Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Militärstrafgerichtsbarkeit 
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staatlichen imperium, ebenso wie der Graf oder 
Bogt im Mittelalter der Träger der bürgerlichen 
Gerichtsbarkeit war“ (Laband 4, 108). 
Die RMtO hat sich die wichtigsten Grund- 
sätze eines modernen Strafverfahrens zu eigen 
gemacht; sie ist der bürgerlichen Strafprozeßord- 
nung, soweit nicht die besonderen militärischen 
Rücksichten Abweichungen erforderten, in vielem 
gefolgt. Oeffentlichkeit, Mündlichkeit und Un- 
mittelbarkeit, freie Beweiswürdigung hat sie über- 
nommen, die richterliche Tätigkeit ist gehoben, die 
Mitwirkung der Juristen beim Urteilsspruch (abge- 
sehen vom Verfahren der niederen Gerichtsbar- 
keit) ist gesichert, ein Rechtsmittelsysteim ist ausge- 
baut, das über das des bürgerlichen Strafprozesses 
hinausgeht. Das Verfahren ist dennoch im Grunde 
Untersuchungsverfahren wie das alte preußische, 
allerdings mit herzhaften Ansätzen zur Partei- 
stellung (vgl. Rissom). ;- 
§3.DerpekiöulicheumfaugverMllitätftrafs 
gerichtsbarkeit. 
1. Den unbeschränkten Militär- 
gerichtsstand (§ 1 MStE0O) haben 
a) die Militärpersonen (S 844] (Personen des 
Soldatenstandes und Militärbeamte, § 4 MStGB) 
des aktiven Heeres und der aktiven Marine. Wer 
dazu zählt, ist aus #38 RMil GG, Mar Org Best 
* 2 zu entnehmen. 
b) Mehrere Personenklassen, die unter Ziff. 2 
bis 8 des §1 MSt GO aufgeführt sind, z. B. Offi= 
ziere usw. z. D., Offiziere à la suite, die nicht zum 
Soldatenstande gehören, solange sie zur Dienst- 
leistung zugelassen sind, eingeschiffte Schiffsjungen, 
in militärischen Anstalten versorgte Offiziere und 
Mannschaften, vorübergehend verwendete Offi- 
ziere a. D., beim kriegführenden Heere befindliche 
Personen, Kriegsgefangene usw. 
Einschränkungen dieses Grundsatzes ergeben sich 
lauf Grund der ##3, 7—9 MSt GGO. Vor allem erlischt die 
militärgerichtliche Zuständigkeit bei Entlassung aus dem 
aktiven Dienste, die dann stattfindet, wenn die Verurteilung 
wegen einer vor dem Diensteintritt begangenen Straftat 
zu einer Frciheitsstrase von mehr als 6 Wochen usw. zu er- 
warten ist. 
2. Den beschränkten Militärge- 
richtsstand (§5 MStO) haben: 
a) Die Personen des Beurlaubtenstandes (und 
ihnen gleichgestellte), soweit sie den Militärstraf- 
gesetzen unterstehen (bes. IS 6, 113 MtehB; 
RMilG #5 60 Ziff. 3; b) die dem Beurlaubten- 
stande angehörenden Offiziere, Sanitätsoffiziere, 
Ingenieure des Soldatenstandes wegen Zwei- 
kampfes, Herausforderung dazu usw.;c) Offiziere 
à lasuite, die nicht zum Soldatenstande gehören, 
auch wenn sie nicht zur Dienstleistung zugelassen 
sind, wegen der in der Militäruniform begangenen 
Handlungen gegen die Pflicht der militärischen 
Unterordnung. 
3. Den ausnahmsweisen Gerichts- 
stand (§* 11 MSte#O) haben frühere Militär- 
personen des aktiven Heeres oder der aktiven 
Marine, wenn sie sich innerhalb eines Jahres nach 
Beendigung des die M. begründenden Verhält- 
nisses wegen der ihnen widerfahrenen Behand- 
lung einer Beleidigung oder Herausforderung 
zum Zweikampf gegenüber einem früheren mili- 
tärischen, noch im aktiven Dienst befindlichen Vor- 
gesetzten schuldig machen usw. Auf Grund dieser 
Gesetzesvorschrift können Personen militärgericht- 
  
lich verurteilt werden, deren militärische Be- 
ziehungen vollständig gelöst sind. 
