Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Nachtrag (Hausarbeit) 
939 
  
kung der Dezentralisation eine Verbesserung er- 
fahren. 
B. Bermögenõverwaltung (zu SII4f, 118f). 
Die Gemeindeumlagen in Hessen 
haben durch das neue G v. 8. 7. 11 (Regnl 
Nr. 18) eine Neuregelung erfahren. Das Gesetz 
trat am 1. 4. 13 in Kraft. Das Gesetz regelt 
nur das direkte Steuerwesen. Die Befugnis zur 
Erhebung indirekter Steuern ist den Gem im 
Urkundenstempelgesetz, Hundesteuer= und Reichs- 
zuwachssteuer-Gesetz auch in der Städte-= und 
Landgemeinde-Ordnung verliehen. In der neuen 
Städteordnung wurde die Autonomie der Städte 
zur Entwicklung indirekter Steuern besonders be- 
tont und erweitert. Die Gem erheben bei Bedarf 
direkte Steuern vom Grundbesitz, Gewerbebetrieb, 
Einkommen und vom Kapitalvermögen der 
Steuerpflichtigen. Im Unterschied zur staatlichen 
Vermögenssteuer handelt es sich um 
Bruttosteuern. Von den festgestellten Ver- 
mögenswerten sind im allgemeinen Schulden und 
Lasten nicht abzuziehen. Der Grundsteuer 
unterliegen die Gegenstände und Rechte nach 
ihrem gemeinen Werte, wie er für die staatliche 
Vermögenssteuer festgestellt wird. Für den wald- 
und landwirtschaftlichen Grundbesitz bestehen Son- 
dervorschriften. Für den Wald ist stets der Ertrag 
festzustellen. Für Grundstücke, die dauernd land- 
wirtschaftlichen Zwecken zu dienen bestimmt sind, 
kann die Besteuerung nach einem Mittelwerte von 
gemeinem und Ertragswerte eintreten. 
Der Gewerbesteuer unterliegen neben 
den Gewerben auch die bergbaulichen und land- 
und forstwirtschaftlichen Betriebe. Als Gewerbe- 
betrieb gilt auch der Geschäftsbetrieb der Erwerbs- 
und Wirtschaftsgenossenschaften und rechtsfähigen 
Konsumvereine. Veranlagungsmaßstab ist auch 
hier der gemeine Wert, doch besteht die Mög- 
lichkeit, den Ertrag zu berücksichtigen. Bei der 
Gewerbesteuer ist ein beschränkter Schuldabzug 
bei sogenannten Betriebsschulden möglich. Die 
Gem haben die Möglichkeit, durch Ortssatzung 
Sondergewerbesteuern für Warenhäuser und 
Filialbetriebe zu erheben. Die Steuern können 
als Zuschlag zur allgemeinen Gewerbesteuer oder 
nach dem im Geschäfte erzielten Umsatz erhoben. 
werden. · 
Der Steuer vom Kapitalvermögen (Kapi- 
talsteuer) unterliegen die der staatlichen Ver- 
mögenssteuer unterworfenen Vermögensteile, die 
nicht von der Steuer vom Gewerbebetrieb erfaßt 
sind. Die Steuer wird vom gemeinen Werte er- 
hoben. Schulden sind nur unter zwei Voraus- 
setzungen abzugsfähig. Sie können insoweit ab- 
gezogen werden, als ihre Abtragung im Laufe 
des Steueriahres für den Steuerpflichtigen erheb- 
liche wirtschaftliche Nachteile zur Folge haben 
würde oder wenn sie wegen entgegenstehender, 
auf der freien Willensbestimmung des Steuer- 
pflichtigen nicht beruhenden Verhältnisse über- 
haupt nicht erfolgen kann. 
