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69. Bekanntmachung des Unterrichts-Ministerium vom 11. Juli 1876,
betr. Unterricht preußischer etc. Kinder.
Das unterzeichnete Ministerium macht hiermit zur Nachachtung be-
kannt, daß zwischen der diesseitigen Regierung und der Königlich Preußi-
schen Regierung eine Vereinbarung des Inhalts abgeschlossen worden ist.
daß die dem Königreich Preußen angehörenden Kinder, welche sich
im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin aufhalten, und die dem
Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin angehörenden Kinder, welche
sich im Königreiche Preußen aufhalten, nach Maßgabe der im Lande
des Aufenthalts bestehenden Gesetze wie Inländer zum Besuche der
Schule herangezogen werden sollen, daß diese Nötigung zum Besuche
der Schule sich nicht nur auf die eigentliche Elementarschule, sondern,
wo daneben eine sogenannte Sonntags= oder Fortbildungsschule mit
obligatorischem Charakter besteht, auch auf diese erstreckt, daß jedoch
Kinder, welche sich durch ein Zeugnis der zuständigen einheimischen
Schulbehörde darüber ausweisen, daß sie der Schulpflicht, wie sie
nach der Gesetzgebung ihrer Heimat normiert ist, vollständig Genüge
geleistet haben, vom ferneren Schulbesuche zu entbinden sind, auch
wenn das am Orte ihres Aufenthaltes geltende Gesetz eine größeee
Ausdehnung des obligatorischen Unterrichts vorschreibt.
Zugleich wird bemerkt, daß die Zeugnisse über die Erfüllung
der Schulpflicht im Königreich Preußen von dem Lehrer und dem
Lokal-Schulinspektor oder dem Vorsitzenden des Schulvorstandes ge-
meinschaftlich auszustellen sind.
Anmerkung. Gleichlautende Vereinbarungen sind auch mit anderen
deutschen Staaten, z. B. mit dem Königreich Sachsen, Königreich
Württemberg 2c. abgeschlossen worden.
70. Rundschreiben des Unterrichts-Ministerium vom 9. Februar 1877,
betr. Dauer der Schulpflicht. (Vgl. Nr. 27.)
Nachdem in neuester Zeit Zweifel und Unsicherheiten bei der An-
wendung der durchweg in den Schulordnungen der Städte und Flecken,
sowie in den Verordnungen für die Landschulen im Domanium und in
der Ritterschaft enthaltenen Bestimmung hervorgetreten sind, daß die
Schulpflicht der Kinder bis zur Konfirmation dauern soll, findet sich das.
unterzeichnete Ministerium veranlaßt, Ihnen das Nachstehende zu eröffnen.
Die fortdauernde rechtliche Gültigkeit der gedachten Bestimmung
unterliegt überall keinem gegründeten Zweifel und es erscheint nur als
ein Irrtum, wenn angenommen worden ist, daß hierin etwas durch die
Reichsgesetzgebung geändert worden sei, obwohl dieselbe und insonderheit
das Reichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Ehe-
schließung vom 6. Februar 1875 in keiner Weise die Konfirmation oder
die Schulpflicht berührt.
Von selbst ergiebt sich hieraus, daß Kinder zur evangelisch-luthe=
rischen Landeskirche gehörender Eltern, welche selbst oder deren Eltern die
Konfirmation verweigern, nicht schon durch die Erreichung des zur Konfir-
mation befähigenden Alters von der Schulpflicht frei werden.