Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
wortlichkeit der Min betr., v. 4. 6. 481), a 4; 
sächs. VU #§ 43; württ. VUI 8 51; bad. VUu 8678g; 
hess. V v. 28. 5. 1821). Die verschiedenen Aus- 
drücke, deren sich die Verfassungen bezw. Gesetze 
zur Bezeichnung der kontrasignaturbedürftigen 
Akte des Landesherrn bedienen („Regierungs- 
akte“, „Regierungsanordnungen", „Verfügungen 
in Regierungsangelegenheiten", „Verfügungen, 
welche die Staatsverwaltung betreffen“, „Ver- 
ordnungen und Verfügungen, welche sich auf die 
Regierung und Verwaltung des Landes beziehen“), 
sind gleichmäßig in dem eben bezeichneten Sinn 
zu verstehen. Eine allgemein — auch ohne aus- 
drückliche verfassungsmäßige oder gesetzliche Sank- 
tionierung — anerkannte Ausnahme von dem 
Erfordernis der Kontrasignatur bilden jedoch die- 
jenigen Befehle des Landesherrn, welche er kraft 
seiner militärischen Kommandogewalt an die dieser 
untergebenen Personen erläßt (J Armeebefehl; 
abweichend Marschall von Bieberstein, der an- 
nimmt, daß es sich hier nicht um eine Ausnahme 
von idem verfassungsmäßigen Erfordernis der 
Kontrasignatur, sondern nur um eine Anwendung 
der unbedingten Gehorsamspflicht der Personen 
des Soldatenstandes gegenüber Dienstbefehlen 
ihrer Vorgesetzten handelt). Dagegen bedarf der 
Monarch, in Ermangelung abweichender Bestim- 
mung (solche enthält das oldenburg. St'yGv. 1852, 
a 12 & 5), der ministeriellen Gegenzeichnung auch 
für die Ernennung und Entlassung von Min 
(a. A.: Zöpfl, v. Gerber usw.), und es erscheint 
als unzulässig, daß der neue Min selbst seine 
Ernennung kontrasigniere (a. A.: G. Meyer, 
v. Rönne, Seydel, v. Sarweyh). Für die Verleihung 
von Orden ((Cund anderen Auszeichnungen muß 
die ministerielle Gegenzeichnung als erforderlich 
gelten (X Landesherr &# 5 unter 51. 
2. In der Regel genügt die Gegenzeichnung 
eines Min (bezw. Departementsvorstandes); 
nur ausnahmsweise ist die Gegenzeichnung meh- 
rerer Min (so von 3 Min bei geheimen Ausgaben 
in Sachsen, Vu §& 90 Abs 2) oder aller Mit- 
glieder des Staats Min (so bei Notverordnungen 
in Sachsen, Bl § 88 Abs 2; vgl.'über Preußen 
unten § 10 III 1 b) erforderlich. Als vorzugsweise 
zur Gegenzeichnung berufen erscheint derjenige 
Min, in dessen Geschäftskreis der Akt einschlägt, 
bezw. wenn mehrere Ministerialdepartements sach- 
lich beteiligt sind, jeder der betr. Min. Nach der 
württ. VU # 51 und dem bayer. G v. 4. 6. 48 
a 4 ist aber die Gegenzeichnung des bezw. der 
Departementschefs, in dessen bezw. 
deren Geschäftskreis die königliche An- 
ordnung fällt, rechtliches Erfordernis (a. A. Sar- 
wey, Württ. Staatsr., 2 J§ 92 Anm. 4); dieselbe 
Bedeutung hat wohl auch die Bestimmung der 
sächs. Vl § 43, daß die königlichen Verfügungen 
von dem Vorstande eines Ministerialdepartements, 
welcher bei der Beschlußnahme wirksam gewesen 
ist, gegenzuzeichnen seien (vgl. sächs. V v. 7. 11. 31 
§+ 5 Abfs 4, nach welcher in Behinderungsfällen 
des „betreffenden“ Chefs die Gegenzeichnung nur 
von einem hierzu durch den König beauftragten 
Vorstand eines anderen Ministerlaldepartements 
geschehen kann). 
