Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Minister, Ministerium 
  
an deren Spitze derselbe steht, heißt „Mini- 
sterium" („Staatsministerium"). Als Staats- 
ministerium wird aber auch in zahlreichen 
deutschen Staaten bezeichnet das, entweder aus- 
schließlich oder wenigstens hauptsächlich,) aus den 
Vorständen der einzelnen Ministerien gebildete 
Kollegium (Gesamt Min), welches wesent- 
lich dazubestimmt ist, neben und gegenüber der 
Geschäftsverteilung unter die verschiedenen Mini- 
sterien die Einheit der Staatstätigkeit zu 
sichern (s. zö 8—10). «« 
II. Für den Begriff bezw. die rechtliche Stellung 
der Min in den konstitutionellen deutschen Staaten 
ist weder diese Bezeichnunng noch auch der 
Titel „Staatsminister“ entscheidend. 
1. Einerseits kommt denjenigen Beamten, welche 
die rechtliche Stellung eines Min ein- 
nehmen, nicht immer der Titel „Staatsmini- 
ster“ oder auch nur der einfache Min Titel zu. So 
führt in mehreren deutschen Staaten (Baden, 
Hessen, Sachsen-Weimar usw.) lediglich der Prä- 
sident des Gesamt Min (s. 89 11) den Titel „Staats- 
minister“, während den übrigen verantwortlichen 
Departementsvorständen auch der (einfache) Min- 
Titel nicht oder nur kraft besonderer Verleihung 
zukommt. Auch in Württemberg haben die verant- 
wortlichen Departementschefs nicht notwendiger- 
weise den Titel eines Staats Min oder Min (VuU 
5#P 51, 52; VG v. 1. 7. 76 a 1). Als eine Modi- 
fikation des regelmäßigen Min Begriffs aber 
ist es anzusehen, daß in einigen deutschen Klein- 
staaten ein Staats Min (Miny) als verantwort- 
licher Leiter der gesamten Staatsgeschäfte fungiert 
(vgl. § 2 1). 
2. Andererseits kommt der Titel „Minister“ 
bezw. „Staatsminister“ vielfach Personen zu, auf 
welche die oben (1) gegebene Begriffsbestimmung 
durchaus nicht anwendbar ist. Als „bevoll- 
mächtigte Minister' (Ministres pléni- 
potentiaires) werden die Gesandten der zweiten 
Rangklasse, als „Ministerresidenten“ 
(Ministres résidents) die Gesandten der dritten 
Rangklasse bezeichnet. Der Titel „Minister“ pflegt 
dem Vorstande der Angelegenheiten des landes- 
herrlichen Hauses zuzukommen, auch wo das 
„Hausministerium" nicht den Charakter 
einer Staatsbehörde trägt ( Landesherrliches 
Haus § 5). Mitgliedern des Gesamt Min, welche 
nicht an der Spitze eines Verw Departements 
stehen, wird zuweilen der Titel eines Min (Staats- 
Ming) erteilt— sog. Minister ohne Porte- 
feuille (unten 56 9) im Gegensatz zu den sog. 
Fachministern. Ueber das „Ministerium für 
Elsaß-Lothringen“ § 2 1 a. E. 
  
I. Die einzelnen Minister 
a) Rechtliche Stellung der Minister 
## 2. In den modernen konstitutionellen Mo- 
narchien haben die Min eine besondere sowohl 
verwaltungsrechtliche als ver fas- 
sungsrechtliche Aufgabe und Stellung. 
I. Seit dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts 
sind allmählich, nach dem Vorgange Frankreichs, in 
fast sämtlichen Staaten europäischer Gesittung 
für die Organisation der Zentralverwaltungsbe- 
hörden das Realsystem und das Bureau- 
  
system maßgebend geworden. Die Gesamtheit 
der staatlichen Verw Geschäfte ist gemäß dem sach- 
lichen Zusammenhang in eine Anzahl größerer 
Gruppen zerlegt und die oberste Leitung jedes 
dieser Departements für das ganze Staatsgebiet 
unter dem Staatsoberhaupte einem einzelnen — 
regelmäßig als Min bezw. Staats Min bezeichneten 
(vgl. & 1 II) — Staatsbeamten zugewiesen. Diese 
verwaltungsrechtliche Organisa- 
tion hatte auch in den deutschen Ländern teil- 
weise schon vor Einführung der konstitutionellen 
Einrichtungen Geltung erlangt (so in Bayern 
1799 bezw. 1806, in Württemberg 1806, in Baden 
1809, in Preußen 1808 bezw. 1810). In anderen 
deutschen Staaten ist eine solche Ministerial- 
organisation der Verwaltung erst in Verbindung 
mit dem Uebergang zum Konstitutionalismus er- 
folgt (so im Großh. Hessen 1821, in Sachsen 1831). 
In den Staaten der ersteren Kategorie hat im 
Verlauf der konstitutionellen Entwicklung eine 
Weiterbildung des Min Instituts in den unter II 
zu bezeichnenden Richtungen stattgefunden. Nur 
eine unvollkommene Ausgestaltung hat die ver- 
waltungsrechtliche Seite der Ministerialorgani- 
sation in mehreren kleinen deutschen Staaten er- 
halten, in welchen ein Min die Leitung der 
gesamten Staatsgeschäfte unmittelbar unter dem 
Staatsoberhaupte in seiner Hand vereinigt. Auch 
das Deutsche Reich hat für die Leitung der 
seiner allgemeinen Kompetenz unterliegenden An- 
gelegenheiten nur einen verantwortlichen Vor- 
stand unmittelbar unter dem Kaiser, den Reichs- 
kanzler (VI. Ebenso hat für die elsaß-lothrin- 
gischen Angelegenheiten im wesentlichen nur der 
Statthalter (y] eine der Stellung eines verant- 
wortlichen Min analoge Stellung, während das 
„Ministerium für Elsaß-Lothringen“ eine zu seiner 
Unterstütung bezw. Vertretung bestimmte Be- 
hörde ist ( Elsaß-Lothringen 3 31. 
II. Die verfassungsrechtliche 
deutung der Au— *½ K# 
in zwei, eng miteinander zusammenhängenden 
Grundsätzen: J 
1. Der konstitutionelle Monarch ist (regelmäßi 
durch Vorschrift der V) in der persönlichen Vöig 
nahme von Staatsakten beschränkt durch das Er- 
fordernis einer selbständigen Mitwir- 
kung (wenigstens) eines Ministers (§ 6). 
2. Die Min sind nicht nur, wie die übri 
Staatsbeamten, für ihre amtliche Tätigkeit #em 
Monarchen verantwortlich, sondern sie haben auch 
eine — regelmäßig auf sie beschränkte — Ver- 
ant wortlichkeit gegenüber der 
Volksvertretung sowohl für ihre Mit- 
hiirbng bei der Regeten des Staatsober- 
auptes a ür ihre eigene Verwäätigkei 
umh. gteit 
Vermöge ihrer Stellung im VerwOrgani 
bilden die einzelnen Min rechtlich das *r7 — 
glied zwischen dem Monarchen und allen 
mit Funktionen des betreffenden Dienstzweiges 
betrauten Behörden. Vermöge ihrer ver- 
fassungsrechtlichen Stellung sind die Min ver- 
mittelndes Organ zwischen dem Monar- 
chen und der Volksvertretung. So 
stehen dieselben im Mittelpunkte des gesamten 
Staatslebens, wenn auch in Unterordnung unter 
  
den Herrscher.
	        
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