Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Nachtrag (Kirchliche Vermögensverwaltung) 
  
Ist für einen Bezirk und ein Gewerbe bei Ver- 
kündung der RVO die Versicherung der Haus- 
gewerbetreibenden bereits durch statutarische Be- 
stimmung geregelt, so finden die Vorschriften der 
RV über die Versicherung des Hausgewerbes mit 
Genehmigung der obersten Verw Behörde auf die 
Hausgewerbetreibenden keine Anwendung (5488). 
Die Zahlung der Beiträge für die Hausgewerbe- 
treibenden regelt sich nach 88 469—481 R. 
3. Für den Fall der Invalidität und 
des Alters sowie zugunsten der Hin- 
terbliebenen kann nach 1229 Ziff. 2 der 
Bundesrat allgemein oder in einzelnen Bezirken 
die Versicherungspflicht für bestimmte Berufs- 
zweige auf Hausgewerbetreibende ohne Rücksicht 
auf die Zahl ihrer hausgewerblich Beschäftigten 
erstrecken. Selbstversicherung bis zum vollendeten 
40. Lebensjahr (F 1243 Ziff. 2). Vgl. oben Z. 1 die 
beiden Verordnungen des BR. Entrichtung der 
Beiträge regeln §5 1439 ff (früher 88 144 ff Inv- 
VG#). Siehe noch die Anleitung des Reichsver- 
sicherungsamts betr. den Kreis der nach dem 
Invalidenversicherungsgesetz versicherten Perso- 
nen, vom 6. 12. 05 (Amtliche Nachrichten des 
Rcichsversicherungsamts 612). 
4. An und für sich fallen Hausgewerbetreibende 
als Betriebsunternehmer nicht unter die Un- 
fallversicherung. Heimarbeiter werden 
dagegen wie Arbeiter behandelt (§8 537, 538, 
544 RV0O). Durch Statut der Berufsgenossen- 
schaft kann gemäß §& 548 Ziff. 2 (§ 5 Abs 1 U) 
die Versicherungspflicht auf Hausgewerbetreibende 
ausgedehnt werden. 
Kiteratur: Kommentare zum Hausarbeits- 
gesc: Rohmer; Schmidt; v. Schulz und Ma- 
guhn; v. Rohrscheidt und Hoffmann in ihren 
Kommentaren zur Gewerbecordnung; Göhre in Doku- 
mente des Fortschritts 5, 83—88; Reichsarbeits- 
blatt 1912, 300—303: Ausführung des H. Gesetzes; 
Retzbach in Soz. Revue 12, 1912, Sy1—108; Wil- 
brandt, Der Entwurf des H. Gesetzes in Annalen für 
Sozialpolitik und Gesetzgebung 1912, 1, 81—93; Um- 
breit in Sozialist. Monatsheften 1911, 1650—1653. — 
Ueber Hausgewerbe (Hausgewerbetreibende—Heim- 
arbeiter)z: Agahd und v. Schulz, Kinderschutzgesetz", 
1905; Gottschalk, Die Mitgabe von Hausarbeit an 
Arbeiterinnen und jugendliche Arbeiter, in Soz. Praxis 1912, 
Sp. 810—843; Die Arbeiterschutzbestimmungen der Ge- 
werbcordnung mit besonderer Berücksichtigung der Werk- 
stätten der Putz., Konfektions- und Wäschegeschäfte 1911; 
Schmidt, Dyren furth und Salomon, Heim- 
arbeit und Lohnfrage (Schriften des ständigen Ausschusses 
zur Förderung der Arbeiterinneninteressen) 1912; Meer- 
warth, Neuere Literatur und Gesetzgebung auf dem 
Gebiete der Hausindustrie und Heimarbeit im Archiv für 
Cozialwissenschaft und Sozialpolitik 18, 278—332; Som- 
bart, HW taats W 4, 1133 ff. 
Literatur zu „Arbeitsvertrag“ und „Arbeiter, gewerb- 
liche“. — 
Entscheidungen: Baum, DLB für Gewerbe- und 
Kaufmannsgerichte, 1912; v. Schulz und Schalborn, 
Das Gewerbegericht Berlin, 1903; „Aus der Praxis des 
Gewerbegerichts Berlin“, herausgegeben von Vorsitzenden 
des Gewerbegerichts Berlin, 1913:; Arbeiterversfsor- 
Zung, Gewerbe-= und Kaufmannsgericht, 
Soziale Praxis in allen Jahrgängen. 
v. Schulz. 
  