Neben Grund-, Gewerbe= und Kapitalsteuer 
haben die Gem eine Steuer vom Ein- 
kommen zu erheben. Für die Gem Einkommen- 
steuer gelten die Vorschriften der staatlichen Ein- 
kommensteuer [7I. Der Gem Besteuerung unter- 
liegen jedoch an sich auch Personen mit Einkommen 
von weniger als 500 Mk. Das neue Gesetz stellt 
für die Verteilung des 
  
GemUmlagenbedarfs 
nebeneinander Vermögenswert (Grundbesitz, ge- 
werbliches und Kapitalvermögen) und Einkom- 
men. Um einer einseitigen Ueberlastung vorzu- 
beugen, müssen die Ausschlagskoeffizienten für 
Vermögen und Einkommen in einem gewissen 
Verhältnisse stehen. Dieses Verhältnis ist so ge- 
wählt, daß nach den vorausgegangenen Feststel- 
lungen das seitherige Verhältnis der Belastung 
von Realsteuer und Einkommensteuer im allge- 
meinen wohl bestehen bleibt. Das Einkommen 
ist für die Zwecke der Gem Besteuerung im Ver- 
hältnis zu den Realsteuern seither nur zum halben 
Betrage herangezogen worden. Das Geses gibt 
den Gem durch die Autonomie einen gewissen 
Spielraum. Die Gemeinden können durch Orts- 
satzung bestimmen, daß Vermögen bis 3000 Mk. 
und Einkommen bis 900 Mk. von der Gem Steuer 
freigelassen werden. Das gleiche gilt für Witwen, 
elternlose, minderjährige und erwerbsunfähige 
Personen bezüglich der Erwerbs-, Grund= und 
Kapitalsteuer. Auch hinsichtlich des Kapitalver- 
mögens ist eine noch weitergehende schonende Be- 
handlung möglich. 
Glässing. 
Hausarbeit 
(Hausarbeiter — Heimarbeiter — Hauzge- 
werbetreiben de) 
# 1. Allgemeines. 1 2. Begriff. # 3. Schutbestimmungen. 
# 4. Reichsversicherung. 
# 1. Allgemeines. Den in der Hausindustrie 
(in ihren eigenen Wohnungen oder Werkstätten) 
für Unternehmer tätigen Personen hat die breite 
Oeffentlichkeit bisher nicht das Interesse entgegen- 
gebracht, das sie für andere Arbeiterkategorien 
an den Tag legte. Nur langsam sind deshalb die 
schweren Mißstände in der Hausindustrie zur all- 
seitigen Kenntnis gelangt. Der Gesetzgeber griff 
dementsprechend ziemlich spät ein. Den ersten 
Anstoß zum gesetzlichen Vorgehen gab 1896 der 
große Konfektionsarbeiterstreik. Schon die da- 
maligen Erhebungen vor dem Gewerbegericht 
Berlin zeigten auf das deutlichste die ungesunden 
Zustände. Die Kaiserl. V v. 31. 5. 97 für die 
Kleider= und Wäschekonfektion besserte zwar die 
allgemeinen Arbeitsbedingungen, kümmerte sich 
aber nicht um die eigentliche H. Diese fand erst 
Berücksichtigung im KinderschutzG v. 30. 3. 03 
(1d. I, S 167 unter 5). Von da ab schenkte 
man der H. regere Beachtung, namentlich seit 
den 1906 in Berlin und Frankfurt veranstalteten 
Heimarbeit Ausstellungen. 
Bei der gesetzlichen Regelung der H. (Haus- 
industrie) sind weitergehende Aufgaben als für 
andere Industrien zu lösen. Einmal ist die Frage 
der Arbeitsräume von der Wohnfrage (//I nicht 
zu trennen. Sodann muß der absoluten Höhe 
des Lohnes eine größere Aufmerksamkeit gewid- 
met werden. Die von anderen Arbeiterkategorien 
so erfolgreich durchgeführte Selbsthilfe wird den 
Hausarbeitern bei den Eigentümlichkeiten der 
Hausindustrie, vor allem durch die Tätigkeit in 
eigenen Wohnräumen fast zurtUnmöglichkeit. 
Jedenfalls ist unter dem Druck der erwähnten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.