Full text: Grundriß des Staatsrechts des Königreichs Sachsen.

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zum Theil abändernd. Reichen diese Steuern in den Normal- 
sätzen nicht aus, so wird der Fehlbetrag nur durch Zuschläge zur 
Einkommensteuer aufgehracht; ergeben sie zuviel, so tritt eine ent- 
sprechende Ermäßigung bei der Einkommensteuer und bei der 
Grundsteuer nach gleichem Prozentverhältniß der Normalsteuer 
ein. Das Finanzgesetz hat den Umfang der Zuschläge oder Er- 
mäßigungen zu bestimmen. Dieses Gesetz von 18478 ist weder ein 
ordentliches Steuergesetz noch ein Finanzgesetz; es ist ein dauerndes 
Gesetz, dessen Gegenstand aber die periodische Ordnung des Bud- 
gets ist. Da diese durch die Verfassung selbst bestimmt wird, so 
hätte das Gesetz als Verfassungsgesetz erscheinen sollen, voraus- 
gesetzt, daß dadurch wirklich die Budgetbewilligung dauernd ge- 
bunden sein soll. Daß das Gesetz die Bedeutung hat, es sollen 
bei jedem Budget alle bestehenden Steuergesetze, sowohl hins. der 
indirecten als der directen Steuern, zur Anwendung kommen, 
und alle diese gesetzlichen Steuern in den gesetzlichen Sätzen zur 
Verfügung stehen, und es sollen nur hins. der Grundsteuer und 
der Einkommensteuer die dem Bedarf sich anschließende Verände- 
rung der gesetzlichen Sätze eintreten, ist nicht zu bezweifeln. Da 
aber auch diese Veränderung durch die Feststellung der Ausgaben 
schon vorgezeichnet ist, so kann man nach diesem Gesetz von einem 
besonderen ständischen Steuerbewilligungsrecht materiell kaum mehr 
reden. Formell aber besteht das Steuerbewilligungsrecht und darf 
eine nicht bewilligte Steuer nicht erhoben werden. 
6. Das Recht der Stände ist in Wahrheit Budgetbewillig- 
ungsrecht; thatsächlich berathen und beschließen sie über das ganze 
Budget in seiner Totalität. Der tiefgreifende Unterschied zwischen 
einem Gesetz und einem Budget treibt aber immer zu dem Ver- 
suche, Schranken des ständischen Rechts zu formuliren, und den 
Schutz gegen unbegründete Ablehnung nicht blos in das pflicht- 
mäßige Ermessen der Stände selbst zu legen. 
In § 97 der Verfassung wird den Ständen das Recht zu- 
erkannt, „die Nothwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Höhe der An- 
sätze zu prüfen und deshalb Erinnerungen zu machen, auch sich 
wegen der Annahme der angesetzten Summen zu entschließen.“ 
Unter Annahme kann hier nicht Akzeptierung von Seiten der 
Stände zu verstehen sein; jedenfalls kann es nicht die Meinung 
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