Kirche 
Kirchliche Vermögensverwaltung (Bauern) 
(Ergänzung gemäß Seite 535, Anm. 1) 
Die bayer. Kirchenge mein deord- 
nung (NKGO) v. 24. 9. 12 regelt — und zwar 
ohne Verf Aenderung: daher a 112 C. III — die 
Verhältnisse der kath. und prot. Kirchenstif- 
tungen und Kirchengemeinden in An- 
sehung der Verwaltung des Orts KVermögens 
und der Befriedigung der örtlichen KBedürfnisse. 
Das Recht ist einheitlich für ganz Bayern und 
beide Konfessionen, vorbehaltlich der ausdrücklich 
vorgesehenen Besonderheiten für die Pfalz und 
die kath. Kirche. 
I. Das Ortskirchenvermögen 
1. Die Tuplizität von Kirchenstiftung und 
Kirchengemeinde. Da das Pfründe-Vermögen 
ausscheidet — nur über Reichnisse und Stolge- 
bühren enthalten die a 85—89 einige Normen, 
welche teils die Uebereinstimmung mit dem Kum- 
lagenrecht der & GO herstellen, teils die Ein- 
hebung und Ablösung erleichtern wollen — so 
ist Orts-Kirchenvermögen nur das 
Vermögen der KGemeinden und der Kirchen- 
Stiftungen. Indem den letzteren noch die 
sonstigen örtlichen Kultusstiftungen (z. B. Ka- 
planei-Expositur = Stiftungen, soweit sie nicht 
Benefizien sind) sowie die nicht rechtsfähigen 
ortskirchlichen Fonds und die Bruderschaften mit 
Stiftungscharakter hinzutreten, erweitert sich der 
Begriff des Ktiftungsvermögens (Fabrikguts) 
zu dem des ortskirchlichen Stiftungs- 
vermögens (a 5). Umgekehrt gehören zu die- 
sem aber nicht auch die „örtlichen Stiftungen“ 
mit kirchlichen Zwecken, welche unter der Ver- 
waltung der politischen Gemeinden stehen (Gem-O 
" 6 ff, 49 ff. 
Die Eigentumsverhältnisse wurden durch die 
K#nicht berührt (a 1V); beim kath. OrtsK Ver- 
mögen aber ist möglichst darauf hinzuwirken, daß 
neu zugehendes Grundstockvermögen Eigentum 
der Kötiftung, nicht der KGemeinde wird. Im 
Zweifelsfall wird dies vermutet (a 1 VI). 
Die Duplizität von K Stiftung und K Gemeinde 
entspricht der Rechts= und Sachlage; desgleichen 
erscheint das Uebergewicht der K Stiftung im Eigen- 
tumsrecht begründet. Aber die Ke weist auch 
im Verwecht eine stark unterschiedliche Behand- 
lung der beiden Vermögensgruppen auf, deren 
innere Berechtigung fraglich erscheint und die 
das ohnehin komplizierte Gesetzeswerk schwer be- 
lastet. Wie sich der Personenkreis, dessen gottes- 
dienstlichen Bedürfnissen die K tiftung dient, 
und der Kreis, der das Substrat der KGemeinde 
bildet, vollkommen deckt, so decken sich auch die 
Zwecke, welche die Ko#beiden juristischen Per- 
sonen setzt. Nur deshalb muß ja auch die KGe- 
meinde den Bedarf, der durch Ktiftungsmittel 
nicht mehr bestritten werden kann, durch Umlagen 
decken (a 13 II), und diese Umlagen, welche den 
hauptsächlichsten Vermögensbesitz der K Gemein- 
den darstellen, fließen regelmäßig einfach in die 
K tiftungskasse (a 60 II). Vgll. Meurer, Grund-
	        
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