Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
86 Gemeinde (III. 
rer Instanz der Kreishauptmann und das Min- 
nn. 
dun Wie in 3 5 dargestellt, sind gewisse Gem- 
Organe außer mit der reinen Gem Verwaltung 
auch noch mit der Erledigung staatlicher Geschäfte 
betraut. Der Stadtrat in RöSt, der Bürger- 
meister in Kl St und der Gem Vorstand in Land- 
Gem bilden, wie dort bemerkt, zugleich „das ört- 
liche Organ der Staats= und Bezirksverwaltung, 
soweit nicht andere Behörden dazu bestimmt 
sind“. In dieser Eigenschaft stehen jene Organe 
schlechthin unter staatlicher Aufsicht. Aufsichts- 
behörden sind dieselben wie oben, doch tritt in 
Ansehung der Polizeiverwaltung in RöSt (mit 
Ausnahme der exemten Städte Dresden, Leipzig, 
Chemnitz, Zwickau, Plauen) an Stelle des Kreis- 
hauptmanns der Amtshauptmann (Organisa- 
tions S 9 G, das Ausscheiden der Stadt Gem 
Plauen und Zwickau aus den Bezirksverbänden 
pp. betreffend, v. 30. 4. 06, GVl 90). 
RötO 15 131—135, KltOa VI, RLGO 1193—97. 
  
Literatur: I. Kommentare: v. Bosse, Die 
Revidierte Städteordnung, 1898; Ders., Die Revidierte 
Landgemeindeordnung, 1905. II. Lehrbücher: Rö- 
mer, Staatsrecht und Statistik des Kurfürstentums Sach- 
sen, 1788 (II, 819 ff); Haubold, Lehrbuch des Kal 
Sächs. Privatrechts, 1820 (18 408 f, 445 f); Weiße, 
Lehrbuch des Kal Sächs. Staatsrechts, 1824 (18 116 fg, 
173 f ).; Leuthold, Das Sächs. VerwMeccht, 1878 
(1 14, 15); Fricker, Grundriß des Staatsrechts des Kgr 
Sachsen, 1891 (#1 13); O. Mayer, Das Staatsrecht des 
Kgr. Sachsen, 1909 (#/ 32, 33). III. Rechtsprechung, 
Abhandlungen, Zeitschriften, Statistik: 
Jahrbücher des Kgl Sächs. Oberverwaltungsgerichts (seit 
1902); G. Häpe, Verfassung und Verw OXrganisation der 
Städte i. Kgr. Sachsen (in den Schriften des Vereins für 
Sozialpolitik, 120. Bd., 1. Heft, 1905); E. Merkel, Der 
Gem Beamte, ein Abriß des sächs. Verfassungs- und Verw- 
rechts mit besondrer Berücksichtigung des Gem Verwaltungs- 
rechts, 1909; Sächs. Wochenblatt für Verwaltung und Po- 
lizei (1906 eingegangen); Fischers Z für Praxis und Gesetz- 
gebung der Verwaltung (38 Bände bis 1911); 8 des Kal 
Sächs. Statistischen Landesamts (57. Jahrg.). 
Sevffartb. 
D. Württemberg 
m 1. Geschichtliches — Gemeindeeinteilung. J 2. Or- 
ganische Vertretung der Gemeinden im allgemeinen. 
8 3. Organisation im einzelnen. # 4. Gemeindebeamte. 
1 5. Staatsaufsicht über die Gemeindeverwaltung. 3 6. Zu- 
sammengesetzte Gemeinden und Teilgemeinden. 
z 1. Geschichtliches — Gemeindeeinteilung. 
1. Die Verhältnisse der Gem sind zuerst in der 
Kommun v. 1. 6. 1758 in allgemeinen Umrissen 
und sodann zusammenfassend geregelt worden 
im Verwdikt v. 1. 3. 1822, das bis in die neueste 
Zeit für eine weitverzweigte Gesetzgebung den 
Stamm gebildet hat. Eine neue Grundlage schuf 
die am 1. 12. 07 in Kraft getretene GemO v. 
28. 7. 06, deren Hauptbedeutung in sachlicher 
Hinsicht in der Aufhebung der Lebenslänglichkeit 
der Ortsvorsteher, in formaler Hinsicht in der 
Zusammenfassung des geltenden Rechts besteht. 
Aus äußeren Gründen wurden indessen gewisse 
Bestimmungen und insbesondere diejenigen über 
  
