95. Deutscher und französischer Champagner.
König Albert war der Deutschesten einer; sein ganzes Leben be-
weist, daß an seinem wahren Deutschtum nicht zu zweifeln war. Gleich-
wohl ließ er sich nicht ohne weiteres durch Strömungen und auftauchende
Geschmacksrichtungen beeinflussen, die auf übertriebene Deutschtümeleien
hinausliefen. Als man einst nur deutschen Champagner zu trinken
empfahl, und daher auch auf die Hoftafel statt der französischen eine
deutsche Marke zu bringen suchte, bemerkte der König: „Ich glaube
doch, bei St. Privat bewiesen zu haben, daß mir der Franzmann
nicht schaden kann.“
96. Wie sich der König gab.
König Albert erschien selten in glänzender Umgebung. Für sich
selbst lebte er schlicht, einfach und prunklos. Man konnte ihm im
Großen Garten zuweilen ganz allein begegnen, wie er im Überrock, die
geliebte Virginia rauchend und einen großen Hund vorschriftsmäßig an
kurzer Leine führend, durch die schattigen Baumgänge schritt. Am liebsten
blieb er unerkannt, was ihm allerdings schwer fiel. Im grünen Hochtal
seines einfachen Jagdhauses Rehefeld ließ er absichtlich keine Villenbauten
zu, weil sie die ländliche Einsamkeit zerstören würden. Dort konnte
man ihn gehen sehen, in grauer Jagdjoppe, einen leichten Filzhut auf
dem Haupte, den Stock in der Hand, von ein paar Hunden umsprungen.
Auch in der Unterhaltung trat seine Einfachheit hervor. Das kluge
blaue Auge blickte so freundlich, der Ton seiner Rede war so unge-
zwungen, daß der von ihm Angesprochene kaum denken konnte, es sei
der König, der mit ihm sprach. Er hatte gar nicht das Bedürfnis,
seine Ansichten und Empfindungen vor der Offentlichkeit auszusprechen,
er war überhaupt kein Redner, aber er wußte das Notwendige und
Passende auch öffentlich gut und klar zum Ausdruck zu bringen, und
dies mit kräftiger, weithin verständlicher Stimme in kurzen und schlichten
Sätzen. Auch von andern liebte er lange Reden gar nicht. Festlich-
keiten, denen er die Ehre seiner Gegenwart schenkte, mußten kurz sein.