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dem letzteren beruhende Verfassung der Oberlausitz nur für die
Dauer der Theilnahme derselben an der Verfassung des König—
reichs außer Wirksamkeit trete. Hiermit war aber auf die Rechte
Oesterreichs und die besonderen Successionsverhältnisse hingedeutet.
Die Auffassung ist also im Allgemeinen die, daß die Oberlausitz
ein Theil des Königreichs ist und an dessen einheitlicher Ver—
fassung Theil nimmt, so lange nicht die vertragsmäßigen Rechte
Dritter eine Aenderung herbeiführen, oder ganz practisch ausge—
drückt, so lange der Mannsstamm des Königlichen Hauses Sachsen
besteht. Der Oberlausitz gegenüber ist also die Verfassung über—
haupt nur mit dieser Beschränkung zur Geltung gelangt. 8 6
der Verfassungsurkunde ist also auch für die Oberlausitz anwendbar;
§ 7 aber nicht; denn wenn es zu dessen Anwendung kommt, ist
die Voraussetzung der Geltung der Verfassung für die Oberlausitz
nicht mehr vorhanden.
Erst jetzt, nachdem in dieser Weise die Verfassungsfrage hin-
sichtlich der Oberlausitz bereinigt war, wurden die Reste der Auf-
fassung, daß die Erblande und die Oberlausitz im Verhältniß des
Auslandes zu einander stehen, durch die Verordnung vom 24. Ja-
nuar 1835 beseitigt.
So lag das Verhältniß bis 1866. Im Prager Frieden von
diesem Jahre hat aber Oesterreich auf sein eventuelles Recht auf
die Oberlausitz verzichtet. Denn dieses Recht könnte zutreffenden
Falls sich nur verwirklichen entweder durch Eintritt Oesterreichs
in das Deutsche Reich oder durch Austritt der Oberlausitz aus
dem Deutschen Reich; das Erste ist durch Art. 4, das Zweite
durch Art. 6 des Prager Friedens ausgeschlossen. Diese Conse-
quenz des Prager Friedens trifft nicht blos hinsichtlich des
Wiedereinlösungsrechts von Oesterreich im Fall des Abgangs
des Königlich Sächsischen Mannsstammes zu, sondern auch hin-
sichtlich des Heimfalls der Oberlausitz an Oesterreich nach fernerer
Erschöpfung der Mannsstämme der Töchter des Curfürsten
Johann Georg I.
Nun fragt sich endlich noch wie es sich mit dem Rechte dieser
Mannsstämme selbst verhält. Dieselben umfassen heute die ge-
sammten Mannsstämme der drei regierenden Häuser von Hessen-