Marine; Erhard urch Mil 3, 
291 (Milftrim. Stat. 1910). — Bei Dietz, DSt0 und 
Beschw'O weitere Lit. 
1 Disziplin, Militärpersonen, Milltärgerichtsbarkeit. 
Dietz. 
II. Militärstrafgerichtsbarkheit :) 
5 1. Geschichtliches. # 2. Uebersicht. Grundzüge. s 3. Der 
versönliche Umfang. 3s 4. Sachlicher Umsang. 15. Ausübung. 
#0c Ermittlungsverfahren. 3 7. Einzelheiten des Verfahrens. 
5s# 1. Geschichtliches. Die Wurzeln der M. 
reichen weit ins Mittelalter zurück. Die Anfänge 
wie überhaupt die Entwicklung (meist gewohn- 
heitsrechtlich) harren noch weiterer Forschung. 
Seit Beginn des 16. Jahrhunderts wurden aus 
praktischen Gründen im Anschluß an die Verände- 
rungen in der Art der Kriegführung (Söldner- 
heer!) allgemein Kriegsgerichte eingeführt. Ibre 
Zusammensetzung war im wesentlichen wie die 
der bürgerlichen Gerichte gestaltet, wenigstens 
bei den Fußknechten: ein Richter, eine Anzahl 
Beisitzer (Schöffen, 6 bis 12) und der Umstand 
(alle Kriegsleute des Regiments). Meist wurden 
die Beisitzer noch durch Gerichtsoffiziere ergänzt, 
die schließlich allein zur Urteilsfindung berufen 
wurden. Die Gerichtsherrlichkeit war beim Ober- 
sten des Regiments, der aber durch einen Schult- 
heißen (meist ein Hauptmann oder höherer Offi- 
zier) die laufenden Geschäfte erledigen ließ. Der 
Schwerpunkt des Verfahrens lag in der Haupt- 
verhandlung. Die oberste Gerichtsgewalt lag 
beim Kaiser, der sie in der Hauptsache durch einen. 
Feldmarschall ausüben ließ. Die späteren Jahr- 
hunderte brachten mannigfaltige Aenderungen 
(besonders durch Anlehnung an die bürgerliche, vo#n 
den mittelalterlichen Grundsätzen der Erblichkeit 
und lehnrechtlichen Verleihung beherrschte Justiz), 
doch war die Entwicklung in den Bundesstaaten 
verschieden. Der gemeinrechtliche Untersuchungs- 
–-. 
1 Ueber Militärrechtspflege weiteres 17 Militärpersonen 
* 5 oben S 847. 
  
prozeß gab nach und nach die Grundlage für das 
militärgerichtliche Verfahren ab; das Unter- 
suchungsverfahren wurde überall maßgebend und 
schien auch am besten der Auffassung zu entspre- 
chen, daß die M. Ausfluß der Kommandogewalt 
sei. Zu vergleichen sind die noch heute geltende 
österreichisch-ungarische MStGO, die württember- 
gische von 1818, die auf der KriminalO v. 1805 
aufbauende preußische MSt4G v. 3. 4. 45, auch 
das ältere bayerische Militärstrafverfahren; doch 
hat die seit 1848 überall einsetzende Reformbewe- 
gung in Bayern schon früh (1856, 1862) zu einer 
npassung an die Grundsätze des bayer. Straf- 
prozeß G v. 10. 11. 48 und im Jahre 1869 zu 
einer neuen bayerischen MSt GO geführt, die 
im wesentlichen mit den Grundsätzen der Heim- 
lichkeit, der Schriftlichkeit und der gebundenen 
Beweiswürdigung brach, ohne daß die Anklage- 
grundsätze rein durchgeführt wurden; sie brachte 
auch Geschworenengerichte, eine Einrichtung, die 
nach allgemeiner Auffassung den militärischen Be- 
dürfnissen, vor allem in Kriegszeiten, wenig ent- 
sprach. Die Reformbestrebungen auf dem Ge- 
biete des Militärstrafverfahrens wurden seit Grün- 
dung des Deutschen Reiches nachdrücklicher und 
führten in der MStGO v. 1. 12. 98, einge führt 
seit 1. 10.00, zur einheitlichen Gestaltung innerhalb 
des ganzen Reiches. 
Wegen der Kolonien 78 Schutztuppe. 
## 2. Uebersicht. Grundzüge. Die M. als 
Sondergerichtsbarkeit des Reichs rechtfertigt sich 
ebenso wie die besondere militärische Strafgesetz- 
gebung geschichtlich und aus den besonderen 
ienst= und Standesverhältnissen von Heer und 
Marine. Aus praktischen Bedürfnissen sind die 
Kriegsgerichte des Mittelalters hervorgewachsen. 
Die Formen des Verfahrens haben sich geändert. 
Der Anklageprozeß, mündlich und öffentlich vor dem 
„Umstand“ mit seinen Schöffen (Kriegsleuten, 
Offizieren) als Urteilsfindern, dem Schultheiß als 
dem Ankläger, hat nach und nach dem Unterfu- 
chungsprozeß mit seiner schriftlichen Heimlichkeit 
und Gebundenheit an Beweisregeln Platz machen 
müssen; die Person des Gerichtsherrn stand 
jedoch allezeit im Mittelpunkte des Verfahrens. 
Der Heerführer war alten deutschen Auffassungen 
entsprechend der eigentliche Richter; Schultheiß, 
Gerichte usw. waren seine Organe. Die Gerichts- 
barkeit war Ausfluß der Befehlsgewalt. Sie ist 
es bis auf den heutigen Tag geblieben und nur 
vorũbergehend, z. B. in der bayer. MStGO v. 
29. 4. 69, war die Stellung des Gerichtsherrn 
etwas Wrie M 
uch das heutige Militärstrafverfahren, dur 
MSteGO v. 1. 12. 98 (in Kraft seit 00) is 
die ganze bewaffnete Macht des Reiches, einschließ- 
lich Bayern, eingeführt, hat, auch sonst den Grund- 
gedanken der preuß. MStGO von 1845 folgend, 
an der besonderen Stellung des Gerichtsherrn 
nicht viel geändert. Die Trennung von Gerichts- 
herr und Gericht entspricht, trotz abweichender 
Ausgestaltung der organisatorischen Grundgedan- 
ken, durchaus der Gegenüberstellung von Richter 
und Urteilsfinder des mittelalterlichen Verfahrens. 
Als Ausfluß der Kommandogewalt ist die M. ein 
Recht der Kontingentsherrn; mit der Uebertragung 
einer Befehlshaberstelle wird die M. dem Befehls- 
haber als dem Gerichtsherrn übertragen. „Er ist 
der Träger der militärischen Gerichtsgewalt, des
	        
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