Nachtrag (Kriegsunterstützungen)
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behörden haben also nur die Bedeutung vorläu-
figer Entscheidungen (so schon Meurer, K VR 1,
55—61; 2, 375—334).
V. Die Disziplin äußert sich (a 83, 84)
1. in der Form einer häuslichen Diszipli-
nargewalt der K Verwaltung und des Kollegiums
der KGemeindebevollmächtigten (nicht auch der
KGemeindeversammlung) im Fall, daß ohne ge-
nügenden Grund die Sitzung versäumt wird. Es
kann dann eine Ordnungsstrafe bis zu
25 Mk. oder auch die Aberkennung der
Mitgliedschaft ausgesprochen werden (a 83 l;
über das Einspruchsrecht Abs. II). — Die Ord-
nungsstrafe fehlt in der Pfalz (a 100 II).
2. Ein eigentliches Disziplinar-
strafrecht gibt es nur gegen Mitglieder der
K Berwaltung einschließlich des K Schreibers. Wirk-
liche Dienststrafen sind: Verweis, Geldstrafen (bis
zu 50 Mk.), und in den Fällen des a 84 IV Dienst-
enthebung. Zuständig sind die Staatsaufsichts-
behörden (a 84 1). Die einstweilige Dienst-
enthebung eines Kassenverwalters kann bei Ge-
fahr im Verzug indes auch schon durch die K Ver-
waltung verfügt werden (a 84 II). Vor jeder Ver-
hängung einer Dienststrafe ist der Beteiligte mit
seiner Rechtfertigung zu hören und es kann inner-
halb 14 Tagen Beschwerde erhoben werden
(a 84 VI, VII).
Eiteratur: Kommentare von Tyroff, Frank,
Geiger, Langyeinrich, 1912 fg. Meurer.
Kriegsunterstützungen
(Beterauenfürsorge)
I. Die Einwirkung des Krieges auf die Bemessung
der Pension usw. der Kriegsteilnehmer ist unter
dem Stichworte „Militärversorgung" behandelt
(oben S 349f; vgl. auch „Mobilmachung" 8 6
S 877). Die geltenden Gesetze v. 31. 5. 06 finden
insoweit auch Anwendung auf die Teilnehmer an
den vor dem Jahre 1871 von deutschen Staaten
ge führten Kriegen. Die Mittel für die Versorgung
der Kriegsteilnehmer von 1870/71 wurden aus
dem Reichsinvalidenfonds nach dem NG v.
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TZ
23. ö. 73 (Rl 117) bereit gestellt. Indes reichte
diese Regelung nicht aus, da sie der Not derjenigen
Kriegsteilnehmer nicht abhalf, die erst im Laufe
der Zeit ihre Erwerbsfähigkeit eingebüßt, eine
Pensionsberechtigung aber nicht erlangt hatten.
bis 1850.
Kommunale und private Hilfe setzte ein ( Krieger-
vereine & 1, oben S 674|; doch war dies weder ge-
nügend noch der Sache entsprechend. Darum
wurden durch RJ v. 22. 5. 95 (Rel 237) vom
1. 4. 95 ab Beiträge in den Grenzen der Zinsen
des für die Sicherstellung seiner gesetzlichen Ver-
wendungszwecke entbehrlichen Aktivbestandes des
Invalidenfonds zur Verfügung gestellt u. a. „be-
hufs Gewährung von Beihilfen an solche Per-
sonen des Unteroffiziers= und Mannschaftsstandes
des Heeres und der Marine, welche an dem Feld-
zuge von 1870/71 oder an den von deutschen
Staaten vor 1870 geführten Kriegen ehrenvollen
Anteil genommen haben und sich wegen dauernder
gänzlicher Erwerbsunfähigkeit in unterstützungs-
bedürftiger Lage befinden“.
v. Stengel. Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl.
II.
