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wie auch der „Landtagsregistrator“ von der
Regierung im bloßen Einverständnis mit dem
Parlament angestellt wird. Von Anfang an ist
der aus einer einzigen Kammer bestehende Land-
tag lediglich durch Wahl zusammengesetzt ge-
wesen. Maßgebend ist jetzt das Wahlgesetz v.
17. 4. 09. Danach besteht der Landtag aus 45
Abgeordneten, die durch allgemeine, unmittelbare
und geheime Wahlen berufen werden. Wahl-
berechtigt und wählbar ist jeder Deutsche-
männlichen Geschlechtes, der zur Zeit der Wahl
das 25. Lebensjahr vollendet und seit mindestens
3 Jahren im Großherzogtum seinen Wohnsitz hat.
Der 40jährige erhält eine Zusatzstimme. Die Wahl
eschieht für 5 Jahre. Zu ihrer Durchführung
nd im Wahlgesetz 29 Wahlkreise gebildet, alle
20 Jahre ist die Notwendigkeit einer andern Ab-
renzung der Wahlkreise zu prüfen. In den mei-
ten Wahlkreisen werden nur 1, in der Stadt Olden-
burg 3, und in 14 andern Kreisen 2 Abgeordnete
gewählt. Zur Hauptwahl ist die absolute Mehr-
heit aller gültigen Stimmen erforderlich, bei der
Nachwahl (keine Stichwahll!) genügt die relative
Mehrheit. Die endgültige Entscheidung über die
Gültigkeit der Wahlen steht beim Landtag selbst.
Die Abgeordneten [ beziehen Reisekosten und
Tagegelder. Die im G v. 19. 12. 02 geschehene
Einführung jährlicher ordentlicher Landtage
ist im G v. 17. 4. 09 verfassungsgemäß festgelegt.
Für die Beschlußfassung über das Erfordernis der
Regentschaft bezw. deren Aufhebung und für den
Reg Wechsel ist ein außerordentlicher
Landtag im St vorgeschrieben. Im letzteren
Falle besitzt der Landtag mangels rechtzeitiger
Berufung ein Selbstversammlungs-
recht. Dasselbe gilt, wenn nach einer Auflösung
die Neuwahlen nicht innerhalb von zwei Monaten
ausgeschrieben oder der neue Landtag nicht inner-
halb der folgenden 3 Monate einberufen ist, dann
soll sich nämlich der aufgelöste Landtag ohne Ein-
berufung baldtunlichst zur Wahrung des St#e-
zusammenfinden und so lange wieder in seine
Rechte treten, bis die neugewählten Abgeordneten
zusammengetreten sind. Baldigst nach der Schlie-
ßung des Landtags verkündet der Großherzos im
Gesetzblatt die zustimmende oder ablehnende Er-
klärung über dessen bis dahin nicht erledigte An-
träge durch den Landtagsabschied (oben
& 3I). Eine weitere Singularität des St G# ist
die Bestimmung, daß im Falle der Auflösung
der neugewählte Landtag in die Wahlperiode des
aufgelösten eintritt.
11. Provinzialrat. Ueber die besonderen
Aufgaben vgl. oben 5 2 a. E. Er besteht im Fürsten-
tum Lübeck aus 15, in Birkenfeld aus 17 Mitglie-
dern, zu deren Wahl jedes Fürstentum in 7 bezw.
14 Wahlkreise geteilt ist. Wahlkolle gium ist überall
der Gemeinderat bezw. in den aus mehreren Ge-
meinden zusammengesetzten Wahlkreisen die meh-
reren Gemeinderäte in ihrer Vereinigung. Die
Wahl geschieht auf 3 Jahre. Abgesehen von dem
Recht auf Reisekosten und Tagegelder teilen die
Mitglieder der Provinzialräte nicht die Sonder-
stellung der Parlamentarier. Der Provinzialrat
versammelt sich auf Berufung der Provinzial-
regierung. Ordentliche Tagungen sollen zweimal
im Jahre im Mai und Oktober stattfinden. Der
ständige Ausschuß des oldenb. Landtags ist mit Ein-
führung von dessen jährlicher Tagung fortgefallen.