4. Wegen der Gendarmen 7X Gendarmerie. 
5. Der Militärgerichtsstand wird 
durch die Beendigung des die M. begründenden 
Verhältnisses wegen der vor der Beendigung be- 
gangenen Handlungen grundsätzlich nicht beseitigt. 
Gewichtige Ausnahmen s. unter #& 4c. 
## 4. Sachlicher Umfang. Allgemeiner 
Grundsatz ist, daß die vor dem aktiven 
Dienst liegenden und während des aktiven Dienstes 
begangenen Handlungen den Militärgerichten un- 
terfallen. 
Einschränkungen des GErundsatzes: 
a) Zuwiderhandlungen gegen Finanz-, Polizei-, 
Jagd= und Fischereigesetze und Verordnungen 
deser Art werden von den bürgerlichen Behörden 
erledigt, wenn die Handlung nur mit Geldstrafe 
und Einziehung oder mit einer dieser Strafen 
bedroht ist. 8 2 MStGO. 
b) Reine Amtsdelikte der nicht dem 
Offiziersstande angehörenden Militärpersonen des 
aktiven Heeres und der aktiven Marine fallen den 
bürgerlichen Gerichten zu, wenn sie bei Verwen- 
dung im Zivildienst des Reichs, eines Bundes- 
staates oder einer Gemeinde begangen wurden 
(§ 3). 
c) Die Straftaten, die mit militärischen nicht 
zusammentreffen, sind nach Beendigung des die 
M. begründenden Verhältnisses von den bürger- 
lichen Gerichten zu erledigen, es sei denn, daß 
schon die Anklage erhoben (§ 258 MStG0) oder 
eine Strafverfügung des Gerichtsherrn zugestellt 
war (§ 10). 
d) Wenn bei Zuwiderhandl. gegen gemeine 
Strafgesetze auch Personen als Täter, Teilnehmer, 
Begünstiger oder Hehler beteiligt waren, die der 
Militärgerichtsbarkeit unterstellt sind, kann der 
Gerichtsherr die Uebergabe an die bürgerlichen 
G#orichte zur Untersuchung und Aburteilung ver- 
ügen. 
Dieser praktischen Gesichtspunkten Rechnung 
tragende Grundsatz gilt auch für wechselseitige 
Beleidigungen und Körperverletzungen (§ 4). 
*5. Ausübung der Militärstrafgerichtsbarkeit. 
1. Wie im früheren Preußischen Verfahren 
steht der Gerichtsherr im Mittelpunkte des 
ganzen Verfahrens. Er ist der eigentliche Richter; 
der Wortlaut des § 12 MStGO und die durch 
5 18 gewährleistete Unabhängigkeit der erkennen- 
den Gerichte ändern an dieser Auffassung nichts. 
Das erkennende Gericht, von ihm berufen, ist 
eines seiner Organe; er verhilft dem Urteil durch 
die Bestätigung und durch die Anordnung der 
Strafvollstreckung zu staatsrechtlicher Wirksamkeit. 
Staatsrechtlich betrachtet ist die Bestätigungs- 
order der entscheidende Akt, das Machtwort der 
Staatsgewalt, während das Urteil des Gerichts 
als ein Gutachten, im Frieden allerdings als ein 
bindendes Gutachten anzusehen ist (Laband, M. E. 
Mayer, Rissom). 
Die Ausübung der Gerichtsbarkeit wird durch 
das Personalitätsprinzip beherrscht: der Gerichts- 
herr hat die Gerichtsbarkeit über die zu seinem 
Befehlsbereiche gehörenden Personen. Von die- 
sem Grundsatze gibt es Ausnahmen. 
2. Es werden Gerichtsherrn der höheren 
und niederen Gerichtsbarkeit unter- 
schieden. 
Dieniedere Gerichtsbarkeik fällt den Re- 
 
	        
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