Die Beihilfe sollte 120 Mk. jährlich betragen
und wird monatlich im voraus gezahlt. Versagt
bleibt sie Personen, die nach ihrer Lebensführung
als der Fürsorge unwürdig anzusehen sind sowie
denjenigen, die nicht das deutsche Indigenat (1)
besitzen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Die Aufwendungen des Reiches für die Veteranen haben
sich fortgesetzt gesteigert. Sie beliesen sich nach dem
Etat für 1895 auf 1.8 Mill. Mk., 1900 auf 4 Mill. Mk.,
1905 auf 14 Mill. Mk., 1910 auf 23 Mill. Mk., 1912
aus 29 Mill. Mk.: in der Zeit von 1895—1912 zu-
sammen aufs 220 Mill. Mk.
Vom I1. 4. 06 ab wird die Deckung nicht mehr
aus dem Reichsinvalidenfonds sondern aus den
ordentlichen Mitteln des Reichs nach dessen Etat
bereit gestellt (R##v. 9. 6. 066, RGl 730). Für
das Jahr 1912 kamen die Ausgaben mit 29 Mill.
Mark 245 070 Kriegsteilnehmern (von rund
368 000 noch lebenden) zugute. Trotzdem er-
scheint die Dankesschuld an die Kriegsteilnehmer
nicht ausreichend getilgt.
II. Das R v. 19. 5. 13 (RöG# Bl 297) sieht vom
1. 10. 13 ab eine nicht unbeträchtliche Verbesse-
rung der Lage der Veteranen vor (Jahresaufwand
37 Mill. Mk.): die jährliche Beihilfe wird auf
150 Mk. erhöht. Voraussetzung ist eine nicht
nur auf vorübergehender Ursache beruhende Unter-
stützungsbedürftigkeit, unabhängig jedoch von dem
Nachweis der Erwerbsunfähigkeit; Zuwendungen
Dritter sind bei der Prüfung der wirtschaftlichen
Lage nur insoweit zu berücksichtigen, als sie auf
einer Rechtspflicht beruhen. Bei Feststellung der
Fürsorgewürdigkeit bleibt das politische Verhal-
ten außer Betracht. Den Witwen der Beihilfe-
empfänger werden die Bezüge noch für die auf
den Sterbemonat folgenden drei Monate belassen.
Das neue Gesetz gewährt eine „Anwartschaft“
auf Bewilligung der Beihilfen selbst denjienigen
jetzt Reichsangehörigen, die infolge ihrer früheren
Staatsangehörigkeitin französischen Dien-
sten in oder vor (I) dem Jahre 1870/71 an irgend
welchen kriegerischen Unternehmungen teilge-
nommen oder in dänischen Diensten die
Kriege von 1848 bis 1850 oder 1864 mitgemacht
haben. (Nach dem R v. 1895 bestand nur die
Möglichkeit der Beihilfe für Elsaß-Lothringer, die
an dem Feldzug von 1870/71 teilgenommen hat-
ten). Gleichartige Zuwendungen fremder Staaten
kommen allerdings in Anrechnung: solche Bezüge
gewährt Frankreich mit 60—120 Fr. jährlich,
übrigens nur den Veteranen mit mehr als 6jähriger
Dienstzeit; Dänemark mit 100 Kronen jährlich
nur für die Teilnehmer an den Kriegen 1848
III. Eine umfassende private Sammlung (Ve-
teranenspende) ist zur Zeit ins Werk gesetzt und
findet aus Anlaß des Regierungsjubiläums des Kai-
sers (1913) durch entsprechende Stiftungen reichere
Förderung, auch von seiten der Kommunen und
Einzelstaaten (z. B. Hamburg 400 000 Mk.).
Zur Ausführung der Reichsgesetze sind ergangen (werden
aber der Abänderung bedürsen): In Preußen die Kal V
v. 13. 8. 95 (GS 470), Erl d. Min Inn v. 15. 8., 7., 9. 95
(Mli V 191, 217); Bek des BKv. 24. 4. 05 (MBli V 169),
24. 3. 11, Erl Min Inn v. 6. 4. 11 (Mli V 117). Vgl. auch
Norddeutsche Allgemeine 3 Nr 115 v. 18. 5. 13.
Fleischmann.
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