— 107 —
aber jene Vorsorge getroffen hat (kann er sie nicht treffen, so hat
er sie auch nicht getroffen; kann er sie treffen, hat sie aber nicht
getroffen, so muß natürlich die Regierungsverwesung eintreten).
Dieser Wortsinn des § ist nicht der wirkliche Sinn; er führt
zu Ungereimtheit; „auf längere Zeit“ ist auch zu unbestimmt,
wenn gquantitativ genommen. Der richtige Sinn: Regierungs-
verwesung tritt ein, sobald Regierungsacte nothwendig werden,
die nach dem pPflichtmäßigen Ermessen des zum Regierungsver-
weser Berufenen und des Ministeriums nicht länger verschoben
werden können, und die der König vorzunehmen nicht im Stand
ist, während zugleich auch ein berechtigter Stellvertreter fehlt, der
sie vornehmen könnte.
Unter lit. b fallen nun auch die §§ 10 und 11 der Ver-
fassungsurkunde; sie betreffen nur (voraussichtlich) dauernde, in
der persönlichen Beschaffenheit des Königs begründete völlige Un-
fähigkeit zu regieren (Beweis). Sie enthalten für diese Fälle ein
besonderes Constatirungsverfahren (eine Cognition ausschließlich
nur „über den Eintritt der Regierungsverwesung"). Weitere
Interpretation der §§ 10 und 11. Merkwürdiges Institut des
Familienraths (88 11 und 12). Neben 88§ 10 und 11 bleibt also
die allgemeine Bestimmung des § 9 bestehen und es kann mög-
licherweise eine Regierungsverwesung nach § 9 nöthig werden, ehe
die Entscheidung nach 8 11 getroffen ist.
4. Anfang, Ende, Dauer der Regierungsverwesung Vl. 8 9
Abs. 3.
Eintritt von Anfang und Ende im Allgemeinen ipso jure;
aber in den Fällen der §58 10 und 112
Verfassungsversicherung des Regierungsverwesers Vll. § 138.
5. Der Regierungsverweser ist nur Regent, nicht Träger der
Gewalt; er ist aber nicht Beamter, handelt nicht im Auftrag des
Königs, sondern ist durch die Verfassung berufen. Er tritt als
Regent an die Stelle des Königs, als dessen Repräsentant Vl.
8 12.
6. Demgemäß bleibt auch die persönliche Stellung des Re-
gierungsverwesers im Allgemeinen unberührt durch die Regierungs-
verwesung. Wegen des Aufenthalts außerhalb Sachsens und des
Tragens einer fremden Krone Seitens des Regierungsverwesers