Full text: Grundriß des Staatsrechts des Königreichs Sachsen.

— 228 — 
der Verfassung sein, daß die Stände sammtliche Ansätze des Bud- 
gets nach Belieben zu akzeptiren oder nicht zu akzeptiren berech- 
tigt sein sollen. „Annahme“ ist als Anschlag zu verstehen. Da 
die einzustellenden Summen sehr häufig nicht genau bestimmt 
sind, also dieselben in verschiedener Höhe „angenommen“ werden 
können, so sollen die Stände bei solchen auf Annahme beruhenden 
Summen, sich über die Annahme der Regierung entschließen; 
sie können also derselben eine andere Annahme entgegensetzen. Im 
Uebrigen soll das Recht der Stände darin bestehen „die Noth- 
wendigkeit, Zweckmäßigkeit und Höhe der Ansätze zu prüfen und 
deshalb Erinnerungen zu machen.“ Wegen solcher Ansätze also, 
welche die Stände als nicht nothwendig oder zweckmäßig, oder 
als zu hoch erkennen, dürfen sie Erinnerungen machen. Andern- 
falls haben sie dieselben im Sinne der Versassung zu akzeptiren. 
Die Nothwendigkeit kann eine rechtliche sein oder auch eine Noth- 
wendigkeit vom Standpunkt der guten Verwaltung; die Verfassung 
redet allgemein. Die Höhe der Ansätze braucht nicht identisch mit 
der „Annahme der angesetzten Summen" genommen zu werden; 
die Frage, ob für einen Zweck zu viel verwendet wird, ist eine 
andere als die, ob der Voranschlag zu hoch ist. Wenn nun aber 
den Ständen in diesen Beziehungen blos ein Recht zu Erinne- 
rungen zugestanden wird, so kann dies doch nur verstanden werden 
im Sinne der Motivirung derjenigen Ansätze, welche sie selbst 
den Ansätzen der Regierung gegenüber stellen, nicht als ein Verbot, 
das letztere zu thun. Ebenso ist § 100 der Vll. aufzufassen; der 
Ständische Antrag auf Verminderung des verlangten Bedarfs ge- 
schieht eben durch Entgegensetzung andrer Sätze und dies soll 
genau motivirt werden unter dem Nachweis der Möglichkeit von 
Ersparnissen. 
Alle diese Bestimmungen sind viel zu allgemein und vag, 
als daß sie eine rechtlich bestimmte Begrenzung bilden könnten. 
Noch weniger enthält § 102 eine solche. Denn wenn hier gesagt 
ist, es dürfe die Ständische Bewilligung nicht an Bedingungen 
geknüpft werden, welche nicht das Wesen oder die Verwendung 
der Bewilligung unmittelbar betreffen, so will damit zunächst die 
Möglichkeit, die Budgetbewilligung zur Durchsetzung von Wünschen, 
die sich nicht auf die Ordnung des Staatshaushalts beziehen, zu
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.