Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
  
Minister (Gesamt-Ministerium) 
bis 80. Weggefallen ist der Kgl Gerichtshof für 
kirchliche Angelegenheiten, dagegen hinzugekommen 
die Ansiedelungskommission (X) für Westpreußen 
und Posen). 
2. In Bayern sind dem Staats Min nur in 
sehr geringem Umfange nach außen hervor- 
tretende Funktionen zugewiesen. Insbesondere 
hat es nach Tit. II § 12 Vl die Urkunde, durch 
welche der König für den Fall der Minderjährig- 
keit seines Nachfolgers den Reichsverweser er- 
nannt hat, nach Ableben des Königs öffentlich 
bekannt zu machen. Ein Recht der Entscheidung 
ist dem Staats Min durch das G v. 8. 8. 78 a 47 
in Fällen der Enteignung (7] für Zwecke der Lan- 
desverteidigung gegeben. Nach G v. 18. 8. 79a 4 
Abs 4 ist die Geschäftsordnung des Gerichtshofs 
für Kompetenzkonflikte dem Staats Min zur Be- 
stätigung vorzulegen. 
3. Im Königreich Sachsen hat das Staats Min: 
a) Im Fall der Notwendigkeit einer Regent- 
schaft ld| den Zusammentritt des Familienrats 
zu veranlassen (Vll & 11); 
b) den geschäftlichen Verkehr zwischen der Re- 
gierung und dem Landtag bezw. den einzelnen 
Kammern zu vermitteln (VuU # 132, 133, vgl. 
auch §& 115 Abs 4); 
IP) über schriftliche Beschwerden der Untertanen, 
welche von den Ständen ihm überwiesen werden, 
zu beschließen (Vu § 111); 
d) in den Fällen, in denen die Auflagen für 
den notwendigen Staatsbedarf einseitig durch den 
König ausgeschrieben werden, die betr. Verord- 
nung zu erlassen (Gv. 5. 5. 51 515); 
e) in den gesetzlichen Fällen den Kriegszustand 
[J Belagerungszustand)] zu erklären und gewisse 
Vorschriften der Verfassungsurkunde bezw. der Ge- 
setze außer Kraft zu setzen (Gv. 10. 5. 51 88 13ff); 
f) über Beschwerden gegen Mißbrauch der kirch- 
lichen Gewalt zu beschließen (Vu #8 58); 
g) über die Notwendigkeit von Enteignungen F] 
in den gesetzlich nicht bestimmten Fällen zu ent- 
scheiden (Vu K 31). 
h) Endlich unterstehen gewisse Behörden un- 
mittelbar dem Gesamt Min (Otto Mayer 256). 
4. In Württemberg hat das VG v. 1. 7. 76 
à 8 dem Staats Min einige Funktionen, welche 
bisher dem Geheimen Rate zustanden, über- 
wiesen: so insbesondere die geschäftliche Vermitt- 
lung zwischen dem König und den Ständen 
(Vu 9/ 126) und die Erteilung von Auskunft an 
die Stände über den Gegenstand von Beschwerden, 
für welche diese sich verwenden (Vll § 38). Ferner 
ist das Staats Min unmittelbar vorgesetzte Dienst- 
behörde gegenüber dem Verwöerichtshofe, dem 
Disziplinarhofe und dem Kompetenzgerichtshofe, 
sowie gegenüber den württembergischen Bundes- 
ratsbevollmächtigten. 
5. In Baden ist das Staats Min nach Vu 
6#75 dasjenige Organ, das die Regierung gegen- 
über den Kammern formell zu vertreten hat. 
Ferner hat es in letzter Instanz zu beschließen über 
Beschwerden von Staatsangehörigen wegen Ver- 
letzung verfassungsmäßiger Rechte (VBuU #67 Abs 2), 
sowie über Rekurse in Verw Sachen (Verfahrens- 
Ov. 31. 8. 84 § 36). Aber in diesen wie in zahl- 
reichen anderen Fällen, in denen dem Staats Min 
eine Entscheidung zugewiesen ist, ergeht die Ent- 
scheidung als Entschließung des Großherzogs. 
  