1) Wenn im folgenden daz bayer. Gv. 4. 6. 48 ohne 
weiteren Zusatz zjitiert wird, ist immer das G, betr. die 
  
Minister (Ernennung, Entlassung) 
  
Verantwortlichleit der Minister, gemeint. 
v. Stengel-Fleilschmann, Wörterbuch 2. Aufl. II. 
881 
—.— 
3. Die Gegenzeichnung erfolgt durch Mit- 
unterschrift der von dem Landesherrn per- 
sönlich zu unterfertigenden Urkunde. Damit ist 
zugleich die Schriftlich keit zum rechtlichen 
Erfordernis der landesherrlichen Reg Akte, soweit 
denselben rechtliche Wirkungen zukommen sollen 
(s. unten 5), erhoben. 
4. Die Gegenzeichnung hat im konstitutionellen 
Staate nicht nur und auch nicht hauptsächlich die 
Bedeutung einer Beglaubigung der Echtheit und 
Ernstlichkeit der landesherrlichen Willenserklärung. 
Vielmehr soll durch dieses Erfordernis dem Willen 
des Landesherrn eine Schranke gesetzt wer- 
den. Hieraus, sowie aus der Verantwortlichkeit, 
welche der Min durch die Gegenzeichnung über- 
nimmt (unten #&# 14 1), folgt, daß der Min nicht 
unbedingt verpflichtet ist, auf Befehl des Monar- 
chen zu kontrasignieren; vielmehr hat er die Gegen- 
zeichnung der landesherrlichen Ausfertigung zu 
verweigern, wenn er überzeugt ist, daß diese eine 
Gesetzesverletzung oder eine Beeinträchtigung des 
Landeswohls enthält (ausdrücklich bestimmt durch 
das bayer. G v. 4. 6. 48 J 7). Dem Monarchen 
ist die erforderliche Freiheit des Handelns insbe- 
sondere gegenüber ungegründeten Bedenken eines 
Min gewahrt durch die Befugnis, ihn jederzeit 
zu entlassen (§ 7 II). 
5. Der Mangel der erforderlichen ministe- 
riellen Gegenzeichnung bewirkt die Ungültig- 
keit oder wenigstens die Unvollziehbar-= 
keit des landesherrlichen Aktes (die preuß. Vl. 
à 44 — der die RV a 17 gefolgt ist — macht die 
Gültigkeit, die sächs. VUl § 43 die Verbindlichkeit, 
das bayer. Gv. 4. 6. 48 a 4 und die bad. Vl. 
67 gx die Vollziehbarkeit des Erlasses von der 
Kontrasignatur abhängig). a 5 des bayer. G v. 
4. 6. 48 bestimmt außerdem, daß derjenige Staats- 
beamte, welcher den Vollzug einer ohne ministe- 
rielle Gegenzeichnung ergangenen Reg Anordnung 
auf sich nimmt, sich des Mißbrauchs der Amtsge- 
walt schuldig macht. Jedenfalls haften überhaupt 
diejenigen Beamten, welche einen nicht kontra- 
signierten landesherrlichen Befehl zum Vollzug 
bringen, für die zu diesem Behuf von ihnen vor- 
genommenen Handlungen, ohne durch Berufung 
gar ihre dienstliche Gehorsamspflicht geschützt zu 
ein. 
d) Ernennung und Entlassung (Pensio- 
nierung) der Minister 
# 7. In der Bestimmung der Personen der 
Min ist der Landesherr grundsätzlich frei; anderer- 
seits ist niemand verpflichtet, die besonders verant- 
wortliche Stellung eines Min zu übernehmen 
oder darin zu verbleiben. 
I. Die Ernennung der Min, wie regel- 
mäßig der Staatsbeamten überhaupt, steht dem 
Landesherrn zu (das Recht des Königs, die Min 
zu ernennen, ist in der preuß. Vl # 45 neben 
dem in a 47 anerkannten generellen Aemterbe- 
setzungsrecht des Königs besonders hervorgehoben). 
Die allgemeinen rechtlichen Erfordernisse für Er- 
langung eines Staatsamts gelten auch in bezug 
auf die Min Stellen. Dagegen ist die Ernennung 
zum Min nicht an eine bestimmte Vorbildung 
oder an das Bestehen einer Prüfung gebunden. 
In Bayern kann die Führung eines Min nur 
einem Staatsrate im ordentlichen Dienste über- 
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