Full text: Grundriß des Staatsrechts des Königreichs Sachsen.

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gesetz bezeichnet. Seitdem wird mit jedem Budget zugleich ein 
Finanzgesetz mit den Ständen verabschiedet, dessen Entwurf schon 
mit dem Budget übergeben wird (auch zuerst an die II. Kammer 
nach der allgemein lautenden Bestimmung des 8 122 der VU.). 
Man kann nicht im Zweifel sein, daß dieses Finanzgesetz das 
„Steuerausschreiben“ im Sinne der Vl. § 104 ist. In dem- 
selben wird Bezug genommen auf den „verabschiedeten Staats- 
haushaltsetat", was dem § 104 genügt, da dieser nicht die Worte 
„Bewilligung der Kammern“ als Formvorschrift fordert. Uebrigens 
waren die vorkonstitutionellen Steuerausschreiben nicht mit den 
Ständen verabschiedet; es war dies für ein Gesetz überhaupt nicht 
wesentlich; auch §§ 96 und 104 der Vl. fordern für das Steuer- 
ausschreiben nicht noch eine besondere Bewilligung der Stände 
neben der Budgetbewilligung. Die Gesetzesform im jetzigen Sinn 
beruht nur auf der Uebung. 
3. § 96 der Vll. setzt im Allgemeinen fest, daß „die bestehenden 
directen und indirecten Landesabgaben ohne Zustimmung der 
Kammern weder vermindert noch ausgeschrieben oder erhoben 
werden können und dürfen“, und 8 104 fügt hinzu, daß „in 
den Ausschreiben, welche Landesabgaben betreffen, die Bewilligung 
der Kammern besonders erwähnt werden soll, ohne welche weder 
die Einnehmer zur Einforderung berechtigt, noch die Unterthanen 
zur Entrichtung verbunden sind.“ Daß § 96 von den „bestehenden“ 
Steuern redet, erklärt sich aus §§ 37—40 der Vll. § 37 sagt, 
daß kein Unterthan mit Abgaben oder anderen Leistungen be- 
schwert werden darf, wozu er nicht vermöge der Gesetze oder 
besonderer Rechtstitel verbunden ist; und § 39 bestimmt, daß ein 
neues Abgabensystem festgestellt werden soll; daß es nur durch den 
Gesetzgeber hergestellt werden kann, ist nicht zu bezweifeln. Die 
Verfassung geht also davon aus, daß jede Steuer zunächst durch 
ein gewöhnliches dauerndes Gesetz zu ordnen sei. Diese Steuer- 
gesetze hat § 96 im Auge, wenn er von den „bestehenden“ Steuern 
redet, und von diesen bestehenden Steuern sagt er, daß sie ohne 
Zustimmung der Kammern nicht verändert, ausgeschrieben, erhoben 
werden dürfen. Auch sie gehen zuerst an die II. K. Vll. § 122. 
Die Ausschreibung und Erhebung einer Steuer darf also 
nicht erfolgen auf Grund des dauernden Steuergesetzes allein,
	        
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