  
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III. Die Berantwortlichkeit der Minister 
# 11. a) neberhaupt. I. Die Normen über 
die zivilrechtliche und über die straf- 
rechtliche Verantwortlichkeit der Beamten 
überhaupt finden auch auf die Min Anwendung. 
Dagegen die Bestimmungen über diszipli- 
näre Verantwortlichkeit für Verletzungen der 
Dienstpflichten sind auf die Min nicht ausgedehnt, 
teils weil die Geltendmachung der Disziplin gegen- 
über den obersten Beamten nur schwer gehörig 
eingerichtet werden könnte, teils weil Surro- 
gate für eine disziplinäre Verfolgung der mini- 
steriellen Pflichtverletzungen gegeben sind sowohl 
durch das unbeschränkte Recht des Monarchen, 
jederzeit den Min zu entlassen (oben § 7 II), 
als durch die besondere Verantwortlichkeit der 
Min gegenüber der Volksvertretung im konsti- 
tutionellen Staate. 
II Gegenüber der Volksvertre- 
tung sind die Min die Vertreter der 
Staatsregierung. Sie (bezw. das Ge- 
samt Min, oben § 10 III) haben nicht nur den 
geschäftlichen Verkehr zwischen dem Landesherrn 
und dem Landtag ([/Ü zu vermitteln, sondern auch 
selbständig die Vorlagen sowie die Maßregeln 
bezw. Anschauungen der Regierung vor dem Land- 
tag zu vertreten. Demgemäß ist ihnen sowie ihren 
Kommissarien das Recht gegeben, an den Sitzun- 
gen der Kammern, auch wenn sie nicht Mitglieder 
des Landtages bezw. der Kammer sind, teilzu- 
nehmen und dort jederzeit das Wort zu ergreifen 
(preuß. VlI a 60 Abs 1, bayer. VU# Tit. VII 124, 
sächs. Landtags O v. 12. 10. 74 & 29 und 30, 
württ. Vl §5 169, bad. Gv. 21. 12. 69 a#9, hess. 
G, die landständische Gesch O betr., v. 17. 6. 74 
a 43 usw.), während ihnen Stimmrecht nur in 
dem Falle, daß sie Mitglieder der Kammern sind, 
zukommt (in Sachsen sind nach § 4 WahlG v. 
3. 12. 68 diensttuende Staats Min in den Land- 
tag nicht wählbar). Andererseits aber sind sie 
wenigstens in einigen deutschen Ländern (insbes. 
Preußen, Vll a 60 Abs 2) verbunden, auf Ver- 
langen jeder Kammer in derselben zu erscheinen, 
und haben sie die Verpflichtung, über die Ange- 
legenheiten ihres Departements dem Landtag 
Auskunft zu geben, soweit der Volksvertretung 
vermöge des derselben zustehenden Rechts der 
Kontrolle über die Staatsverwaltung oder kraft 
ausdrücklicher Bestimmungen (z. B. preuß. VU 
a 81 Abs 3; bayer. G v. 19. 1. 72 à 18—21; sächs. 
Aucsg9 Abs 1) ein Recht auf Auskunft zukommt. 
Falls ein Akt des Min bezw. des Staats Min nach 
Ansicht des Landtages bezw. einer Kammer eine 
Verfassungs= bezw. Gesetzesverletzung enthält, oder 
der Min resp. das Staat Min einer nach Ansicht 
des Landtags bezw. einer Kammer gegründeten 
Beschwerde des Verletzten über verfassungs- 
widrige bezw. ungesetzliche Handlungen einer un- 
tergeordneten Behörde innerhalb der Grenzen 
seiner Zuständigkeit nicht abhilft, kann auch von 
seiten des Landtags bezw. der Kammer Be- 
schwerde bei dem Landesherr erhoben, oder 
die Beschwerde des Verletzten an den Landesherrn 
gebracht werden (nähere Bestimmungen über 
dieses Beschwerderecht enthält insbes. die bayer. 
VlU Tit. VII 921 und Tit. X § 5; die sächs. VU 
  
  
88 36, 110, 111, 140; die bad. VlI § 67; die hessf. 
Vua 79—82). Vor allem aber steht dem Land-
	        
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