Full text: Grundriß des Staatsrechts des Königreichs Sachsen.

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auch die Einberufung der Mitglieder auf jedem neuen Landtag 
nach eigenem erneuerten Urtheil, unabhängig von dem Legitima— 
mationsurtheil der Kammer des früheren Landtags, erfolgt. 
V. Die Einrichtung der Ständeversammlung. 
1. Die Einrichtung der Ständeversammlung wurde zum 
Theil in der Verfassungsurkunde selbst bestimmt, zum Theil und 
hauptsächlich sollte dies die Aufgabe der Landtagsordnung sein 
V. § 137. Zunächst wurde eine provisorische Landtagsordnung 
den Ständen zur Nachachtung bis zur Verabschiedung einer defi- 
nitiven zugestellt (eigentlich der Kgl. Entwurf der Landtagsordnung 
mit sofortiger provisorischer Geltung; von den Ständen des Jahres 
1831 war dieser Weg selbst vorgeschlagen worden; die Stände 
des Jahres 1833/4 waren damit einverstanden) s. diese erste pro- 
visorische Landtagsordnung in den Landtagsakten von 1833 Abth. I. 
Bd. 1 S. 223. Die definitive Landtagsordnung kam erst viel 
später zu Stand; sie findet sich in der Kgl. Bekanntmachung vom 
8. Oktober 1857. Eine neue, jetzt geltende, Landtagsordnung 
datirt vom 12. Oktober 1874. 
Die Landtagsordnung ist ein Gesetz; sie ist im Gesetzgebungs- 
weg zu Stand gekommen und kann nur im Gesetzgebungsweg 
geändert werden. Doch enthält sie in § 39 selbst die Bestimmung, 
daß in einzelnen besonderen Fällen jede Kammer das Recht hat, 
unter Zustimmung der Vertreter der Staatsregierung von den 
Vorschriften der Landtagsordnung abzuweichen, wenn nicht 10 
Mitglieder widersprechen. 
Erst die Landtagsordnung von 1874 § 1 gab jeder Kammer 
das Recht, unter Einhaltung der Vorschriften der Verfassung und 
der Landtagsordnung sich selbst eine Geschäftsordnung zu geben. 
Eben darum ist die Landtagsordnung von 1874 sehr viel kürzer 
als die früheren Landtagsordnungen und gleichzeitig wurden 
durch das Verfassungsgesetz von 1874 eine Reihe der in der Ver- 
fassung selbst in Beziehung auf die Einrichtung der Kammern 
aufgenommenen Bestimmungen gestrichen. 
Beide Kammern haben sich sofort ihre Geschäftsordnungen 
hergestellt: GO. der II. K. von 13. Oktober 1874, GO. der I. K. 
vom 16. Oktober 1875. Diese Geschäftsordnungen sind also Aus- 
flüsse der Autonomie der Kammern. Sie werden aber von beiden
	        
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