  
Organisation) 
den persönlichen Gem Verband in das Kodifika- 
tionswerk nicht eingeschlossen und so bilden neben 
der Verfassungsurkunde und der GemOrdnung 
das G über die Gem Angehörigkeit v. 16. 6. 85, 
das G v. 8. 8. 03 über die GemBesteuerungs- 
rechte, das Körperschaftsforst G v. 19. 2. 02, das 
Gv. 5. 9. 05 über die Pensionsrechte der Körper- 
schaftsbeamten die derzeitigen gesetzlichen Bestim- 
mungen, denen eigentümlich ist die grundsätzliche 
rechtliche Gleichstellung der städtischen und länd- 
lichen Gem, die Erhaltung eines besonderen 
Gem Bürgerrechts und die verfassungsmäßige 
Wahrung der Gem als der „Grundlagen des 
Staatsvereins“. 
Gemeindeeinteilung. 
J. Die Gem werden eingeteilt in Gem mit mehr 
als 50 000 E. (große Städte), mit mehr als 10 000 
bis 50 000 E. (mittlere Städte) und in die übrigen 
Gem (kleine Städte und Land Gem), die wieder 
in 3 Klassen (Gem von mehr als 4000 bis 10 000 E., 
Gem von mehr als 1000 bis 4000 E., Gem bis 
1000 E.) zerfallen. Maßgebend ist das Ergebnis 
der 2 letzten Volkszählungen; nach dem Stand 
vom 1. Januar 1911 gibt es 2 große Städte (Stutt- 
gart und Ulm), 15 mittlere Städte und weitere 
1888 Gem. Die Stadteigenschaft verleiht nur 
einen gewissen Ehrenvorzug, der in den Titeln 
der Gem Beamten sich zeigt, im übrigen bringt 
die GemEinteilung einen grundsätzlichen Unter- 
schied in der rechtlichen Stellung der Gem nicht 
mit sich, sie hat hauptsächlich nur Bedeutung 
bezüglich der Zahl und Bczüge der Gem Vertre- 
ter, der Bestätigung der Ortsvorsteher, die in 
großen Städten dem König, sonst der Kreisregie- 
rung zusteht, der Strafbefugnis des Ortsvor- 
stehers, und der Art der Ausübung der Staats- 
aufsicht. 
Ueber zusammengesetzte Gem und TeilGem 
vgl. unten § 6. 
II. Die Aufteilung des Staatsgebiets in Gem- 
Bezirke ist bereits auf Grund des G v. 18. 6. 49 
ohne Ausnahme vollzogen worden. Die Bildung 
neuer Gem (ebenso wie die Vereinigung mehrerer 
Gem) erfordert die Zustimmung der beteiligten 
Gem und Genehmigung des Min Inn;z falls jedoch 
eine Aenderung der Oberamtsbezirkseinteilung 
damit verbunden ist, ein Gesetz. Die Erhebung 
einer TeilGem zu einer selbständigen Gem kann 
auf Antrag unter bestimmten gesetzlichen Voraus- 
setzungen durch den Min Inn verfügt werden. 
#5+# 2. Organische Vertretung der Gemeinden 
im allgemeinen. 
I. Die Vertretung der Gem und die Verwaltung 
ihrer Angelegenheiten kommt dem Gemein- 
derat mit Hilfe der erforderlichen Gem Beam- 
ten zu. Ihm zur Seite steht der Bürger- 
ausschuß, der in den gesetzlich bestimmten 
Fällen zur Mitwirkung an der Verwaltung berufen 
ist und die doppelte Natur eines Kontrollorgans 
und eines in beschränktem Umfang mitverwal- 
tenden Organs hat. In diesem Zusammenwirken 
zweier besonderer Gem Kollegien in allen 
Gem, welche von der Bürgerschaft nach dem- 
selben Wahlverfahren aus demselben Personen- 
kreis gewählt sind, ist das besondere Merkmal der 
württembergischen Gem Verfassung zu erblicken. 
Die Vertretung nach außen kommt dem Gem- 
Rat allein zu. Neben den Gem Angelegenheiten 
hat der GemRat gemäß den gesetzlichen Be- 
 
	        
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