Oldenburg
#5. Das Ministerinm. Das Organisations G
v. 5. 12. 68 unterscheidet zwischen dem Gesamt Min
als Kollegialbehörde und seinen einzelnen De-
partements. Durch G v. 19. 2. 1809 ist für die
Departements auch die Bezeichnung als Min ein-
geführt. Das Org. G v. 5. 12. 68 hat folgende 5
Departements bezw. Min geschaffen: 1. für das
großherzogliche Haus und die auswärtigen Ange-
legenheiten, 2. Justiz, 3. Kirchen und Schulen,
4. Inneres, 5. Finanzen, gleichzeitig wurde aber
bestimmt, daß nur die Justiz, das Innere und die
Finanzen ihr selbständiges Personal mit einem
Ministerialvorstand an der Spitze haben sollten,
dagegen behielt sich der Großherzog vor, die Ge-
schäfte des ersten wie des dritten Departements
einem oder mehreren Vorständen der übrigen
Departements zu übertragen. Tatsächlich gibt es
also nur 3 Ministerien, deren Chefs das Staats-
ministerium IJI als Gesamt Min bilden. In letz-
terem findet eine kollegialische Geschäftsbehand-
lung statt unter dem Vorsitz und der Leitung eines
vom Großherzog beauftragten Mitgliedes, das
aber nur primus inter pares ist. Das Staats Min
als Gesamt Min ist Revisionsinstanz in
solchen Verw Sachen, in denen erstinstanzlich das
Einzel Min entschieden hat, kann Polizeiver-
ordnungen erlassen mit Androhung einer
Geldstrafe bis zu 50 Thl., ist Kommunalaussichts-
behörde zweiter Instanz, soweit es sich um die
Gemeinden oder den Landesverband der Neben-
länder oder Städte I. Klasse und Amtsverbände
im Herzogtum handelt. Weiter sollen die Einzel-
ministerien vor das Gesamt Min eine Reihe im
einzelnen aufgezählter Angelegenheiten bringen
(a 16 Org.G). Endlich ergeben sich für das Ge-
samt Min einige weitere Zuständigkeiten unmittel-
bar aus dem StG, z. B. die Mitwirkung bei Ein-
setzung einer Regentschaft (oben § 3 II), Zustim-
mung zu Notverordnungen (a 137) und besonderen
finanziellen Maßregeln, die zur Deckung eines
außerordentlichen Bedürfnisses unumgänglich not-
wendig sind (a 193).
Unmittelbar unterstellt sind dem Gesamt Min
das O#0 und die Verwerichte, die Behörde zur
Entscheidung von Kompetenzkonflikten zwischen
den Verwaltungs= und den Gerichtsbehörden
und eine Reihe Prüfungskommissionen.
Die Einzelministerien, sämtlich bureau-
artig organisiert:
Das Min des Innern hat eine Doppel-
stellung. Es ist einmal die oberste Behörde
für die allgemeine Landesverwaltung im gesam-
ten Großherzogtum und es ist zweitens die bbere
Verwehörde für das Herzogtum kraft seiner
Nachfolge in die Stellung der aufgehobenen olden-
burgischen „Regierung“.
Zu leßterem Geschäftekreis gehörte auch die Leitung der
Verwaltung gewiiser Fonds und milden Stiftungen. Hier
geschah die Uebertragung aber mit der Modifikation, daß
die Bildung einer besonderen Kommission vorgesehen wurde,
die unter Aussicht des Min in kollegialer Organisation ihres
Amtes waltet. Im Jahre 1903 fsind dem Min IZnn bei der
Aufhebung der besonderen Direktion des Bauwesens auch
die Geschäfte des Wege- und Wasserbaues übertragen, vor-
beholtlich der Tätigkeit des besonderen Deichamtes.
Vom Min Inn ressortieren als Spezialbehörden: 1. das
Statistische Landesamt, 2. Eichungsbehörde, 3. Gewerbe-=
inspektion, 4. das Cverversicherungsamt.